Das Utility Data Center – On-Demand im Reagenzglas betrachtet

Über On-Demand reden sie alle. Aber die Ansichten über Sinn, Ziele und Folgen gehen derzeit noch recht weit auseinander. Vor allem die Hersteller versuchen, den Hype in ihr ‘richtiges’ Licht zu rücken.

Während die immer intensivere Diskussion um On-Demand-Computing von manchen schon als übertrieben bezeichnet wird, machen sich immer mehr IT-Verantwortliche und Hersteller Gedanken darüber, wie sich Teile der Informationstechnik und deren Betrieb nach außen verlagern lassen. Auf einer Konferenz der Meta Group in München versuchten Analysten und Hersteller, den Blick auf On-Demand und Utility Computing gerade zu rücken.
“Es wäre ein Fehler zu glauben, dass man alles On-Demand machen kann”, warnt Jean-Louis Previdi, Research Director der Meta Group in Europa. Er bremst auch die Erwartungen an schnelle Veränderungen, denn bis das Konzept wirklich greifen könne, bleibe noch viel zu tun, so Previdi. Auch die rechtlichen Anforderungen müssten beispielsweise noch entwickelt werden. Cesare Capobianco, Vice President und General Manager EMEA von Hewlett-Packards Software Business Unit, weist darauf hin, dass die gesamte Diskussion nicht von der technischen Seite getrieben wird, sondern von der wirtschaftlichen.

Gerade im Spannungsfeld zwischen Outsourcing und On-Demand-Bereitstellung von IT-Kapazitäten gehen die Sichtweisen dann aber auseinander. Während Christian Oecking, bei Siemens Business Services für das weltweite Outsourcing-Geschäft zuständig, On-Demand als Erweiterung von Outsourcing versteht, will Luis Praxmarer, Vorstandsmitglied der Meta Group in Europa, On-Demand als eigenständiges Thema betrachten. Oft sei aber On-Demand für die Anbieter inzwischen schon das schlagende Argument, um beim Kunden zu punkten.

Vor allem wenn sich in der Unternehmensstruktur schnelle Veränderungen vollziehen, kommt die IT in ihrer heutigen Struktur kaum mehr nach, führt Praxmarer aus. Werden Unternehmensteile verkauft ist die IT auf einen Schlag zu groß, kommt ein schneller Konjunkturaufschwung, wird eilig IT nachgerüstet. Die Hard- und Software sowie das passende Personal würden in diesem Fall aber zu teuer eingekauft, meint Praxmarer, weil dadurch vergleichsweise hohe Mittel gebunden werden. On-Demand ist also nicht nur ein Mittel gegen Verspannungen beim Abschwung, sondern soll Praxmarers Auffassung nach auch genutzt werden, um Nachfragespitzen auszugleichen.

On-Demand sei ein Lernprozess, der zumindest für ein oder zwei Jahre andauern werde, meint der Analyst. Wirkliche Einsparungen seien vorher nicht zu erwarten. Überhaupt sind sich die Fachleute darin einig, dass es bei On-Demand nicht um die Kosten gehen dürfe, sondern das Augenmerk vielmehr auf der Flexibilität liegen müsse, die man hinzugewinnen kann. Außerdem, so Praxmarer, müssten sich die Strukturen im Unternehmen auf das neue Modell für die IT erst einmal einstellen. Während bisher geplant, gekauft und installiert wurde, müssten jetzt eben nach der Bedarfsplanung die Leistungen geordert und deren Lieferung dann überwacht und begleitet werden. “Momentan hat keiner einer perfekte Lösung.”

Ein erster Durchbruch in Sachen On-demand-Computing scheint Hewlett-Packard (HP) zu gelingen, und zwar durch die Installation von sogenannten ‘Utility Data Centers’ (UDC). Nach einer ersten Implementation beim Waschmittelhersteller Procter&Gamble (P&G) in den USA folgte der Aufbau eines UDC-Rechenzentrums bei Philips Semiconductor in den Niederlanden. In Nijmegen hat der Chiphersteller seine größte Waferfertigung. Das Rechenzentrum wurde konsolidiert mit dem Ziel, CPU- und Speicherressourcen flexibel unter verschiedenen Anwendungen zu verteilen.

Die gesamten Ressourcen des Data-Centers werden dort von einer einzigen Konsole aus verwaltet: Server- und Speicher-Ressourcen lassen sich laut HP innerhalb von Minuten virtuell zuteilen – die Hardware muss nicht, wie sonst üblich, neu verkabelt werden. Dabei wurde das Rechenzentrum nur teilweise mit neuer Hardware bestückt. Philips konnte durch die Einbindung bereits vorhandener Server in das UDC auch bestehende IT-Investitionen nutzen. Bis Ende des Jahres wird das HP UDC für die Unterstützung zusätzlicher Produktionsprozesse erweitert.

“Wir haben die Verwaltung des Rechenzentrums angepasst, Überkapazitäten der IT reduziert und so unsere Gesamtkosten gesenkt”, sagt Theo Smit, Information and Communications Technology Director, bei Philips Semiconductors Nijmegen. “Mit dem HP UDC können wir schnell und einfach auf die Nachfrageschwankungen in der Halbleiterbranche reagieren.”

Ein wesentlicher Unterschied zwischen dem ursprünglichen Rechenzentrum von Philips und dem UDC liegt wohl in der Implementierung von Prozessen, durch die sich IT als Service verwalten lässt. Diese werden vor allem durch OpenView ermöglicht, HPs Software für Netzwerkmanagement. HP und Philips arbeiten nun gemeinsam an einer Speicherumgebung, die im Pay-per-Use-Verfahren zu nutzen sein wird. Für HP sind die Installationen bei Philips und P&G vor allem wichtig, um den von verschiedenen Marktforschungsinstituten wie Gartner oder IDC nachgesagten Vorsprung gegenüber IBM und Sun zu demonstrieren. “UDC ist der Beweis, dass wir die Technologie tatsächlich heute schon haben,” bekräftigt Kasper Rorsted, Hewlett-Packards Managing Director für Europa.

Wenn also die Zuweisung von Speicher, Rechenzeit und Bandbreiten sowie das Management der flexiblen Strukturanpassung im Unternehmen schon funktionieren kann, werden sich auch die Vorstellungen von On-Demand-Computing dementsprechend ausrichten. Jedes größere Unternehmen wird also auch in Zukunft eine eigene IT betreiben, die besser ausgenutzt werden kann und deren Kapazitäten mit intelligentem Management möglicherweise auch anderen Firmen in nachfrageschwachen Zeiten zur Verfügung gestellt werden kann.