HSDPA und IMS sind die neuen Schlagwörter der Mobilfunkbranche

Ein bunter Reigen an Produkten, Technik und Harmonie überstrahlt den Ort der Messe 3GSM 2006. Doch der Friede zwischen den Herstellern hat lange Zähne.

Wie sieht der Mobilfunk der Zukunft aus? Ericsson-CEO Carl-Henric Svanberg beantwortet die Frage stellvertretend für viele: “3G ist jetzt ein kontinuierlich wachsender Massenmarkt. Die meisten 3G-Netze werden noch 2006 mit HSDPA (High Speed Downlink Packet Access) aufgerüstet werden. Die nächsten Schritte heißen IMS (IP Multimedia Subsystem) und all-IP.” Und vom Provider über Enabler, Technikzulieferer und Diensteanbieter bis hin zum Gremium GSM Association (GSMA) sind alle Vertreter auf dem 3GSM Kongress in Barcelona seiner Meinung.

Auf IMS setzt auch der Netzausrüster Siemens, der die Plattform für die herstellerübergreifende Zusammenarbeit liefert. Mehr noch: Einer Mitteilung des Konzerns zufolge habe sich die Plattform in von der GSMA überwachten Labortests als tauglich erwiesen. Die Multimediaanwendungen verschiedener der anwesenden Hersteller sollen darauf über Infrastrukturgrenzen hinweg reibungslos zusammengearbeitet haben. Wie es aus München heißt, sind damit die Grundlagen geschaffen, um schnelle und flexible Dienste wie Gaming über das Mobilfunknetz und Videokonferenzsysteme zu bieten. Der niederländische Provider KPN ist bereits von der Siemens-Plattform überzeugt, dem sollen weitere Partner und Kunden folgen.

IMS kommt also, wenn Siemens es will. Denn eigentlich ist HSDPA als Beschleuniger für UMTS/3G-Netze eigentlich schon wieder ein alter Hut. Auch die vollmundige Aussage von Siemens-Manager Thomas Ganswindt, der Konzern wolle überdurchschnittlich im UMTS-Umfeld wachsen und jeden Monat einen neuen UMTS-Auftrag gewinnen, kann über die nächsten Schritte nicht hinwegtäuschen.

Acht der in der GSMA organisierten Hersteller – darunter Vodafone, Telecom Italia und T-Mobile – haben sich daher einer Initiative angeschlossen und Interoperabilitätsabkommen unterzeichnet, die eindeutig in Richtung IP gehen. Hier sollen Instant-Messaging-Dienste über Mobilfunk abgewickelt und mobil übertragen werden. Das bezieht die Hersteller entsprechender Geräte mit ein, Netztechnikhersteller, Dienstleister und die Provider.

Instant Messaging soll damit, angelehnt an die Grundlagen der GSMA nach Kundenfreundlichkeit und Sicherheit, bald so weit verbreitet sein wie es Short Message Services (SMS) heute sind – und diese Wandlung soll sich sowohl im Privatkundenumfeld als auch bei den Business-Usern vollziehen. Laut Craig Ehrlich und Rob Conway vom Executive Board der GSMA wird der Dienst die persönlichen Charakteristika behalten, die die Kunden von ihren mobilen Begleitern gewohnt sind. Chairman Ehrlich bezeichnet dies als einen der wichtigsten Aspekte für die Akzeptanz. “Dank dieser koordinierten Instant-Messaging-Kampagne werden mehr als 700 Millionen Anwender von Mobilfunkdiensten früher oder später zu einem Instant-Messaging-Dienst Zugang haben, der zugleich intuitiv, zuverlässig und sicher ist und darüber hinaus über die einzelnen Netzwerke hinweg arbeitet”, ergänzt GSMA-CEO Conway.

Genau deshalb haben alle Firmen, die an der Initiative teilnehmen, untereinander  bilaterale Interoperabilitätsabkommen geschlossen. Gerade der Mobilfunk der Zukunft erfordert engste Zusammenarbeit bis hinab auf die unterste Technikebene, das haben die Firmen verstanden. Beispielsweise sagt T-Mobile-CEO Rene Obermann: “Um eine außergewöhnliche Erfahrung für die Nutzer bereit zu stellen, müssen die Betreiber zusammenarbeiten; die IM-Austauschprozesse müssen schließlich mühelos und intuitiv ablaufen, auch wenn der Sender und der Empfänger in verschiedenen Netzen sind.”  Die Initiative beruht auf dem technischen und kommerziellen Rahmen, den die Mitglieder der GSMA vereinbart haben. Auf dieser Grundlage ist auch eine Standardisierung nicht mehr weit.

Die Anbieter richten sich aber auf neue Angebote verschiedenster Art ein: Der Handyhersteller Nokia mit drei neuen Handy-Modellen, der Telekommunikations-Konzern Nortel mit mobilen TV-Angeboten, der Chiphersteller Infineon mit neuen HSDPA-Prozessoren, Ericsson mit zweistelligen Partnerverträgen, DoCoMo mit mehr Schlagkraft durch eine eigenständige Handset-Abteilung, Intel mit beschleunigtem Zugriff der Laptops auf mobile Netze, ADC Krone mit eigenen Radiosignalverstärkern und T-Mobile mit einer Netznachrüstung mit dem Network Directory Server von Apertio.

Sogar Microsoft hat den anwesenden TK-Profis etwas Neues zu erzählen: Zunächst gehört der Zukauf von MotionBridge hierher. Der Hersteller von besonders ausgeklügelten Lösungen für die mobile Suche, egal auf welchem Gerät, sorgt als neuer Microsoft-Abkömmling in Barcelona für Furore. Immerhin ist die mobile Suche ein Geschäft, an dem sich Microsoft-Rivale Google neuerdings zusammen mit Vodafone recht erfolgreich versucht, auch Yahoo bewegt sich hier schon etwas länger.

Passend dazu stellte der Konzern zusammen mit dem Partner Ubiquity Computing die Lösung ‘I’m lost’ vor, eine lokalisierte Suche. Diese Technik gilt als eingelöstes Versprechen der Redmonder, hatten sie doch bei der vergangenen Messe der Mobilfunkbranche angekündigt, dass sie eine eigene Service Delivery Platform bauen würden, auf der sich dann wiederum bestimmte Anwendungen für Privat- und Geschäftskunden bauen lassen. Laut Michael O’Hara, Abteilungschef für das Serviceprovidergeschäft in Redmond, haben sich jetzt schon 13 Carrier und Anbieter entschieden, die Plattform zu unterstützen.