Arbeitsagentur-Skandal: Wie konnte es soweit kommen?

Im Skandal um die Kostenexplosion beim Internet-Stellenmarkt der Bundesagentur für Arbeit gibt es erste Erklärungsversuche. Die Kostenexplosion sei nicht absehbar gewesen, sagte Holger Bill, Verantwortlicher Geschäftsführer des Auftragnehmers Accenture dem Berliner Tagesspiegel.

Im Skandal um die Kostenexplosion beim Internet-Stellenmarkt der Bundesagentur für Arbeit gibt es erste Erklärungsversuche. Die Kostenexplosion sei nicht absehbar gewesen, sagte Holger Bill, Verantwortlicher Geschäftsführer des Auftragnehmers Accenture dem Berliner Tagesspiegel. Der Vertrag mit einem Volumen 65 Millionen Euro war im März 2003 abgeschlossen worden. “Damals waren die Auswirkungen der Reformpakete Hartz II bis IV noch nicht absehbar”, so Bill. Die Bundesagentur habe zu diesem Zeitpunkt noch nicht genau angeben können, welche Lösungen sie braucht. Die tatsächlichen Kosten belaufen sich nach Schätzungen auf 165 Millionen Euro bis zum Jahr 2008.
Nach einem Bericht der Süddeutschen Zeitung haben Accenture und die Bundesagentur den Internet-Stellenmarkt “technisch überfrachtet”. Monatelang sei ihnen nicht aufgefallen, dass dieses System die Datenleitungen und die Computer der Bundesagentur überfordere. Jede Zusatzfunktion hätte Folgeinvestitionen in Millionenhöhe ausgelöst, schreibt das Blatt. Erst im November hätte man in Nürnberg “mit einer vorsichtiger Kostenkontrolle” begonnen. Dennoch musste auch Accenture-Geschäftsführer Bill eingeräumen, dass die Website arbeitsagentur.de “recht amateurhaft wirkt”. In die Konzeption der Site seien “nur” zwölf Millionen Euro geflossen. Für das übrige Geld würden in jedem einzelnen Arbeitsamt neue Datensysteme installiert.

Der Verband der deutschen Internetwirtschaft, eco Forum e.V., hat derweil moniert, das der Internet-Stellenmarkt “weder von der Wirtschaft noch von anderen Behörden genutzt wird.” Nicht einmal die Bundesbehörden haben ihre gemeinschaftliche Jobbörse bund.de zugunsten von arbeitsagentur.de aufgegeben, sagte eco-Arbeitsmarktchef Kai Deininger. Die Eingabe von offenen Stellen sei beim Internet-Stellenmarkt praktisch nicht möglich. Stellensuchende warteten tagelang auf eine per Post versandte PIN, bevor sie die Online-Plattform nutzen könnten. Das Matching-Verfahren führe regelmäßig zu “völlig absurden Vorschlägen”, so Deininger.