Empfindlichkeit gegen Mobilfunk nur eingebildet

Symptome wie Müdigkeit, Angst und Übelkeit sind einer aktuellen Studie zufolge nicht auf die Strahlung von Mobilfunkmasten zurückzuführen.

Das ist das Ergebnis der Environmental Health Perspectives Study, die an der University of Essex in Großbritannien durchgeführt wurde. Die Studie wurde finanziert durch das Mobile Telecommunications and Health Research Programme, das wiederum durch die Industrie und die Regierung von Großbritannien gefördert wird. Die Symptome einer Mobilfunk-Allergie existieren dennoch: Wenn die Studienteilnehmer annahmen, die Mobilfunkstation sei angeschaltet, fühlten sie sich deutlich kränker als im gegenteiligen Fall – auch wenn sie in Wirklichkeit gar nicht in Betrieb war.

Die Untersuchung verweist damit auf den so genannten Nocebo-Effekt, das Gegenteil des bekannteren Placebo-Effekts. Negative Erwartungen können demnach einen nachteiligen Einfluss auf die Gesundheit haben. “Überzeugungen haben Macht über den Menschen”, erklärt die Studienleiterin Professor Elaine Fox von der University of Essex. “Wenn man wirklich glaubt, dass einem etwas Schaden zufügt, dann passiert es auch.”

Wie viele Menschen in Großbritannien unter ‘Elektro-Sensibilität’ leiden, ist unklar. Dabei handelt es sich um eine Art Allergie, die unter anderem durch Haartrockner und Mobilfunkmasten ausgelöst werden kann. 2005 hatte die Health Protection Agency (HPA) einen wissenschaftlichen Zusammenhang zwischen elektrischen Geräten und gesundheitlichen Beeinträchtigungen verneint. Allerdings hatte es damals noch nicht so viele Mobilfunkmasten gegeben.

Die Untersuchung an der University of Essex ist seither die umfangreichste, die auch den Faktor Mobilfunk einbezieht. 44 Personen mit einer langen Geschichte von Symptomen und 114 Personen, die noch nie negative Auswirkungen durch Mobilfunk an sich bemerkt hatten, nahmen über drei Jahre hinweg an verschiedenen Experimenten mit GSM- und UMTS(3G)-Strahlung teil. Die sensibleren Teilnehmer schwitzten stärker und hatten einen höheren Blutdruck, wenn sie glaubten, Strahlungen ausgesetzt zu sein. Zwölf Personen mussten wegen massiver gesundheitlicher Beschwerden aussteigen.

Die englische Interessengemeinschaft von Mobilfunk-Gegnern Mast Sanity erklärte, in der Geschichte der Medizin seien schon häufig körperliche Symptome zunächst als psychologisch eingestuft worden, deren reale Ursache dann erst Jahre später anerkannt worden sei. Die Organisation bemängelte zudem, die Ergebnisse der Studie seien durch den Ausstieg der zwölf Personen wegen Krankheit verzerrt worden.

Andere aktuelle Studien kommen zu ähnlichen Ergebnissen wie die Untersuchung der University of Essex. Das Bayerische Landesamt für Umwelt (LfU) hat beispielsweise die Reaktionen von 100 LfU-Mitarbeitern mit der UMTS-Mobilfunkbasisstation auf dem Dach des LfU drei Monate lang beobachtet und dokumentiert. Auch hier fühlten sich die Studienteilnehmer schlechter, wenn sie glaubten, Strahlungen ausgesetzt zu sein – unabhängig davon, ob dies tatsächlich der Fall war.