Dell konzentriert sich wieder auf PC-Design

Dell muss sich neu erfinden. Der Konzern wird von De-Listings bedroht und hat mit Vertrauensverlusten zu kämpfen. Dagegen setzt der CEO hochwertiges PC-Design und Verlagerung der Produktion in Offshoring-Staaten.

Im Schatten großer Schwierigkeiten für den Computerhersteller Dell haben die Manager die Gegenoffensive gestartet. Bedroht werden das Image und die Geschäfte derzeit von einer globalen Rückrufaktion für Millionen Laptops wegen fehlerhafter und gefährlicher Batterien sowie einer Aussetzung der Quartalszahlen und drohender Konsequenzen in Form eines De-Listings.

Unter dem Namen “Dell 2.0” wollen sie den Konzern häuten und verbessern – angelehnt an das Modewort für “nächste Generation”, wie bei Web 2.0, Software 2.0 und Mobilfunk 2.0. CEO Kevin Rollins sagte auf einer Kundenveranstaltung in New York, der Konzern sei die vergangenen 22 Jahre dem Dell-Geschäftsmodell treu geblieben. Jedoch verändere sich der Markt und damit auch die Bedürfnisse und Wünsche der Kunden. Und gerade beim Service sollen Mängel bestanden haben, räumte die Konzernspitze ein. “Wir unterziehen jeden einzelnen Aspekt unseres Geschäftsmodells einer Neubewertung – von der Lieferkette und dem Design bis hin zum Kundendienst und dem Support”, so Rollins. Möglicherweise steht also ein neues Geschäftsmodell ins Haus.

Während über die Untersuchung der Börsenaufsicht SEC nichts Präziseres bekannt wurde, skizzierte das Management die Zukunft von Dell. In der neuen Form sollen beispielsweise die bestehenden Partnerschaften mit EMC und AMD ausgebaut werden. Ein Team aus 60 Designern wird gebraucht, um die ehemalige Strategie, sich vor allem auf die Straffung der Lieferkette und Kostenreduktionen für mehr Preiskrieg mit den Rivalen zu konzentrieren, wieder zurückzufahren. Statt dessen will Dell mit dem Segen des Firmengründers und des Erfinders des erfolgreichen Geschäftsmodells, Michael Dell, davon weggehen. Es soll wieder mehr Wert gelegt werden auf Qualität.

Dazu gehört die Kooperation mit AMD: Die Techniker sollen die neuen AMD-Chips und deren Erfolg optimieren. Schließlich hatte Dell in den vergangenen Jahren vor allem Intel-Chips verbaut und das Design darauf hin optimiert. Chief Technology Officer Kevin Kettler sagte, der Anpassungsprozess zusammen mit AMD habe etwa sieben Jahre gedauert und sei komplex gewesen. Doch nun freue sich das Unternehmen, Ende 2006 erste Dell-Computer mit AMD-Chips auf den Markt zu bringen.

Außerdem verwies Kettler darauf, das Dell nun gemeinsam mit Konkurrent Hewlett-Packard und Lenovo an dem Interface-Standard ‘DisplayPort’ arbeiten werde. Dies ist ein kürzlich von dem Gremium Video Electronics Standards Association bewilligter neuer Standard, der die Ausgabe von Zeichen und Grafiken vom Rechner an Bildschirme und Displays unterschiedlicher Art ermöglichen soll.

Bislang war dies für unterschiedliche Ausgabeflächen – Liquid Crystal Displays, Fernseher, Röhrenbildschirme oder neue mobile Displays – ganz unterschiedlich, da jeweils speziell angepasste Kommunikationstechnik zwischen PC und Bildschirm verwendet wurde. Dadurch gab es Inkompatibilitäten, doppelte Entwicklungsarbeit und mehr Kosten. Dies soll mit dem neuen Standard und einer einheitlichen Zwei-Wege-Hochgeschwindigkeitstechnik über direkte PCI-Verbindungen der Vergangenheit angehören. Und hierbei will jetzt auch Dell mitspielen.

Auf der Produktionsseite will Dell von der zentralen Produktion weggehen und vieles in Billiglohnländer mit gutem Ruf als Outsourcing-Standorte verlagern. Das soll offenbar den Preisanstieg, der sich mit dem Votum für verbesserte Qualität bereits abzeichnet, etwas abmildern. Konkret hat der Konzern einen zweistelligen Millionenbetrag für den Aufbau einer Fabrik in Indien locker gemacht. In Brasilien und Zentraleuropa sollen auch Produktionsstätten aus- und möglicherweise weiter aufgebaut werden.

Ob Kevin Rollins als CEO diese Veränderungen mit umsetzen wird, darüber sind sich Branchenkenner und Analysten in den USA noch nicht einig. Einige hörten aus den lobenden Worten von Firmengründer Michael Dell für Rollins, der ihm selbst als Dell-Veteran und ehemaliger COO an die Spitze folgte, nur Gutes heraus. Andere hingegen wollen verstanden haben, dass mit den Untersuchungen der Finanzen durch die Börsenaufsicht auch der Chefsessel vakant werden könnte. Sie werden schließlich die nächsten Monate bestimmen. Für den aktuell sichtbaren Schaden nahm Michael Dell aber einen Teil der Schuld auf sich. “Wenn ihr jemand verantwortlich machen wollt, müsst ihr auch mich verantwortlich machen”, sagte der Firmengründer und Chairman.