Microsoft kriegt den Kopf nicht aus der EU-Schlinge

Das Luxemburger EU-Gericht erster Instanz hat die Sanktionen gegen den weltgrößten Softwarekonzern bestätigt.

Das Luxemburger EU-Gericht erster Instanz hat die Sanktionen gegen den weltgrößten Softwarekonzern bestätigt. Gerichtspräsident Bo Vesterdorf habe es abgelehnt, die Auflagen bis zur Entscheidung im Hauptverfahren auszusetzen, verlautete am Mittwoch aus dem Gericht in Brüssel. Microsoft habe nicht nachgewiesen, dass eine Umsetzung der Sanktionen einen schweren und irreparablen Schaden verursache, teilte das EU-Gericht mit.
Der Beschluss hat Auswirkungen auf die gesamte Branche. Microsoft muss nun seinen Konkurrenten – wie von der EU-Kommission entschieden – bisher geheime Informationen zu Schnittstellen für Netzwerkrechner zur Verfügung stellen. Auch die Verpflichtung, für Computerhersteller eine Windows-Version ohne den Windows Media Player anzubieten, wurde vom Gericht bestätigt. Im März hatte die EU-Kommission außerdem ein Redkordbußgeld von 497 Millionen Euro verhängt.

Die wahre Problematik geht jedoch weit über einen abgekoppelten Media Player hinaus, sagte Ovum-Analyst Philip Carnelley. “Da es weder eine rechtliche Definition darüber gibt, was ein Betriebssystem ausmacht noch ein entsprechendes Branchen-Regelwerk, ist unklar, ob Microsoft sein normales Geschäftsmodel weiter verfolgen kann. Das heißt, Funktionen so zu bündeln, das die eigenen Produkte – auf Kosten unabhängiger Anbieter – attraktiver werden.”

Als Beispiel nannte der Experte Microsofts Bemühungen auf dem Security-Markt. So sei es beispielsweise fraglich, ob Redmond eine Antiviren- oder Anti-Spyware-Software einbauen dürfe, oder ob in einem solchen Fall zum Beispiel Symantec bei der EU an die Tür klopft. “Die EU hat die Grundregeln geändert und noch ist nicht klar, wer am Ende der Gewinner ist”, so Carnelley.

Microsoft hatte bei dem zweithöchsten Gericht im Juni eine einstweilige Anordnung beantragt, um die EU-Sanktionen auf Eis zu legen. Das Unternehmen kann innerhalb der nächsten zwei Monate Berufung gegen die Entscheidung beim Europäischen Gerichtshof einlegen. Ein Urteil über die Rechtmäßigkeit der EU-Entscheidung kann Jahre dauern.