HP mausert sich zum Software-Anbieter

HPs Software-Geschäft war lange Zeit ebenso undurchsichtig wie unterschätzt. Den Kauf von Mercury Interactive und die Integration seiner Produkte in das eigene Portfolio nutzt der Konzern als Gelegenheit, um für mehr Transparenz zu sorgen.

“Beim Kauf von Mercury hat HP eine strategische Entscheidung vollzogen”, konstatiert Uwe Flagmeyer, Pre-Sales Manager für HP Software in Deutschland. “Es gab nur eine marginale Überschneidung, vielleicht von maximal fünf Prozent. Wir stehen jetzt am Markt als ein Anbieter mit einem umfassenden Software-Portfolio. Und die Kunden verstehen unser Portfolio immer besser.”

Als ehemaliger Mercury-Mann schätzt er, dass die Produkte erhalten bleiben und weiterentwickelt werden. Der Aufbau von ‘Produkt-Centern’ innerhalb der Softwareabteilung helfe den Kunden jetzt, die neuen Angebote zu verstehen. Der HP-Konzern bezeichnet sich bereits als Schwergewicht im Bereich Business Technology Optimization. Der gesamte Lebenszyklus der Lösungen für IT Management und IT Governance werde nun auch von HP angeboten, hieß es.

Peter O’Neill, Analyst und Studienautor von Forrester Research, verspricht sich einiges davon, dass die Markennamen sowohl der Mercury- als auch der HP-Produkte, die integriert werden, im Laufe des Jahres 2007 verschwinden werden. Das soll, verbunden mit einem noch zu findenden einheitlichen Softwarenamen, die Klarheit für die Kunden erhöhen, wenn sie die zusammen mehr als 200 Produkte betrachten. Ihre Aufteilung in neun Produkt-Center, die thematisch gegliedert sind und sich an verschiedene Anwendergruppen richten, soll ebenfalls zu mehr Akzeptanz beitragen.

Allerdings, so gibt der Fachmann zu bedenken, waren die reinen Softwareanstrengungen von HP bislang nicht sehr strategisch. Ausgewiesene Software-Produkte tragen ihm zufolge nur 1,2 Prozent des Konzerneinkommens bei. Mit dem Zukauf erhöhe sich dieser Faktor auf zwei Prozent.

Er verweist aber auch darauf, dass HP nicht mit einrechnet, was der Konzern an Storage-, Workstation- und Server-Management zu bieten habe. Diese Einkommensströme mitgezählt, ist für O’Neill klar, dass HP unter die zehn größten Softwarefirmen gezählt werden muss. Die HP-Softwareeinkünfte lägen dann bei mehr als 4 Milliarden US-Dollar im Jahr. Der reine Anwendungsbereich bleibe aber relativ klein.

Dennoch bezeichnen die HP-Manager ihr Anwendungsgeschäft als strategisch und dies auch schon in der Vergangenheit. Sie zögen die zusätzlichen Geschäfte im Hardware- und Services-Bereich einfach mit hinzu, die durch Softwaregeschäfte angestoßen würden. Das nennen sie laut dem Analysten “attach rates”.

Den Vorwurf, HP habe sein Softwaregeschäft insgesamt sehr verwirrend und undurchsichtig werden lassen, kontert der Konzern damit, dass es kundenzentrisch und weitaus sinnvoller sei, beispielsweise Speichersoftware über die Speicherabteilung loszuschlagen. Immerhin werden die Anwendungen alle im Laufe des Jahres neue, einheitliche Namen bekommen.

Exemplarisch macht allein der Kauf von Mercury das Leben einiger Kunden einfacher. “Da wir vorher schon Partner waren, sind die Produkte aufeinander abgestimmt und eine Reihe von Kunden hat bereits beide Welten im Haus und miteinander verknüpft”, sagt sagt Uwe Flagmeyer. “Neu ist, dass jetzt alle Einzelschritte mit einem Lifecycle verbunden werden können, das gilt auch für Bestandskunden, und es wird sehr gut angenommen.” Die Kunden erhalten demnach Integrationshilfen, die aus Services oder Softwareschnittstellen bestehen können. Sie werden von geschultem Personal zum Kunden gebracht. “Die neuen Funktionen an allen Bausteinen sorgen dafür, dass die Mauer zwischen Planung, Qualitätssicherung der Anwendungen und Betrieb durchbrochen wird”, sagt Flagmeyer.

Genau dafür wurde die Lifecycle-Funktion an jeden Baustein angefügt. Beispielsweise sei bei einem Upgrade oder einer Veränderung im Softwarebereich die Frage wichtig, was sich seit dem letzten Test verändert habe, um die Upgrade-Realitäten richtig einschätzen zu können. Das ist laut Flagmeyer eine echte Kostenfrage. Dabei wollen die jetzt integrierten Softwareteile helfen. Das betreffe vor allem die Kunden, die in Mercurys umfangreiches Portfolio an Test-Werkzeugen investiert haben.

HP hat nun auch die Gelegenheit, seine Rolle als SOA-Anbieter (serviceorientierte Architektur) auszubauen. Mit den existierenden Produkten ist der Hersteller nun in der Lage,  einen kompletten SOA-Lebenszyklus zu verwalten, von der Governance  über Tests bei der Einführung bis hin zum operativen Management.

Auch als ITSM-Anbieter (IT Services Management) hat HP wn Breite gewonnen. Die von Mercury eingebrachte CMDB verfügte bereits über Configuration Items, Applications Mapping und Federations-Auskunft. Außerdem bringt sie Application Dependency Mapping mit.

Laut Flagmeyer verstünden die Kunden nach und nach, dass es sich hierbei um eine waschechte Datenbank handelt, mit allen Anforderungen an Projekt- und Integrationszeiten. “Unsere gemeinsamen Kunden wissen, dass sie jetzt Best-of-Breed-Lösungen aus einer Hand erhalten können. Unter dem Dach von HP werden die Lösungen neue Märkte erobern.”