Yahoos Overture-Deal erschüttert das Online-Geschäft

Der Milliardendeal krempelt das Geschäft mit Suchmaschinen und Online-Werbung komplett um. Jetzt ist Microsoft am Zug

Die Übernahme des Online-Dienstleisters Overture durch den größeren Konkurrenten Yahoo bringt das bisherige Kräfteverhältnis auf dem Markt für Suchmaschinen und verknüpfte Werbedienste kräftig durcheinander. Die andauernde Konsolidierung hat damit einen gewaltigen Sprung gemacht, nur noch drei Anbieter bleiben auf dem Weltmarkt übrig: Yahoo, Google und Microsofts MSN.
Wie sich Microsoft nun zu dem Deal verhalten wird, ist eine der zentralen Fragen. Denn gerade erst hatte die Online-Tochter MSN ihren Vertrag mit Overture bis ins kommende Jahr verlängert. Aus den Unternehmen wird kolportiert, Microsoft habe dabei aber schon eine Ausstiegsklausel vereinbart, die bei einer Übernahme durch Yahoo eine Entschädigungszahlung von 50 Millionen Dollar vorsieht. Außerdem würden Overture Umsätze von schätzungsweise 250 Millionen Dollar verloren gehen.

MSN war bisher noch vor Yahoo der größte Kunde von Overture und hat für ein Drittel des Gesamtumsatzes dort gesorgt. Nachdem Yahoo bereits einer möglichen Übernahme von Google eine Absage erteilt hat, könnte Microsoft zuschlagen. Allerdings: Google ist immer noch in Besitz weniger Investoren und bereitet einen Börsengang erst vor. Jedes Angebot, das Microsoft derzeit bereit wäre zu zahlen, würde von den Einnahmen eines Börsengangs bei weitem übertroffen, meinen Marktbeobachter in den USA.

Zu erwarten sei allerdings, dass MSN sich von der Yahoo-Tochter Overture trennt und statt dessen auf Google zumindest als Partner und Zulieferer setzt. Unklar ist aber noch, wie schnell sich MSN umorientieren kann – oder will.

Aber auch gegen den bisherigen Marktführer im Suchmaschinenmarkt Google hat Yahoo jetzt enorm gute Karten. Denn Overture hat erst vor wenigen Monaten die wichtigsten Teile der Such-Technologie von Alta-Vista aufgekauft sowie den Spezialanbieter ‘Fast Search & Transfer’. Und vor rund einem halben Jahr hatte Yahoo selbst schon Inktomi für 325 Millionen Dollar übernommen. Das Unternehmen ist spezialisiert auf die automatisierte Durchforstung des Internet und die inhaltliche Analyse von Online-Dokumenten.

Microsoft könnte sich angesichts der geballten Expertise bei Yahoo auch darauf verlegen, kleinere Unternehmen aufzukaufen: In Farge kämen etwa Findwhat.com, Looksmart oder Ask Jeeves. Bis MSN aber den Entwicklungsstand von Yahoo und seinen Technologien erreicht hätte, würden Jahre vergehen, meinen Analysten.

Einen kleineren Erfolg konnte Microsoft im vergangenen Monat mit seinem MSN-Bot vorweisen. Ähnlich wie Inktomi analysiert der Roboter die Inhalte der gefundenen Dokumente und liefert dann dazu passende Werbebanner aus. Dadurch wird die Wirkung von Werbemaßnahmen deutlich erhöht, weil die Wahrscheinlichkeit, dem User einen für ihn interessanten Link zu präsentieren, deutlich ansteigt. Microsoft könnte seinen MSN-Bot zu einem zentralen Bestandteil seiner Desktop- und Dienstleistungsstrategie ausbauen.

Während das Online-Werbegeschäft auf breiter Front starke Einbußen verkraften muss, zählen bezahlte Einblendungen in die Ergebnisse von Suchmaschinenabfragen als das am stärksten wachsende Segment. Schon jetzt machen diese Dienste 15,4 Prozent des 6 Milliarden Dollar großen Online-Werbemarkts aus, rechnen die Analysten vom ‘Interactive Advertising Bureau’ vor. Wachstumsprognosen von 30 bis 35 Prozent werden für das laufende Jahr momentan für möglich gehalten.

Yahoo-Chef Terry Semel feierte seinen Überraschungscoup zunächst mit dem Hinweis, er könne mit dem breiteren Technologie-Portfolio auch kleine und mittelgroße Unternehmen gezielter ansprechen und für sich gewinnen. Allerdings hatte Yahoo gerade mit seinem Werbegeschäft die Analysten bei der Vorstellung der jüngsten Quartalszahlen enttäuscht. Da kommt es Semel sehr zu pass, dass selbst Oracle bei Yahoo einkauft: Gemeinsam wollen sie ihren Kunden die Möglichkeit geben, interne Unternehmensportale mit personalisierten Inhalten zu füttern. Die Anwendungsmöglichkeiten von Suchmaschinentechnologie sind eben doch breit gestreut.