“Wir alle sind Serviceprovider”, schallt es von der ITU-Konferenz

Mit dem Hinweis, dass nur der gewinnt, der die Kunden zufrieden stellt, haben die TK-Firmen nichts Neues ausgegraben. Doch die Umsetzung bleibt eine knifflige Angelegenheit, das Thema somit spannend.

Die ersten Aussteller können Vertragsabschlüsse und einiges Kundeninteresse verzeichnen, auch wenn vor einer Woche noch eine wahre Zitterpartie für Veranstalter und Aussteller der ITU Weltkonferenz 2003 in Genf die Vorfreude auf die richtungsweisende TK-Konferenz drückte. In verschiedenen Diskussionsforen kamen die Großen der Branche zu der Erkenntnis, dass sie mehr als Dienstleister auftreten müssten. Dann würden sich auch die Geschäftsmodelle lohnen und als praktikabel herausstellen; dann seien die Produkte zu verkaufen.
John Chambers, CEO von Cisco hielt eine positive Keynote. Und er räumte im Gespräch mit Arun Sarin von Vodafone, Masanobu Suzuki von NTT und Royston Hoggarth von Cable & Wireless ein, dass sich die bunten Vorstellungen von einst zugunsten realistischer und auf Dauerhaftigkeit ausgelegter Beziehungen verändert hätten. Er sagte: “In zehn Jahren wird sich zeigen, welche Unternehmen noch übrig sind und es werden die sein, die ihren Kunden zuhören und ihre Abschlüsse und Transaktionen richtig machen.”

Gerade große Konzerne müssten lernen, feinfühlig zu sein und schnell zu reagieren. “In der Vergangenheit haben die Kunden die Produkte gekauft, die am meisten Geschwindigkeit und Performance je Übertragungsmenge brachten; wir müssen aber versuchen, uns stärker als Dienstleister zu betrachten und weniger die einzelnen Geräte sehen, die wir verkaufen wollen. Die Kunden werden uns deutlich sagen, was sie brauchen.”

Ewan Sutherland, Executive Director der ITU, brachte ein Beispiel aus dem Mobilfunk, das vom zahlreich anwesenden Publikum mit Applaus und Gelächter begrüßt wurde. “Früher sagte man, 3G stehe für Spielzeug, Herumdaddeln und Mädchen (Games, Gambling, Girls), jetzt heißt es, 3G steht für Gier, Leichtgläubigkeit und Schuld (Greed, Gullibility, Guilt).” Er wies damit auf die zunehmende Ermüdung der Kunden durch zu viele verwirrende Dienste, Preissysteme und sich überschneidende Services hin, deren Notwendigkeit oft von den Anbietern nicht gut überlegt sei.

Trotzdem setzen die CEOs von Vodafone und NTT naturgemäß weiter auf die Mobilfunkdienste der Dritten Generation. Sarin: “Wir haben uns bei den Services etwas einfallen lassen, wir müssen versuchen, unseren Kunden richtig Freude zu machen.”

Sein japanischer Kollege von NTT fasst es so zusammen: “Sicherheit und Datenschutz stehen an der Spitze der Wunschliste unserer Kunden.” Er versucht, diese Bedenken bei neuen Angeboten zu berücksichtigen. Virenangriffe und das Durchsickern von vertraulichen Informationen, das sind die Themen, die ihm zum Thema besonders schnell einfallen. Er sagte: “Der zuverlässige Schutz vor Hacking und der Schutz der Netzwerke vor bösartigen Angriffen, das ist unsere vornehmste Pflicht als Carrier. Außerdem müssen wir uns bemühen, endlich nahtlose Dienste an unsere Kunden weiterzugeben.” Roaming ist also auch hier ein Thema.

Der Dauerbrenner Pricing-Strategie, eine Frage, die Sutherland den CEOs mehrmals stellte, wurde wenig begeistert aufgenommen. Schließlich wollen die Herren Geschäfte und dadurch gewinnen machen. Hoggarth, Chef von Cable & Wireless, verrät sein Erfolgsrezept: “Geschwindigkeit bedeutet unseren Kunden alles.” Zu einem möglichst niedrigen Preis, wie Sutherland bemerkt. Er wünscht sich folgendes: “Wir bewegen uns auf eine Zukunft des kostenlosen Telefonierens hin, ich rechne damit dass die Preise sinken und die Qualität der Dienste steigen werden.” Das ist seiner Meinung nach das Ei des Kolumbus für die Carrier, die die echten Kundenwünsche erfüllen wollen.

Doch bis dahin scheint es bei einem Rückblick auf die Konferenz und die dort gehaltenen Reden noch ein weiter Weg zu sein. Schließlich hatten diverse Analysten, von Yankee Group bis Gartner davon gesprochen, dass die TK-Industrie nun endlich in der Realität angekommen sei und von einem Wiederanstieg der Spendierfreudigkeit bei den Kunden oder einem besonderen Hunger nach neuen Diensten noch keine Rede sein könne.