Großunternehmen investieren massiv in Portale

Ob für die Pflege von Kundenbeziehungen oder für die eigenen Mitarbeiter, nach einer aktuellen Umfrage planen 45 Prozent der Top-500-Unternehmen mit Firmensitz in Deutschland noch in diesem Jahr ein Portalprojekt.

Portale sind en vogue. Ob für die Pflege von Kundenbeziehungen oder für die eigenen Mitarbeiter, nach einer aktuellen Umfrage planen 45 Prozent der Top-500-Unternehmen mit Firmensitz in Deutschland noch in diesem Jahr ein Portalprojekt. Doch die Komplexität solcher Projekte, besonders in Hinsicht auf das Zusammenspiel mit anderen Unternehmensanwendungen, wird häufig unterschätzt. Hinzu kommt, dass die Softwareprodukte für die Entwicklung von Portalen nur zum Teil für die Integration geeignet sind.
Immerhin ist Sinn und Zweck der Portalprojekte den Beteiligten in der Regel klar. Die vom Marktforschungsinstitut IDC im Auftrag von Unilog Integrata durchgeführte Untersuchung bringt zu Tage, dass sich rund 60 Prozent der Befragten bei der Einrichtung eines Portals Kostenersparnisse erhoffen – wenn das primäre Ziel der Übung erreicht wird und das Portal von möglichst vielen Kunden beziehungsweise Mitarbeitern genutzt wird. Jedes dritte Portalprojekt ist Bestandteil einer umfassenden Customer-Relationship-Strategie.

<b>Kosten sparen – leicht gemacht?</b>

Diese Angaben lassen darauf schließen, dass sowohl die internen, als auch externen Portale eine Vielzahl von Backend-Anwendungen und -Systemen integrieren sollen. Umso erstaunlicher scheint es, dass sich die Projektleiter zwar um das Management des Projekts sorgen, kaum jedoch um die technischen Grundlagen. Nur 23 Prozent sehen etwa im heterogenen Computerpark eine der wichtigsten Herausforderungen. Security nennen immerhin noch 36 Prozent.

Schon im Vorfeld der Befragung tauchte das Problem auf, dass Portale aus Sicht der Anwender kaum eindeutig zu definieren sind. Hinzu kommt, dass mittlerweile nahezu jeder Softwarehersteller sein Produkt eine ‘Portal-Software’ nennt. Bei der IDC-Befragung stellte sich für die Projektleiter in Anwenderunternehmen die Frage nach einer klaren Definition aber schlichtweg nicht. Ein Portal ist für sie etwas, das unabhängig von der Fachnomenklatur eine Aufgabe lösen muss.

<b>Unterbewertet: Technische Probleme</b>

Allerdings ist hier Vorsicht geboten: Die Wahl der richtigen Technik setzt ein profundes Wissen darüber voraus, ob sie zum Anwender und seinen Zielen passt, und sie kann so den Projekterfolg erheblich beeinflussen. Wie die Unilog-Studie herausfand, laufen 32 Prozent aller Portalprojekte aus dem Ruder. In diesen Fällen verlängerte sich die Laufzeit um mehr als sechs Monate oder mindestens um die Hälfte des geplanten Zeitaufwands.

Für Bernhard Carli, Principal Consultant bei der Münchner BMW-Tochter Softlab, hängt der Projekterfolg neben der richtigen Portalstrategie jedoch wesentlich mit der Wahl geeigneter Technik zusammen. Dafür unterscheidet der Berater zunächst nach Richtungen, aus denen die Portal-Anbieter kommen: Content-Management, Enterprise Application Integration (EAI), Enterprise Resource Planning und Intranet.

Mitgelieferte und daher sofort nutzbare Portalkomponenten, die zur Anbindung von Systemen für das Enterprise Ressource Planning (ERP), für Groupware und Customer Relationship und Dokumenten-Management dienen, heißen gemeinhin Portlets. Die Aufgabe für Anwenderunternehmen besteht darin zu prüfen, wie viele davon benötigt werden, und ob das Portal-Produkt über Geeignetes verfügt.

Ein Defizit gibt es noch bei der Standardisierung von Portlets. IBM und Sun beispielsweise stehen hinter dem Java Specification Request (JSR) 168. Hierbei geht es um die Definition eines Portlet-Standards für die J2EE-Plattform. An einem anderen Ansatz, genannt Web-Services for Remote Portlets (WSRP), arbeitet das Standardisierungsgremium Oasis. Dieser wäre prinzipiell für jede Plattform geeignet. Deshalb bekunden alle wichtigen Portalhersteller die Absicht, diesen Standard zu unterstützen, doch nur wenige Anbieter wie Plumtree tun dies bereits.

<b>Präferenzen der Portalanbieter</b>

Bei den Anbietern von Portal-Software fallen die Vorlieben unterschiedlich aus. Große Web-Content-Management-Hersteller wie Vignette oder Interwoven haben sich von Haus aus Skalierbarkeit auf die Fahnen geschrieben. Allerdings haben hier bisher wichtige Themen wie Portlets und Integration mit Backend-Applikationen eine untergeordnete Rolle gespielt.

Vertreter aus dem Umfeld sogenannter ‘Pure Portal Plays’ wie Epicentric und Plumtree, die sich seit jeher auf die Entwicklung von Portal-Lösungen konzentriert haben, sind zumeist durch einen großen Funktionsumfang gekennzeichnet, zum Beispiel bei der Personalisierung und Integration mit anderen Unternehmensanwendungen.

Bea und Tibco sind dagegen Vertreter aus der EAI-Welt und bringen deshalb viele Schnittstellen zu anderen Systemen mit. Dabei handelt es sich in der Regel um flexible Baukastensysteme, die Entwicklungsaufwand mit sich bringen. Das führt unter Umständen zu längeren Projektlaufzeiten.

Die SAP AG dürfte mit seinem Enterprise Portal der wichtigste ERP-Anbieter sein, der eine Portal-Lösung offeriert. Doch auch Peoplesoft und Oracle können mit Angeboten aufwarten. Kennzeichnend für diesen Ansatz ist eine möglichst nahtlose Integration mit den ERP-Systemen des jeweiligen Herstellers.

<b>Unterschiede in der Grundausstattung</b>

Softlab-Berater Carli hat einen Kriterienkatalog für die Produktbewertung zusammengestellt: Stabilität und Performance, Sicherheit, Administrierbarkeit, Verfügbarkeit von Portlets sowie Content-Management und Suchfunktionen sind einige der wesentlichen Faktoren aus der Liste.

Selbstverständlich für ein Portal sind integrierte Suchmaschinen. Doch einige Suchmaschinen taugen in der Standardkonfiguration für den Einsatz in Portalen nicht. Sie liefern oft irrelevante Suchergebnisse oder verletzen die Sicherheitsbestimmungen. Zwar können die meisten Suchmaschinen die Zugriffsrechte eines Benutzers berücksichtigen, doch nicht alle. Zum Beispiel verhindern generische Nutzer-IDs das Wiederfinden von indizierten Spezifika.

Andere Portal-Anbieter verfügen über kein eigenes Content-Management System: In Websphere von IBM beispielsweise oder in die Bea-Produktereihe lassen sich Systeme wie die von Intervowen integrieren. Auch Anbieter von Systemen für Enterprise Application Integration (EAI) wie Tibco, die zum Beispiel in Bezug auf Workflow Vorteile bieten, sind hier schwach auf der Brust. Anwender, die sich hier bedienen, müssen auf einschlägige Produkte für das Content-Management zurückgreifen.

<b>Im Widerspruch: Performance und Personalisierung</b>

Die Performance der Tools hängt neben leistungsfähiger Hardware aber im Wesentlichen von der Architektur ab. Die Anwender müssen etwa entscheiden, wie der Content organisiert sein soll. Sollen Inhalte besonders schnell präsent sein, setzen die meisten Unternehmen darauf, fertige Seiten im HTML-Format im Voraus zu erstellen. Die statischen Informationen werden dann periodisch von eigens dafür vorgesehenen Servern abgeholt. Diese Variante geht jedoch zu Lasten der Individualität.

Die Alternative besteht im dynamischen Generieren. Diese Flexibilität kostet zusätzliche Rechenleistung und ein Mehr an Hardware, ist aber notwendig für Portale, deren Inhalte eine hohe Aktualisierungsfrequenz haben. Dazu gehören die meisten Verlage und Zeitungen, die Content online anbieten.

Neben der Personalisierung von Inhalten können aber vor allem die in ein Portal integrierten Portlets einen schnellen Seitenaufbau verhindern. Die Hersteller müssen ihre Softwarearchitektur auf diese mitgelieferten oder zusätzlichen Schnittstellen anpassen. So können beispielsweise ältere Plumtree-Versionen Portlets nur sequentiell abarbeiten. In neueren Versionen sorgt dagegen eine parallele Verarbeitung auf verteilten Servern für deutlich mehr Geschwindigkeit.

Zur Überprüfung der Skalierbarkeit gehört laut Carli die Unterstützung von Lastverteilungsmechanismen und Server-Farmen. Die Anwendungssoftware muss in der Lage sein, eine Session auch bei einem Server-Wechsel aufrecht zu halten, so dass die Informationen auf verschiedenen Rechnern liegen können. Ebenso wichtig ist es, durch Clustering der Applikations- und Datenbank-Server eine bessere Verfügbarkeit und Performance bereitstellen zu können.

<b>Konzeptfrage: Rolle oder Benutzergruppe</b>

Ein Portal soll den Anwendern möglichst die Informationen und Applikationen zur Verfügung stellen, die sie individuell benötigen – nicht mehr und nicht weniger. Ein Großunternehmen zum Beispiel definiert meist Rollenkonzepte für die Personalisierung und die Sicherheit. Ein einzelner Benutzer nimmt dabei in der Regel verschiedene Rollen ein. Kleinere und mittelständische Unternehmen gehen zumeist umgekehrt vor. Hier sind Benutzer zu Gruppen zusammengefasst, die mit spezifischen Rechten versehen werden.

Diesen verschiedenen Ansätzen tragen auch die Portalanbieter Rechnung. So verfügt das Enterprise Portal der SAP bereits über 200 Rollen für den Zugriff auf Mysap-Applikationen. Das Microsoft-Produkt Sharepoint dagegen kommt mit nur wenigen definierten Rollen daher. Es lassen sich auch keine weiteren Rollen einrichten. Vergleichbare Funktionen müssen über Gruppen abgebildet werden.

Ein wichtiges Thema ist auch die Integration von Single-Sign-On-Systemen. Idealerweise bringt ein Portal-Produkt eine entsprechende Komponente mit. Unabhängig davon sollte zumindest die Unterstützung des Marktführerprodukts Siteminder von Netegrity gegeben sein. IBM beispielsweise verfügt mit Tivoli über eine eigene Produktfamilie. Übrigens schlägt diese Software, wenn sie zugekauft werden muss, unter Umständen noch einmal erheblich zu Buche.

Außerdem sollten Portalprodukte sowohl die Authentifizierung gegenüber Verzeichnisdiensten verschiedener Hersteller mittels LDAP-Protokoll unterstützen als auch gegenüber einer NT-Domaine. Üblicherweise bieten Portalanbieter diese Authentifizierungsmöglichkeiten an.

Für den Systemadministrator interessant ist die Frage nach einfacher Verwaltung. Portal-Technik ist jedoch noch ein frisches Thema. Daher gleichen manche Produkte einem Flickenteppich, stellt Carli fest. IBM hat teilweise noch mit der Integration von Lotus, Tivoli und Websphere zu kämpfen. SAP dagegen bietet ein eher homogenes Bild – die Top-Tier-Produkte, die die Walldorfer gekauft hatten, gelten als “sehr gut integriert”.