Vorsicht, Schrott! Es trifft auch die Kleinen

Als Hersteller gilt jede Firma, die Geräte unter eigenem Logo in Verkehr bringt – und ist damit auch für die Entsorgung verantwortlich

“Welcher Kleingewerbler konfiguriert schon Waschmaschinen nach Kundenwünschen und verkauft sie in kleinen Stückzahlen?”. So bringt Dr. Mario Tobias, Bereichsleiter Umwelt und Nachhaltigkeit des BITKOM (Bundesverband Informationswirtschaft, Telekommunikation und neue Medien e.V.), die spezielle Situation in der ITK-Branche auf den Punkt, wenn es um das Elektro- und Elektronikgerätegesetz (ElektroG) geht – auch als Elektroschrottgesetz bezeichnet. Vom Verband aus habe man zahlreiche betroffene Unternehmen angeschrieben, aber die Resonanz sei “dem Problem leider nicht angemessen”, erklärt Dr. Tobias auf die Frage, wie man die kleinen Anbieter von Computern in die Pflicht nehmen will.
Seiner Meinung nach wird es “schwierig für die vielen, vielen Kleinen, die unter eigenem Markennamen die gleichen Rechte und Pflichten haben” wie große Hersteller. Denn das Elektroschrottgesetz sei vorrangig “eine Logistik- und Managementaufgabe”. Das Gesetz beinhaltet “das Inverkehrbringen, die Rücknahme und die umweltverträgliche Entsorgung von Elektro- und Elektronikgeräten”. Dabei handelt es sich um die nationale Umsetzung der EU-Richtlinien 2002/96/EG (WEEE – Waste of Electrical and Electronic Equipment) über Elektro- und Elektronik-Altgeräte und 2002/95/EG (RoHS – Restriction of the use of certain Hazardous Substances in electrical and electronic equipment) zur Beschränkung der Verwendung bestimmter gefährlicher Stoffe in Elektro- und Elektronikgeräten, die am 13. Februar 2003 in Kraft getreten sind.

Wer ist betroffen, wer ist “Hersteller”?

Der ZVEI (Zentralverband Elektrotechnik- und Elektronikindustrie e.V.), in dem überwiegend große Unternehmen organisiert sind, kümmert sich zusammen mit dem BITKOM intensiv um die Problematik und definiert den Begriff “Hersteller” etwas genauer, nämlich als “Erstinverkehrbringer”. Im deutschen Gesetzentwurf vom September 2004 gilt nämlich als Hersteller, wer “Elektro- und Elektronikgeräte unter seinem Markennamen herstellt und erstmals […] in Verkehr bringt, Geräte anderer Anbieter unter seinem Markennamen […] weiterverkauft […] oder Elektro- und Elektronikgeräte erstmals […] einführt und in Verkehr bringt” bzw. in einen anderen EU-Staat “ausführt und dort unmittelbar an einen Nutzer abgibt”.

Somit fällt jeder, der fertige Geräte auf den Markt bringt, unter das Gesetz. Dazu gehören auch die Anbieter von Monitoren, Tastaturen, Computer-Mäusen und Headsets genauso wie die Vermarkter, also Distributoren und Handel. Außen vor sind im IT-Bereich dagegen Software- und Komponentenhersteller. Bis an den Anfang der Lieferkette wollte man bei der Gesetzgebung nicht zurückgehen, meint dazu Otmar Frey, Abteilungsleiter Umweltschutzpolitik beim ZVEI und Vorsitzender der gemeinsamen Task-Force von ZVEI und BITKOM. Allerdings fallen die Komponentenhersteller unter die Richtlinie zur Verwendung gefährlicher Stoffe (2002/95/EG – RoHS).

Aber zurück zu den kleinen Anbietern: “Jeder, der ein Gerät verändert, ist Hersteller”, gibt Frank Garrelts, Gründer und Vorstand der AKCENT Computerpartner Deutschland AG, einer Kooperation des IT-Fachhandels, zu bedenken und empfiehlt ihnen, sich mit großen Produzenten und Distributoren zusammenzutun: “Sucht Euch Markenpartner, dann seid Ihr die verlängerte Werkbank!” Er ist der Ansicht, dass es die Aufregung in der Branche, die es bei Einführung des Gesetzes über die elektromagnetische Verträglichkeit von Geräten (EMVG) in den neunziger Jahren gab, in Bezug auf das Elektroschrottgesetz nicht mehr geben sollte: “Wir sind aus den Goldgräberzeiten raus.”

Auch werden sich die “Kleinen” schwer tun zu entkommen, da – anders als beim EMVG, wo eine staatliche Stelle, die Regulierungsbehörde für Telekommunikation und Post, über die Einhaltung des Gesetzes wacht, – beim ElektroG die großen Hersteller gemeinsam die Kontrolle übernommen haben. Sie gründeten zusammen mit Verbänden den Gesetzesvorgaben entsprechend die “Stiftung Elektro-Altgeräte-Register” (EAR). Unter Aufsicht des Bundesumweltamtes übernimmt das EAR – quasi als Dreh- und Angelpunkt – entscheidende Aufgaben: Registrierung, Mengenerfassung, Abholkoordination, Nachweiserfassung und Teilnahmebeobachtung.

Zeitplan und Pflichten der Hersteller

Die Hersteller haben dagegen individuell oder gemeinsam für Logistik, Sortierung und Verwertung zu sorgen. Für “Trittbrettfahrer” zeigt man hier wenig Verständnis: “Alle Hersteller/Importeure müssen sich ab August 2005 an der Entsorgungsfinanzierung beteiligen und sich beim EAR registrieren lassen”, stellt der ZVEI in einer Informationsbroschüre zum Thema klar. Das bedeutet jedoch nicht, dass sich die Betroffenen bis zu diesem Termin Zeit lassen können. Nach dem Gesetz gilt die Registrierungspflicht bereits ab 1. Mai 2005. Wer sich nicht rechtzeitig informiert und Vorschriften versäumt, riskiert Bußgelder bis zu 50.000 Euro.

Das Gesetz verpflichtet die Hersteller, Organisation und Kosten für die Entsorgung von ausgedientem Elektro- und Elektronik-Equipment zu übernehmen, das nach dem 13. August 2005 auf den Markt kommt. Diese “Neu-Altgeräte” sind entsprechend zu zertifizieren: Der “Erstinverkehrbringer” muss beim EAR registriert und als gesetzeskonformer Hersteller auf den Geräten eindeutig identifizierbar sein. Außerdem muss auf jedem Gerät ersichtlich sein, dass es nach dem 13. August 2005 “erstmals in Verkehr gebracht wurde”. Zusätzlich schreibt das Gesetz ab diesem Datum eine Kennzeichnung mit dem Symbol einer “durchgestrichenen Abfalltonne auf Rädern” vor.

Für diese Geräte kann der Hersteller die Verantwortung entweder anhand seines Anteils an der gesamten Altgerätemenge übernehmen oder seines Anteils an der im Kalenderjahr in Verkehr gebrachten Gesamtmenge an Neugeräten. Grundsätzlich gilt, dass für die Entsorgung die Hersteller zuständig sind. Es steht ihnen jedoch frei, mit ihren Kunden abweichende Vereinbarungen zu treffen, was die Finanzierung betrifft – solange es um “andere Nutzer als private Haushalte” geht.

Auch bei “historischen Altgeräten”, die noch bis zu diesem Termin produziert und vertrieben werden, ist der Business-to-Business-Bereich für die Industrie relativ unproblematisch, da hier die Verantwortung beim Nutzer liegt: “Zur Entsorgung von Altgeräten, die nicht aus privaten Haushalten stammen und als Neugeräte vor dem 13. August 2005 in Verkehr gebracht wurden, ist der Besitzer verpflichtet”, heißt es im Gesetzentwurf. Lieferant und Geschäftskunde können sich jedoch individuell einigen.

Der Gesetzgeber möchte allerdings den Altlasten-Anteil insbesondere aus den privaten Haushalten in geregelte Bahnen lenken. Die aktuellen Schätzungen liegen in Deutschland bei 1,1 Millionen Tonnen jährlich – allerdings weiß niemand, welche Mengen an ausrangierten Maschinen, vom Wäschetrockner bis zum PC, tatsächlich in Kellern und Abstellkammern lagern. Darunter fallen auch Modelle, die nicht mehr am Markt existieren oder deren Produzenten längst verschwunden sind. Ab 2006 sollen mindestens vier Kilogramm ausgesonderte Geräte pro Einwohner und Jahr gesammelt werden.

Die Rolle von Kommunen und Handel

Vom 13. August 2005 an können die Verbraucher ihre Altgeräte bei den kommunalen Sammelstellen kostenlos abgeben. Dabei möchte man die “öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger” (ÖRE), also die Kommunen, finanziell entlasten, da sie nur noch für die eigentliche Sammlung verantwortlich sind. Die Hersteller müssen die Sammelbehälter zur Verfügung stellen und unverzüglich abholen, sobald eine bestimmte Menge erreicht ist. Sie sind zur Verwertung und Finanzierung verpflichtet, wobei das EAR die Koordinationsstelle bildet. Die Industrie rechnet deshalb ab 2005 mit jährlichen Kosten von 350 bis 500 Millionen Euro. Vorbildlich organisierte Kommunen, die zum Teil mit Sozialbetrieben im Recycling tätig sind, sollen laut ZVEI im Wettbewerb berücksichtigt werden: “Die bestehenden Verwertungs- und Recycling-Aktivitäten der Kommunen können auch in Zukunft fortbestehen.”

Auch der Handel ist stark eingebunden: “Er kann mehrere Funktionen haben”, so Otmar Frey vom ZVEI. Einerseits sei er zur finanziellen Beteiligung verpflichtet, andererseits könne er sich als Dienstleister für seine Kunden an der physikalischen Rücknahme von Geräten beteiligen. Nach dem Gesetz “können die Vertreiber freiwillig Altgeräte zurücknehmen”. Außerdem kommt dem Handel eine wichtige Kontrollfunktion zu, da er selbst in der Pflicht ist, wenn er Geräte verkauft, die nicht zertifiziert sind. Im Gesetzentwurf heißt es dazu: “Vertreiber im Sinne dieses Gesetzes ist jeder, der neue Elektro- und Elektronikgeräte gewerblich für den Nutzer anbietet. Der Vertreiber gilt als Hersteller im Sinne dieses Gesetzes, wenn er schuldhaft neue Elektro- und Elektronikgeräte nicht registrierter Hersteller zum Verkauf anbietet.” Somit kann sich keiner aus der Verantwortung stehlen.

Beim EAR gibt es momentan sehr viele Anfragen, die relativ langsam beantwortet werden, da die Mitarbeiter noch mit dem Aufbau des Registers beschäftigt sind. Deshalb ist es derzeit sinnvoller, sich an den BITKOM zu wenden, der einen Arbeitskreis mit der Fraunhofer Gesellschaft gebildet hat, oder an den ZVEI, auf dessen Internet-Seite ausführliche Informationen zu finden sind. Gemeinsam veranstalten BITKOM und ZVEI am 19. und 20. Januar 2005 einen Kongress mit Fachausstellung in Frankfurt am Main unter dem Thema: “Rücknahme von Elektro-Altgeräten: Der Countdown läuft – Was kommt auf die Hersteller zu?”