Steht AMD das Wasser bis zum Hals?

Bei den Vorbereitungen zur Massenproduktion von AMDs Hoffnungsträger ‘Barcelona’ ist offenbar ein Fehler aufgetreten. Anwender, Anleger und am meisten AMD selbst werden erneut auf die Folter spannt.

AMD kann nun nicht wie geplant in diesem Jahr mit der Produktion von hohen Stückzahlen beginnen. Allerdings wird die erste ‘echte’ Quadcore-CPU für Server schon an einige Hersteller für Highend-Maschinen verschickt.

Dennoch sollten bereits im Dezember wesentlich mehr Kunden den Chip bekommen. Daneben waren auch Modelle geplant, die es mit Intels Penryn-Chips aufnehmen sollten, auch die sind von der Verzögerung betroffen – ein zusätzlicher Rückschlag für den Intel-Konkurrenten.

Wie AMD berichtet, ist wohl die Übersetzung des ‘Lookaside Buffers’ im Cache fehlerhaft. Von diesem Problem sind auch die Desktop-Chips mit dem Codenamen Phenom betroffen. Damit müssen die Anwender sich ein weiteres Mal bei der neuen AMD-CPU gedulden.

AMD hat sich offenbar mit der neuen Architektur etwas verhoben. Anders als der Konkurrent Intel, der zwei Dual-Core-CPUs zu einem Quad-Core-Server-Chip zusammenfügt, hat es sich AMD nicht nehmen lassen, eine ‘native’ Quad-Core-Architektur zu entwickeln. Inzwischen liegt jedoch AMD fast ein Jahr hinter dem ursprünglich intendierten Zeitplan.

Gegenspieler Intel, gegen den AMD lange Zeit eine vielversprechende Aufhohljagd bei Server-, Desktop- und Mobil-Chips hingelegt hatte, feuert indes aus allen Rohren im Drei-Monats-Ryhtmus neue Chip-Versionen.

Zur Präsentation von Barcelona gab sich der AMD-Deutschlandchef Jochen Polster im Gespräch mit silicon.de dennoch zuversichtlich. Das Warten werde sich für AMD auszahlen. Denn sobald der Konkurrent Intel auf eine waschechte Quad-Core-Architektur umsattelt, werde er ähnliche Probleme habe wie AMD jetzt.

Die Börse ist jedoch offenbar anderer Ansicht. An der Wallstreet büßte das AMD-Papier auf die Nachricht hin rund 3,7 Prozent ein und sank auf ein 52-Wochen-Tief von 8,91 Dollar.

Mag sein, dass Nativ Quadcore die bessere Architektur ist, dennoch brauchen sich neuen Xeon-Modelle von Intel nicht mehr hinter der Performance der geplanten Opteron-Modelle verstecken. Je nach Benchmark oder Anwendung liegt mal der eine, mal der andere vorne.

Das zeigt sich inzwischen auch bei den Marktanteilen. Im Jahr 2006 war AMD noch unter den 10 größten Halbleiterproduzenten, wie iSuppli in einer Studie veröffentlicht. 2007 schwanden Marktanteile und AMD liegt jetzt mit einem Marktanteil von 2,1 Prozent auf Rang 11 der Weltrangliste. Intel führt hier mit 12,5 Prozent das Feld an, gefolgt von Samsung und Texas Instruments.

Dale Ford, iSuppli Head Market Intelligence, erklärte, dass vor allem Unternehmen, die aktelle Trends bedienten zugelegt hätten. Allerdings gilt das vor allem für Intel. Der Hersteller habe mit Dual- und Quad-Core-Chips dem Konkurrenten AMD wieder Marktanteile abknöpfen können. Diesen Trend hätte Bracelona eigentlich umkehren sollen. Jetzt geht das bange Warten in der Industrie und bei den Anlegern und bei AMD weiter, ob hier aufs richtige Pferd gesetzt wurde.

Einen weiteren Kraftakt, der schnell zu einem Leistenbruch führen kann, hat sich AMD mit der Intergration von ATI-Technologie in die CPU vorgenommen. AMD will mit dem Projekt ‘Fusion’ GPU und CPU, also Grafik-Chip und Rechenkern, integrieren. Ein interessanter Schritt, im Angesicht der hohen Anforderungen an die Grafik, die Windows Vista stellt. Aber eben auch ein Weg, der mindestens genausoviele Stolpersteine hat, wie Nativ Quadcore. Und bis AMD seine beiden Pferde im Rennen hat, heimst Intel in der Zwischenzeit mit kleinen Kompromissen satte Gewinne ein.