Mainframe-Veteran Unisys geht IBM an den Kragen

Die im Sommer letzten Jahres vorgestellten ClearPath-Modelle bekommen Nachwuchs. Und der soll noch besser das Gestern mit dem Morgen verbinden.

Unisys will sich wieder stärker im Mainframe-Umfeld bemerkbar machen und hat für seine im Sommer 2003 vorgestellte ClearPath-Familie ein neues, modulares Modell in vorerst drei Versionen gebaut. Der Mainframe zeichnet sich neben den standardmäßigen technischen Fähigkeiten noch durch ein paar Feinheiten aus. Diese sollen dem Unternehmen, das 1952 den ersten Mainframe erfolgreich bei der US-Präsidentenwahlvorhersage eingesetzt hatte, wieder bei Großunternehmen populärer machen. Unisys kommt hierbei, wie jeder Großrechnerhersteller heutzutage, nicht ganz ohne den Utility-Gedanken aus. Bruno Billeter, Program Manager ClearPath Systeme bei Unisys Deutschland/Austria/Schweiz, erklärt gegenüber silicon.de die Neuheiten.
Der ‘ClearPath Plus Libra 500’ genannte Mainframe erlaube durch eine neue Messtechnik (Metering Technology) die Abrechnung nach tatsächlichem Nutzen. Dies sei allerdings vom Ansatz her ein alter Hut bei Unisys. Bruno Billeter: “Wir machen seit zwei Jahren ‘Capacity on Demand’, das heißt, dass die Leistungsfähigkeit jedes einzelnen Prozessors durch Software steuerbar ist.” Nicht die Hardware, die Software entscheide so über die Leistung. Mit der Einführung der Leistungsmessung nach Verbrauch sei dieser Gedanke nun auch in die Verrechnung eingeflossen. “So ist eine leistungsbezogene Fakturierbarkeit möglich. Über das Tool ‘Governor’ kann sogar eine geschäftssensible Steuerung für eine optimale Leistung, also ein Vermeiden von zu teurer Höchstleistung, bewirkt werden”, sagt er.

Noch nie da gewesen sei, dass J2EE bei den neuen Modellen so eine hohe Bedeutung für den Mainframe erhalte. Billeter will aber dabei die Rechenzentrumsumgebung nicht komplett umkrempeln, sondern die Unisys-Philosophie der Kompatibilität des Alten mit dem Neuen umsetzen. Er setzt geradezu auf die alte COBOL-Welt, wenn er sagt: “COBOL wird ja seit Jahren totgesagt, doch das sehe ich auch in Zukunft weniger auf uns zukommen – wer will schließlich etwas wegwerfen, was tadellos funktioniert. Das wäre unsinnig. Also wollen wir im Sinne des Investitionsschutzes das Alte erhalten und mit neuen Entwicklungen komplementieren.”

Dies werde mit J2EE-Architektur und J2EE-fähigen Anwendungen ermöglicht. Die neuen Systeme der Modellreihe ClearPath Libra 500 sollen dazu eine ideale Plattform stellen. Besondere Stärken seien dabei die Verbindungsmöglichkeit von neuen und bestehenden Anwendungen, die Nutzung bestehender Datenbanken und vor allem auch die Attribute der Mainframes wie Robustheit, Hochverfügbarkeit, Wartungsfähigkeit und die hohe Sicherheit. Er sagt: “Die Mainframe-Architektur mit ihren bewährten Stärken muss sich gar nicht vor Clustern verstecken; Umfragen und Marktanalysten zufolge ist sie ihnen sogar an Stabilität weit überlegen.”

Unisys unterstütze seit zwei Jahren mit der Softwarekomponente Java Virtual Machine (JVM) Java-Anwendungen für Mainframes, lässt er wissen. Die Zukunft verlange schließlich, offene Systeme zu erstellen. “Auf vielen Mainframes werden bestehende Anwendungen betrieben, die meisten davon in COBOL. Doch die neuen Anwendungen sind oft in Java geschrieben”, so Billeter. Für die bessere Kommunikation der alten mit der neuen Welt gebe es nun die richtige Sprache.  “Dabei setzt Unisys auf Open Source, und zwar auf JBOSS.”

Doch das Unternehmen, das sich immer wieder gern mit Studien und Technikvergleichen schmückt, in denen Unisys in einer Mainframe-Disziplin an IBM vorbeizieht, kommt nicht ganz ohne den Konzern mit dem blauen Logo aus und lässt seine Mainframe-Chips sogar dort fertigen. Billeter erklärt das mit einem hohen Qualitätsanspruch. Die für den Libra verwendeten CMOS-Prozessoren werden demnach zwar speziell auf das Unisys-‘MCP’-Betriebssystem ausgelegt und das Design stamme zu hundert Prozent von Unisys. Gefertigt werden die Prozessoren allerdings bei IBM.

Er sagt: “In einer globalisierten Umgebung wird das Design dort gemacht, wo die Expertise und die Kompetenz dafür vorhanden sind und gefertigt wird dort, wo die entsprechenden Kapazitäten dafür optimal vorhanden sind. Natürlich ist auch Unisys darauf bedacht, dass möglichst viele Komponenten im heutigen modernen Mainframe aus dem freien Markt bezogen werden können, Beispiele dafür sind Speicherchips oder Intel Prozessoren; CMOS SA27 hingegen sind reines Unisys-Design.”

Beim Konkurrenten IBM wird es im September wieder spannend. Dann sollen sich die Kunden die Version 1.6 des Mainframe-Betriebssystems z/OS holen können. Dies wird voraussichtlich mit 64 Bit-Fähigkeiten, einem selbstheilendem Netzwerk und Support für mehr als 16 verschiedene Maschinen ausgestattet sein.