Microsoft ändert das Publikum für Virtual Server 2005

Knapp vor Support-Ende für NT ist der Microsoft-Emulator fertig geworden. Doch scheinen nicht alle NT-User wie erwartet zu reagieren. Zudem droht Konkurrenz von anderen Herstellern, die mit mehr Vielseitigkeit werben.

Noch im Herbst will Microsoft den lange angekündigten ‘Virtual Server 2005’ endgültig veröffentlichen. Die Software emuliert ältere Versionen des Server-Betriebssystems und stellt damit sicher, dass entsprechend ältere Anwendungen weiterhin in Windows-Umgebungen laufen können, wenn generell auf Windows Server 2003 migriert wird. Über den Emulator würden Anwender aus der Abhängigkeit des Hardware-Supports entlassen, teilt Microsoft mit. Zudem lässt sich über Virtualisierungssoftware die Anzahl der benötigten physischen Server verringern, da auf einem Rechner mehrere verschiedene Betriebssysteme gefahren werden können. Bei den Hostsystemen, also dem Betriebssystem, auf dem der Virtual Server 2005 aufsetzt, ist die Software recht wählerisch und akzeptiert nur Windows Server 2003. Unterstützte Gastsysteme sind Windows 2000, NT, Linux, Unix und auch OS2. Support bietet Microsoft jedoch nur für die eigenen Produkte an.
Der Hersteller lobt sein neues Produkt erwartungsgemäß in den Himmel und verspricht eine Verbesserung der Server-Erreichbarkeit um bis zu 95 Prozent. Einige Tester hätten mit der Software, die Anwendungen ein anderes Betriebssystem vorgaukelt, angeblich die Zahl der physischen Server um bis zu 80 Prozent verringert. Kritiker und Konkurrenten warnen jedoch vor all zu viel Optimismus. So unterstützt etwa die Software hostseitig nur Microsoft-Produkte, da dürften Anwender mit heterogenen Systemen schnell an Grenzen stoßen. Auch sind hier Leistungsgrenzen gesetzt. Zu den Zahlen, die Microsoft anführt, erklärte Laura DiDio, Analystin bei der Yankee Group, in US-Medien: “Es ist prinzipiell machbar, aber das hängt sehr stark von den individuellen Gegebenheiten und vor allem von den Anforderungen ab.” Die Analystin mahnt Anwender daher sicherzustellen, ob sie über genügend Ressourcen verfügen.

Die Hardware, und insbesondere die CPUs, seien hier gefordert. Zudem müssten die Administratoren sicherstellen, dass die Infrastruktur auch unter der zusätzlichen Last weiterhin funktioniert, und dass die Performance der Anwendungen nicht zu sehr nachlässt, wenn das Betriebssystem nur emuliert wird. DiDio empfiehlt deshalb Tests im Vorfeld und rät den Anwendern, ihre Wartungsverträge und Softwarelizenzen auf die veränderte Situation hin abzuklopfen.

Mit dem Virtual Server 2005 will Microsoft vor allem Kunden ansprechen, die ältere Betriebssysteme installiert haben und mit neuer Hardware von NT auf Windows Server 2003 migrieren wollen, aber noch ältere Anwendungen haben, die nicht vom neuen Netzwerkbetriebssystem unterstützt werden. Das ist vor allem interessant, weil Redmond zum Ende des Jahres den Support für Windows NT auslaufen lässt.

Böse Zunge behaupten gar, dass es die Hauptintention von Microsoft war, mit dem Virtual Server 2005 NT-User zur Migration auf Windows Server 2003 zu bewegen, ebenso wie die Entscheidung, den Support für NT aufzukündigen. Doch ist diese Taktik kann teilweise nach hinten losgegangen.

Wie das Beispiel der Stadt München zeigt, stellt sich für einige Unternehmen und Organisationen gleich die beinahe schon religiöse Grundsatzfrage Microsoft oder Linux. Die Münchner Stadtverwaltung hat sich nun für Letztere entschieden. Aber ob sich durch eine rechtzeitige Veröffentlichung des Virtual Servers 2005 der Schicksalsschlag für Microsoft in der Isar-Metropole hätte abwenden lassen, ist durchaus fraglich.

Die Hoffnungen, die Microsoft ursprünglich in diesen Kundenstamm gesetzt hat, wurden jedoch nicht ganz erfüllt, wie der Produktmanager Eric Berg in US-Medien erklärte. Es tue sich für den Virtual Server eine andere Zielgruppe auf: Programmierer und Softwarehersteller greifen auf die Virtualisierungssoftware zurück, um mit ihr eine Testumgebung für ihre neuen Entwicklungen aufzusetzen. Noch bietet Microsoft den Virtual Server 2005 als eigenständiges Produkt an. In einer der nächste Windows-Generationen, wie etwa in Longhorn, könnte die Software aber schon im Betriebssystem integriert sein, wie Marktbeobachter vermuten.

Dennoch lässt sich der Hersteller VMware trotzt der veränderten Marktsituation nicht aus der Ruhe bringen. Der Virtualisierungsspezialist, inzwischen von dem Speicherriesen EMC aufgekauft, gibt sich trotz der neuen Konkurrenzsituation einigermaßen gelassen. Die Microsoft-Software sei ein Einsteiger-Produkt, das lediglich Grundfunktionalitäten biete, wie ein Firmensprecher erklärte. Dagegen unterstütze die VMware Software ‘GSX’ beispielsweise neben dem Server 2003 auch Windows 2000 und ebenso Linux als Hostsystem. Zusätzlich hat die VMware Software noch weitere Funktionen, wie zum Beispiel Support für virtuelle Zweiwege-Server. Auch Betriebssysteme, die nicht aus der Windows-Welt entstammen, wie etwa Unix oder Linux, dürften wohl von dem unabhängigen Hersteller besser unterstützt werden.

Microsoft wehrt sich gegen dieses Argument und führt ins Feld, dass seine Software kostengünstiger ist als die der Konkurrenz. Zwischen 500 Dollar für die Standard-Version und 1000 Dollar für einen größeren Funktionsumfang kostet die Software, die zudem per Server und nicht per Prozessor abgerechnet werde, wodurch unter Umständen Anwender zusätzlich Geld sparen könnten. Daher erwartet VMware einen leichten Umsatzrückgang, gibt sich aber auch wegen der unterschiedlichen strategischen Ausrichtung der Produkte nicht sonderlich besorgt.

Neue Konkurrenz haben Microsoft und VMware jetzt von dem kalifornischen Start-up Transitive bekommen. Das Unternehmen hat nach eigenen Angaben mit ‘QuickTransit’ einen mehr oder minder universellen Emulator vorgestellt. Das Unternehmen proklamiert: “Das Produkt eröffnet eine neue Welt der Möglichkeiten, früher war Software an bestimmte Prozessoren gebunden”, so der CEO Bob Wiederhold im Magazin Wired. Jetzt habe man viel mehr Möglichkeiten Programme einzusetzen. Ein Hauptvorteil, so Wiederhold: “Man kann keinen Unterschied zwischen einer übersetzten und einer nativen Anwendung erkennen.”