Business Process Management: Das kann keiner richtig

Es wäre schön, wenn die IT mit der Dynamik von Geschäftsprozessen Schritt halten könnte – doch bis zum echten Business Process Management ist es ein langer Weg.

BPM-Berater Miserez kann diese Unsicherheit von Bartsch nachvollziehen. Aris ist für ihn ein typisches Werkzeug für die Analyse- und die Design-Phase. “In dem BPM-Methodenkreis reicht Aris gerade einmal bis zum ersten Bruch.” Dem Werkzeug fehle schlichtweg die Integrations-Engine. “Dafür sei etwa eine Ergänzung um SAPs Net-Weaver beziehungsweise XI notwendig. Das sieht Wolfgang Jost, Vorstand bei IDS Scheer, genauso. Die Aris-Produktfamilie biete Management-Hilfen für Strategien, Design, Implementation und Controlling. Das Messen von technischen Daten, mit dem er das Business Activity Monitoring (BAM) in Verbindung bringt, sei die Sache anderer.

Ein Prozess baut auf Services

Ob sich das auf die Dauer so trennen lässt, ist jedoch die Frage. Jung von der HVB, Eiglsperger von der FMS Bank und Schade von der Deka-Bank bewegen sich schließlich mit großen Schritten auf eine Event Driven Architecture (EDA) zu. Berater Miserez erläutert: “Die Unternehmen versuchen, ihre Prozesse zu digitalisieren, um sie möglichst weit zu automatisieren.” Die Beweggründe lieferten Kostensenkung, Effizienz- und Effektivitätssteuerung und mehr Transparenz. Da reiche es nicht länger, Prozesse aufzumalen. Das Modell müsse mit Funktionalität unterfüttert sein, zum Steuerungsinstrument werden.

Dafür aber sei eine Integrationsschicht beziehungsweise eine Ausführungsschicht notwendig. Die liefern klassischerweise die EAI-Anbieter wie Webmethods, Vitria, Seebeyond und Tibco aber auch die Lieferanten von Applikations-Servern wie IBM, BEA, Oracle und Sun. “Ein Order-to-Cash-Prozess beginnt vielleicht in einem Web-Shop, führt aber über ein ERP-System, die Logistik und Lagerbuchhaltung, Rechnungsversand und Debitorenbuchhaltung, sowie über Partnersysteme etwa von Transportfirmen und Inkassobüros”, sagt Miserez. Die einzige technische Möglichkeit, die Verbindung und Zusammenführung der verschiedenen Funktionen hinzubekommen, sei heute eine Service-orientierte Architektur. Statt Punkt-zu-Punkt-Verbindungen laute die Devise Punkt-zu-Bus-Verbindung, wobei der Bus den technischen Ablauf, den Prozess darstelle. “Die einzelnen Applikationen bleiben untereinander unverbunden und wissen eigentlich nichts voneinander”, sagt Miserez.

So ist es kein Wunder, dass die EAI-Anbieter ihre Produkte um BPM-Funktionalität erweitern. Nur die nahtlose Integration, so scheint es, lässt auch die Prozessintegration wahr werden. Zugleich nähern sich etwa Anbieter wie IDS Scheer, Fuego, MS (Visio), Metastorm oder Ultimus den Middleware-Anbietern an.

Unter anderem erkennbar wird diese Annäherung durch die Verwendung des Web-Service-Standards BPEL. Dieser basiert auf XML (Extended Markup Language) beziehungsweise WSDL für die Beschreibung der Schnittstellen und dient zur Modellierung von Workflows. “Somit kann BPEL die technologische Basis für eine zunehmende Konvergenz der Bereiche EAI, Workflow und BPM bilden”, erläutert etwa das Marktforschungs- und Beratungshaus Berlecon Research. So hat auch IDS Scheer auf der Anwenderkonferenz ‘Process World’ ein BPEL-Werkzeug vorgestellt.

Ein Tool-Team bügelt Schwächen aus

Doch Berater Miserez rät zur Vorsicht. “Tatsache ist, dass BPEL seit 2003 nicht weiterentwickelt wurde. Es ist nur ein Entwurf für eine ausführende Engine, kein Standard.” Die halbfertige Oasis-Spezifikation lasse noch viele Wünsche offen. Es fehlten wichtige Features wie die Benutzerintegration und Rückverfolgbarkeit. Das aber führe dazu, dass die jeweiligen Hersteller die fehlenden Teile durch proprietäre Lösungen ergänzten.

Im Ergebnis kann kein BPM-Tool, von welchem Ursprung auch immer, den gesamten Regelkreis abdecken. Dazu gehören laut Gartner neben Definition und Modellierung auch die Simulation von Prozessen, die Verteilung, die Ausführung, die Überwachung, die Analyse sowie das Optimieren. So staunte Eiglsperger von der FMS Bank etwa darüber, wie aufwendig sich der Einbau von “Messfühlern” in den mit Aris gestalteten Prozessfluss gestaltete. Die Fühler, die Prozess-Stati registrieren, sind notwendig, um Abweichungen vom Normalverhalten kenntlich zu machen. Ein Pilotprojekt habe gezeigt, dass “alle EPKs angefasst und manuell, durch Programmierung um technische Schnittstellen” erweitert werden mussten. Außerdem seien die Folgen solcher Eingriffe in die komplexe Systemwelt kaum zu kalkulieren.

Laut Miserez erlauben andere BPM-Hersteller längst deklarative Monitoring-Lösungen, etwa Inforay oder auch Seebeyond. Allerdings hätten andere Tools andere Schwächen, so dass in seinen Projekten jeweils unterschiedliche Kombinationen diverser Produkte Verwendung fänden. Eine Ausnahme bildet die Fähigkeit zur Simulation. Da stellt der Itheca-Chef überall Mängel fest.