MySQL schmückt sich mit SAP-Datenbank

“So kommen wir in die Teppichetage” …

Eine weitreichende Kooperation zwischen der SAP AG und MySQL AB, dem Entwickler der populären gleichnamigen Open Source-Datenbank, soll den Datenbankenmarkt für immer verändern. Die Unternehmen wollen gemeinsam eine Produktreihe entwickeln, die die Eigenschaften von SAP DB und MySQL kombiniert und von MySQL unter eigenem Namen vertrieben werden soll.

Kaj Arnö, der Deutschland-Geschäftsführer und Vice President bei MySQL GmbH, erläutert gegenüber silicon.de Hintergründe und damit verbundene Hoffnungen der Technikpartnerschaft. Er leitet ein: “MySQL ist eine erfolgreiche Datenbank, die auch in Großunternehmen irgendwo verbreitet ist, allerdings bislang nur auf der mittleren Technikerebene, nicht als strategische Investition für das gesamte Unternehmen.”

Das wiederum liege daran, dass das Unternehmen im Datenbank-Markt bislang erst in zwei von drei Feldern aktiv und bekannt gewesen sei. Arnö: “Bei den Web-basierten Datenbanken ist MySQL trotz der Konkurrenz durch andere Open-Source-Produkte wie Postgres oder Firebird klar der Marktführer, denn über das Web haben wir schließlich angefangen, unsere von Anfang an als Open-Source designte Datenbank zu vertreiben.”

Erst im zweiten Schritt sei MySQL AB ins nächste Marktfeld eingetreten: das Segment der embedded oder Applikationsdatenbanken. “Hier generieren wir unseren kommerziellen Umsatz, hier vertreiben wir unsere Lizenzen, die derzeit bei 440 Euro pro Lizenz liegen und die GPL-eigenen Ansprüche und Bindungen eben nicht an die Kunden stellen.”

Kaj Arnö führt weiter aus: “Hier zeigen wir uns auch als Opensource-Firma der zweiten Generation, die per Dual Licencing verkauft und sich von den ‘Bewegungen’ um Linux, Apache oder PHP unterscheidet.”

Nunmehr bringe “die Kooperation mit SAP uns in die Lage, auch im dritten Marktumfeld, den sogenannten Enterprise-Datenbanken, Umsätze mit Neukunden zu generieren”. Dies sei die neue Richtung, die sich das Unternehmen erschließen wolle – und das gehe mit der neuen Kooperation seines Erachtens wesentlich schneller.

Der Geschäftsführer und Senior Consultant in einer Person sagt: “MySQL will in absehbarer Zeit die Datenbank von SAP werden; dabei ist die MySQL-Zuordnung wie die passende Kleidung für die SAP DB zu betrachten.”

Er bleibt aber angesichts des neuen Partners auch selbstbewusst: “Wir sind bereits weit verbreitet unter R/3-Anwendern, jedoch können wir mit den gemeinsamen Produkten eine wesentlich höhere R/3-Affinität anbieten, die uns auch als strategische unternehmensweite Datenbank in der Chefetage von Großunternehmen interessant macht.” Außerdem könne MySQL dann auch direkt in R/3 eingesetzt werden, was heute noch gar nicht möglich sei.

Soweit zu den vertrieblichen Vorteilen, doch Kaj Arnö betont im Gespräch auch noch andere. Denn ein technischer Vorsprung ergebe sich beispielsweise aus der Eigenschaft von SAP DB, so genannte Views und Triggers zu ermöglichen. Arnö: “Diese Funktionalitäten können wir bald auf MySQL erweitern, anbieten und vertreiben.”

Der MySQL-Chef führt aus: “Dabei sind Views solche Funktionen, die in die Datenbank einprogrammiert sind, nicht, wie üblich, in darauf aufsitzende Anwendungen.” Views ermöglichten die Zuweisung einer Teil- oder Schnittmenge speziell zugangsberechtigter Nutzer für gewisse Datenbankbereiche. “Per Select-Befehl können so Zugangsrechte-basiert Nutzergruppen bestimmt werden”, sagt er.

Gegenüber der Programmierung solcher Varianten in die Anwendung biete die Integration in die Datenbank den Vorteil, dass sie schneller, einfacher, sicherer und fehlerfreier die Zugangsrechte bestimmten, weil “die Datenbank als Informationsbesitzer quasi selbst weiß, was sie zu tun hat.”

Der selbe Vorteil gelte nun auch für die so genannten Triggers. Damit sind Funktionen gemeint, die als eine Art Auslöser beispielsweise beim Löschen eines Eintrags fungieren und eine Kettenreaktion auslösen durch einprogrammierte Bedingungen. Wird beispielsweise ein Mitarbeitername gelöscht, so löscht die Trigger-Funktion automatisch auch dessen Zugangsrechte, Datenkonten und elektronische Fächer. Arnö zeigt sich begeistert: “Das spart Platz in der Datenbank und vermeidet halb gelöschte Datensätze.”

Er ist sich sicher: “Dank der Kooperation mit SAP können wir diese Funktionen nun auch anbieten, was uns neben dem Partner-Namen SAP für Großkunden attraktiv macht.” Allerdings hätten einige Kunden Ängste geäußert, dass der Wechsel zu schnell vor sich gehen und die Umstellung zu komplex werden könnte. Davon will er nichts wissen: “Diese Befürchtung ist unbegründet, da wir unsere Roadmap für gemeinsame Produkte mit der SAP, genauso wie unsere Pläne mit MySQL nicht wie eine Bibel vor uns hertragen und uns in ein Zeitkorsett zwängen. Bei uns kommt ein Produkt erst auf den Markt, wenn es alle Tests bestanden hat und fertig ist.”

Für die SAP erklärt Karl-Heinz Hess, erweiterte Geschäftsleitung der SAP: “Unsere Kunden, die eine lizenzfreie und bewährte Datenbank suchen, die außerdem aufgrund des reibungslosen, quasi unbeaufsichtigten Betriebs niedrigere laufende Kosten verursacht, werden von dieser Partnerschaft profitieren.”

In den kommenden Jahren werden SAP und MySQL DB also gemeinsam die nächste Generation eines MySQL Datenbank-Managementsystems (DBMS) entwickeln. Dabei wird MySQL AB die Verantwortung für die Entwicklung und auch das Produktmanagement übernehmen. SAP bleibt beim Produkt-Support und wird die bestehenden und neuen SAP DB-Installationen weiterentwickeln. Ab dem vierten Quartal 2003 dann soll SAP DB unter einem MySQL-Branding mit den genannten Erweiterungen und Neuerungen zu haben sein.