Server Based Computing boomt – und niemand spricht darüber

Wachstumsraten bis zu 40 Prozent – angesichts der komplexen Verwaltung von ‘fetten’ PCs werden Thin Clients immer attraktiver.

Damit sich der Einsatz von Thin Clients weiter durchsetzt, will man sich beim ETCF vom Interessen- zum Lösungsverband wandeln. Zunächst hatten sich Hersteller und Technologieanbieter zusammengetan, nun sollen außerdem Anbieter von Komplettlösungen für SBC und Thin-Client-Anwendungen angesprochen werden: “Jetzt öffnen wir uns auch für Systemhäuser und Value Added Reseller, die dem Verband neue Impulse geben und eine neue Bedeutung verleihen werden. Die Thin-Client-Revolution muss für alle Unternehmen erlebbar sein”, erklärt ETCF-Sprecher Wohner. 500 Mitglieder will man in den kommenden Monaten gewinnen, davon hundert bis Mitte nächsten Jahres. Derzeit gibt es 17 aktive Mitglieder, unter ihnen Citrix, Fujitsu Siemens Computers und Philips. Sun Microsystems sucht man vergeblich.

“Das hat schon ein bisschen mit der Sun-Technologie zu tun”, erklärt Carsten Müller, Produktmanager Desktop Software bei Sun. “Wir sind anders aufgestellt als der Rest im Forum. Deshalb passen wir nicht so ganz rein.” Die ‘Ultra-Thin Clients’ der Sun-Ray-Produktfamilie enthalten im Prinzip nur einen kleinen Prozessor, einen Grafikchip, eine Netzwerkkarte und Firmware. “Die ganze Intelligenz läuft mit der Sun Ray Server Software auf dem Server.” Müller bezeichnet die Thin Clients anderer Hersteller als “low fat PCs”, da sie wesentlich komplexer seien als Sun Rays und auf dem Client eine Betriebssoftware benötigten, wofür nach seinen Aussagen ein relativ leistungsfähiger Prozessor erforderlich sei. Aufgrund dieser Komplexität müsste man solche Systeme von Zeit zu Zeit gegebenenfalls aufrüsten: “Das ist das, was wir für unsere Kunden genau nicht wollen. Wenn beim Sun-System die Software hungriger wird, muss ich ausschließlich den Server aufrüsten”, betont der Manager.

Je mehr Betriebssysteme, desto sinnvoller

Dahinter stehen unterschiedliche Welten: Die Sun-Ray-Software arbeitet auf einem Server mit Sun-Solaris- oder Linux-Betriebssystem. Dem gegenüber stehen Microsofts Terminal Services auf einem Windows Server Betriebssystem. Darauf setzt Citrix’ SBC-Software auf. Ironie des Schicksals: Das Unternehmen, das sich heute als “führenden Anbieter von Access-Infrastruktur-Produkten” bezeichnet und eine enge Technologiepartnerschaft mit Microsoft pflegt, wurde von ehemaligen IBM-Entwicklern gegründet. “Der Ansatz wurde aus IBMs OS/2 heraus geboren – die Idee dabei war, ein einfacheres, komfortableres Betriebssystem zu entwickeln”, erzählt Dr. Daniel Liebisch, Technical Product Manager Central Europe bei der Citrix Systems GmbH. “Das allererste Citrix-Produkt war noch auf OS/2-Basis.”

Der ehemalige Arbeitgeber IBM hatte offensichtlich wenig Interesse an den Einfällen der Citrix-Gründer, letztere aber einen guten Draht zu Microsoft, und so kam es zur Zusammenarbeit zwischen dem Software-Riesen und dem Start-up. Heute bietet Citrix rund um sein Kernprodukt ‘Presentation Server’ zahlreiche weitere Softwareprogramme zu Access-Infrastruktur an, darunter auch das kürzlich vorgestellte ‘Citrix Access Essentials’ speziell für kleine und mittelständische Unternehmen. Citrix deckt mit seinen Produkten einen Großteil des Marktes ab und will seine Position weiter ausbauen: “Wir haben sehr, sehr aggressive Wachstumsziele”, erklärt Edwin Sternitzky, Manager Product & Solutions Marketing Central Europe.

Die Citrix-Software verbindet aber auch im SBC die Windows- mit der Unix- bzw. Linux-Welt: Egal, welches Betriebssystem auf den Clients installiert ist – zusammen mit der Citrix-Software haben sie Zugriff auf die Applikationen, die auf dem Server bzw. der Serverfarm liegen. Abhängig von der Anzahl der Clients sind häufig mehrere zu einer Farm zusammengeschlossen. “Je mehr Betriebssysteme Sie haben, desto besser ist es, wenn die komplette Verarbeitung auf dem Server stattfindet”, meint Citrix-Manager Liebisch dazu.

Sun Microsystems ist für Citrix einerseits Mitbewerber, aber auf der anderen Seite Partner, da die Citrix-Produkte auch mit der Sun-Ray-Serie arbeiten. Die Citrix-Software wird dann praktisch als Vehikel für Windows auf dem Server installiert. Im Ergebnis sehr ähnlich ist die ‘Secure Global Desktop Enterprise Edition’ von Tarantella, das kürzlich von Sun aufgekauft wurde. Das Tarantella-Produkt ist auch auf Server-Seite vollkommen offen: Die Software läuft auf Unix-, Linux- oder Windows-Betriebssystemen und sichert nach eigenen Angaben “den freien Informationsfluss von jedem beliebigen Server zu jedem beliebigen Gerät – an jedem beliebigen Ort auf der Welt”. Sie zeichnet sich zudem durch eine besonders einfache Architektur aus. Es dürfte also in nächster Zeit durchaus spannend werden auf dem SBC-Markt.