Steuerparadies: Irische Tochter spart Microsoft Millionen

Immer mehr Konzerne gründen Niederlassungen in Dublin. Dort ist die Steuer oft günstiger als in der Heimat. Das ist durchaus legal.

Die amerikanischsten aller Softwarefirmen heißen Oracle oder Microsoft. Über den Konzern aus Redmond, Washington, ist aber inzwischen eine pikante Sache bekannt geworden. Der Konzern bringt den US-Steuerzahler jedes Jahr um eine halbe Milliarde Dollar. Das ist der Betrag, den Microsoft durch eine kleine, irische Niederlassung spart.

Die Firma Round Island One hat ihren Sitz in einer angesehenen Gegend von Dublin. Sie beschäftigt etwa 1000 Mitarbeiter, die sich mit der nationalen Anpassung von Softwarelizenzen beschäftigen. Round Island One kontrolliert dabei aber Microsoft-Eigentum im Wert von 16 Milliarden Dollar. Wie das Wall Street Journal herausgefunden hat, handelt es sich dabei um eine vier Jahre alte Microsoft-Tochter, die in Irland nur wenig bekannt ist. Sie erwirtschaftete aber im Jahr 2004 etwa 9 Milliarden Dollar Umsatz und zahlte der irischen Regierung dafür 300 Millionen Dollar an Steuern. In den USA wäre dies um den Betrag von 200 Millionen Dollar mehr gewesen, heißt es. Insgesamt hätte die Microsoft-Tochter also 500 Millionen Dollar in die US-Staatskasse gezahlt, wenn die Tochter wie auch die Mutter ihren Sitz in den USA hätte.

Die Firma, die Milliardenbeträge mit der Verwaltung geistigen Eigentums erwirtschaftet, ist damit vom Umsatz her eine der größten Firmen in Irland und von den Steuerzahlungen her gesehen ein Großkonzern für irische Verhältnisse. Dabei fungiert die Firma als Struktur, die es Microsoft ermöglicht, Produkte von Irland aus in ganz Europa zu vertreiben. So fließt dem Bericht zufolge mittlerweile der Löwenanteil der Steuern aus internationalen Lizenzverkäufen nach Irland, während die Geschäftsstruktur der Microsoft-Niederlassungen in den anderen europäischen Ländern nicht so viel Steuern zahlen.

Irland ist deshalb so attraktiv für Microsoft, weil die grüne Insel sich zum High-Tech-Paradies gemausert hat. Sie bezuschusst die Ansiedlung von Technikfirmen und verzichtet auf Teile der Abgaben, beispielsweise Grundstückssteuern oder ähnliches, im Gegenzug für eine Großansiedlung eines Unternehmens und die Schaffung von dringend benötigten Arbeitsplätzen – ein durchaus normaler Vorgang, aber in der High-tech-Branche bislang nicht so üblich.

Irland hat jedoch früh erkannt, dass die IT-Branche Geld bringt. Der Trick dabei ist es, vor allem forschungsgebundene, entwicklungsgetriebene Firmen und ihre Produkte nach Irland zu locken, um die hohe Arbeitslosigkeit in Irland zu bremsen und den Standort Irland attraktiv zu machen. Das klappt dem Bericht zufolge vor allem bei pharmazeutischen Unternehmen und Technikfirmen. Der Umsatz, den Round Island One über Umwege in die Bücher von Microsoft schreibt, lässt sich denn auch im Wesentlichen auf Lizenzkosten reduzieren, die in allen europäischen Ländern mit Microsoft-Produkten gemacht werden.

Dabei nutzt der Konzern nur eine Lücke. Die staatlichen Finanzregeln der USA zur “Versilberung” von Patenten und ihrer Umsetzung in Produkte erlaubt schließlich derzeit, solche internationalen Wege zu gehen und Milliarden Dollar an Steuern zu sparen. Dass den USA dadurch noch viel mehr Geld verloren geht als durch Microsofts Aktivitäten in Irland allein, zeigt sich darin, dass die Finanzbehörden jetzt diese Lücke stopfen wollen. Heute steht Microsoft auf der sicheren Seite und kann dem Wall Street Journal ganz locker mitteilen, dass der Konzern sich steuerlich an die Gesetze der USA und aller anderen Länder hält.

Dabei zahlt Round Island zwar anteilig und gesetzestreu Steuern für die abgesetzten Lizenzen in den Ländern – die Hauptlast für den Absatz der in den USA entwickelten Produkte geht aber nach Dublin. Dabei müssen nach US-Recht zwar die eigentlichen  Entwicklungen in den USA gemacht und dadurch auch dort besteuert werden. Wer aber über eine Abteilung für Research & Development (R&D) woanders verfügt – beispielsweise in einem Steuerparadies wie Irland, das schon in den 60er Jahren für solche Niederlassungen  genutzt wurde -kann die zweite Version und von da ab jede Version einer Erfindung einfach von dem überseeischen Team entwickelt lassen. Und die Steuern fließen eben dorthin.

Abseits moralischer Entrüstung nutzt der Konzern dabei einfach nur die Gesetze der Globalisierung für sich. Microsoft, so heißt es, sieht die vier Jahre alte Firma nur als einen Schritt, immer mehr steuerlich teure patentgeschützte Lizenzen dort zu haben, wo sie günstig zu halten und weiter zu verkaufen sind. In Europa ist das in Irland am billigsten. Und Round Island ist zusätzlich seit drei Jahren damit beschäftigt, andere Microsoft-Niederlassungen aufzukaufen, die mit Lizenzen zu tun haben, beispielsweise in Indien oder Israel. Auch die britische Niederlassung gehört der irischen Microsoft-Tochter, und die Profite aus diesen Geschäften fließen nach Irland – wo dann wieder zu einem günstigen Satz Steuern nach irischem, nicht nach britischem Recht gezahlt werden.

Und damit alles seinen geordneten Gang geht, hat sich Round Island in dem Haus einer Anwaltskanzlei in Dublin angesiedelt, die US-Konzerne berät, die ihre Patente in Irland halten wollen. Dazu gehört auch Microsoft-Konkurrent Google. Oracle hat sich ebenfalls irische Niederlassungen angeschafft, die nach irischem Recht besteuert werden. Der Rückgang der Steuerausgaben in den USA ist so groß, dass der Konzern dies in dem Jahresbericht an die Finanzaufsicht SEC erwähnen musste. Zahlen gibt es hierzu allerdings nicht. Lucent Technololgies will hier mit einem neuen Entwicklungszentrum “die Talente Irlands” ansprechen, desgleichen IBM mit seinen Lotus-Entwicklungen und Hewlett-Packard mit neuen Druckerideen. Aber die US-Finanzer und die Intelligenz fürchten den zunehmenden Steuerausfall und den Verlust von geistigem Eigentum, das originär den USA gehöre.

Einen Teil der eingenommenen Steuergelder nutzt Irland unterdessen, um mehr und mehr US-Konzerne anzulocken – vielleicht auch um die Firmen in der Nachbarschaft von Round Island weiter zu subventionieren. Nur soviel ist dem Bericht zufolge sicher: Die Kanzlei Matheson Ormsby hat herausgefunden, dass es heute für die IT-Industrie günstiger ist, mit ihrer R&D-Abteilung nach Irland zu gehen, als die traditionellen Steuerparadiese Bermudas oder die Cayman Islands für solche Geschäfte zu nutzen. Möglicherweise können solche Trends ja auch genutzt werden, um die eigene Regierung zu steuerpolitischen Maßnahmen zu bewegen.