Kommt WiMAX zu spät?

Zwischen WLAN, Mesh und GSM ist WiMAX als Backbone für kabellose Netze prädestiniert. Wenn die anderen nicht schneller sind.

Reichweiten bis zu 50 Kilometer und Bandbreiten, die man von DSL (Digital Subscriber Line) über Kabel gewöhnt ist, machen WiMAX (Worldwide Interoperability for Microwave Access) zu dem kabellosen Standard, in den viele Hoffnungen gesetzt werden. Doch auch wenn diese Werte theoretisch ungeahnte Möglichkeiten erschließen, sind die Zukunftsaussichten für die verschiedenen Geschäftsmodelle für WiMAX noch immer ungewiss.

Die Hürden für den Standard sind nach wie vor technischer Natur. Aber auch hohe Preise für die 802.16-kompatible Netzwerkausrüstung, politische Fragen wie die Freigabe von Frequenz-Spektren, schleppende Standardisierung durch das IEEE (Institute of Electrical and Electronics Engineers) und etablierte Technologien wie etwa WiFi, Richtfunk oder UMTS (Universal Mobile Telecommunications System) machen es dem kabellosen Neuling schwer, sein Potential auch unter Beweis zu stellen.

Aufgrund dieser Unwägbarkeiten zögern viele Provider noch und warten mit Installationen ab oder behelfen sich mit anderen Technologien. Sind kabellose Infrastrukturen mit anderen Standards erst einmal installiert, wird sich die neue Technik noch schwerer durchsetzen. So könnte es durchaus sein, dass in vielen Bereichen der Zug für WiMAX schon abgefahren ist.

Technisch zuviel versprochen?

50 Kilometer Reichweite sind ein theoretischer Wert. Unter realen Bedingungen propagieren die Hersteller Radien zwischen drei und acht Kilometer und das mit einer Bandbreite bis zu 70 Mbit pro Sekunde. Dabei sollen sich “mehrere hundert Haushalte”, wie Intel mitteilt, mit DSL-Qualität anbinden lassen. Dabei sind solche Messungen immer sehr stark von den örtlichen Gegebenheiten abhängig.

Feldtests in Alaska schränken aber auch diese Zahl weiter ein. “Die 70 Mbit pro Sekunde sind nicht wirklich reell”, sagt Behzed Nadji, Chief Architect bei der US-Telefongesellschaft AT&T, gegenüber britischen Medien. In drei mittelgroßen Ortschaften setzt der Carrier WiMAX ein. Laut diesen Tests seien in einem Umkreis von fünf bis acht Kilometer 2 Mbit pro Sekunde weit wahrscheinlicher. In den meisten Fällen erreichte der Datendurchsatz sogar nur etwa 500 Kbit pro Sekunde.

So sieht die Industrie WiMAX zunächst als flexible Backbone-Technologie, etwa für Gebiete, in denen sich ein DSL-Kabelnetz nicht rechnet. Auch als kabellose Daten-Anbindung für Mobilfunk-Stationen oder für WiFi-Hotspots eigne sich 802.16. Also als so genanntes ‘Fixed Wireless’. Dabei werden die Daten von einem stationären Sender an einen stationären Empfänger übertragen. Der Münchner Konzern Siemens etwa überbrückt mit dem Produktportfolio ‘Skymax’ in einem Pilotprojekt in Russland die Letzte Meile für die DSL-Anbindung von Haushalten mit der Funktechnologie.

Die Konkurrenz schläft nicht

Aber hier müssen die nach wie vor teuren Netzwerkkomponenten für WiMAX zum Beispiel mit Mesh-Netzen, Richtfunkanlagen und WiFi-Installationen konkurrieren. “Oftmals sind andere Technologien besser geeignet”, sagte Thomas Schepp, ein Sprecher von Siemens. “Zumal diese ja meist standardisiert sind, was bei WiMAX teilweise noch ein offener Punkt ist.”

Neben der breitbandigen Anbindung von entlegenen Gebieten könnte aber auch gerade die Abdeckung des städtischen Bereichs der Markt für WiMAX sein. Denn in der Praxis, vor allem in Konfigurationen für Point-to-Multipoint, also etwa einem WiFi Access Point auf einem öffentlichen Platz, können aufgrund zahlreicher Interferenzen zwischen Gebäuden die Leistungsfähigkeit herkömmlicher kabelloser Standards wie 802.11a und 802.11g erheblich zurückgehen. Daher würde hier eine alternative Technik durchaus Sinn machen.

Dank der großen Reichweite gilt WiMAX auch als potentieller Konkurrent für Mobilfunknetze. Dieses Szenario bezeichnet man in der Industrie gemeinhin als ‘Mobile WiMAX’ (802.16e). Mit den entsprechenden Mobilgeräten ließe sich eine Stadt dann mit deutlich weniger Sendemasten abdecken, als das bisher mit Mobilfunknetzen möglich ist. Der wachsende Datenhunger der Anwender bei Handys und PDAs ist möglicherweise ein Motor für diese Entwicklung. Die Sender sind nicht größer als etwa eine Schuhschachtel und finden auch an bestehende Antennen noch Platz. Doch gerade beim mobilen Einsatz lauern die größten Schwierigkeiten.

WiMAX ist kein Mobilfunk

“Im Bereich Fixed Wireless ist WiMAX bereits Realität und war das auch schon vor der Verabschiedung von IEEE 802.16. Mobile WiMAX hingegen ist eher ein Traum”, schränkt Ian Keene ein, Research Vice President bei Gartner. Zu viele Probleme, wie etwa die internationale Freigabe bestimmter Frequenzen, müssen noch gelöst werden.