“Wir lassen keine Möglichkeit aus, um an Berater zu kommen”

SAP-Berater sind begehrt am Arbeitsmarkt. Um ihre Gunst buhlen Beratungshäuser, Anwenderunternehmen und SAP selbst. Steffen Laick, Leiter Personalmarketing bei SAP, weiß, dass Headhunter auch in Walldorf wildern.

silicon.de: Herr Laick, SAP hat in Deutschland schon 2500 Berater. Jetzt suchen Sie allein für das laufende Jahr weitere 200 Hochschulabsolventen. Capgemini zum Beispiel will annähernd soviel SAP-Berater einstellen. Neben den Beratungshäusern suchen Anwenderfirmen. SAP-Berater sind heiß begehrt. Wo und wie finden Sie Ihren Nachwuchs?

Laick: Sie haben recht. Die Nachfrage nach SAP-Beratern zieht deutlich an und der Wettbewerb um diese Fachkräfte nimmt stark zu. Im vergangenen Jahr wurden fast 50 Prozent mehr Berater gesucht, als 2005. Wir stehen im Wettbewerb mit all den anderen Firmen, die diese Menschen brauchen, lassen deshalb ebenfalls keine Möglichkeit aus, um an qualifizierte Leute zu kommen. Das beginnt schon an der Hochschule und geht hin bis zu Aufträgen an Headhunter.

silicon.de: Die Berufsbezeichnung SAP-Berater ist nicht geschützt. Deshalb gibt es auch keine Standardausbildung. Die Industrie schätzt Berater sehr hoch ein, die im Mutterhaus der Software eine Ausbildung genossen haben. Wie sieht die aus?

Laick: Bei uns gibt es drei Kategorien von Beratern, die sich auf den Gebieten Business, Solution und Technologie tummeln. Die Business-Leute analysieren Geschäftsprozesse, bereiten das Feld für die anderen beiden vor. In der Solution-Beratung, sie ist der größte Bereich, geht es um Lösungen, etwa Customer Relationship Management, in der Technologie um die Basis, also Netweaver, um ein Beispiel zu nennen. Alle Hochschulabsolventen nehmen an einem Traineeprogramm teil. Hier lernen sie aber nicht nur unsere Module sondern auch Management-Skills kennen. Das Traineeprogramm macht sie offenbar so attraktiv.

silicon.de: Im Wettbewerb um die Fachkräfte muss auch SAP regelmäßig Federn lassen. Wie hoch ist der Verlust, den Sie an Beratern verkraften müssen?

Laick: Wir haben im Durchschnitt aller Mitarbeiter eine Fluktuationsrate, die unter drei Prozent liegt. In der Beratung beträgt sie 15 Prozent. Hier sind auch Berater mitgezählt, die intern wechseln, etwa in die Entwicklung, was häufig vorkommt.

silicon.de: Gehört es zum Geschäftsmodell von SAP, dass, wie im Beratungsgeschäft üblich, ein Teil dieser Mitarbeiter während eines Projekts zum Kunden wechseln?

Laick: Offiziell nicht. Aber es hat schon seinen guten Grund, dass wir in der Beratung diese relativ hohe Fluktuationsrate haben: Schließlich brauchen wir deutlich mehr Indianer als Häuptlinge, auch um die Tagessätze für die Beratungsleistungen im bezahlbaren Rahmen zu halten.

silicon.de: SAP gilt als außerordentlich attraktiver Arbeitgeber. Kennen Sie die Gründe, warum dennoch so viele Berater dem Unternehmen den Rücken kehren?

Laick: Nicht aus direkter aber aus indirekter Quelle. Headhunter erzählen mir immer wieder, dass eine Wechselwilligkeit der Kandidaten dann vorhanden sei, wenn sie sesshaft werden, nicht mehr so viel reisen wollen. Dann gehen die Leute in ein Anwenderunternehmen oder wechseln intern und haben jeden Tag denselben Arbeitsplatz. Headhunter rufen deshalb schon ganz gezielt Berater an, die fünf bis zehn Jahre hinter sich und damit eine gewissen Reiseunlust haben.

silicon.de: Bekommen Sie davon etwas mit, dass Headhunter versuchen, Berater in Walldorf abzuwerben?

Laick: Ja, der eine oder andere Kollege spricht ganz offen darüber, dass er angerufen und ihm ein Angebot unterbreitet wurde. Bei einer Ablehnung fragen die Headhunter nach Kollegen, die eventuell wechselwillig sind. Dagegen gehen wir vor. Mit unseren Headhuntern haben wir non-touch Agreements abgeschlossen. Das heißt: Personalberater die für uns arbeiten, dürfen keine unserer Mitarbeiter abwerben. Unsere Mitarbeiter dürfen auch keine Namen an Headhunter herausgeben.

silicon.de: Ist Gehalt ein Argument, mit dem Headhunter bei SAP-Mitarbeitern Erfolg haben könnten?

Laick: Seit Jahren betreiben wir einen intensiven Benchmark, was die Gehälter betrifft. Und wir liegen immer im oberen Bereich. Das Einkommen ist sehr wichtig und muss stimmen, sonst werden die Leute unzufrieden. So lautet unsere Philosophie. Gehalt ist aber auch nicht alles und wir pokern nicht um jeden Preis mit. Es ist ebenfalls unsere Unternehmensphilosophie, dass Arbeitsinhalte und das -umfeld stimmen müssen. Der Mensch lebt schließlich nicht nur vom Brot allein. Absolventen zahlen wir ein Einstiegsgehalt, das zwischen 40.000 und 45.000 Euro liegt. Danach ist jeder seines eigenen Glückes Schmied.

silicon.de: SAP entwickelt sich seit Jahren prächtig. Kann ein Mangel an Beratern diese positive Entwicklung umkehren?

Laick: Wir können nur wachsen, wenn wir ausreichend Berater haben. Und unsere Produkte lassen sich nur verkaufen, wenn es am Markt genügend Fachleute gibt, die sich damit auskennen. Bislang kann ich noch keine Mangelerscheinung feststellen. Aber sie könnte eintreten: demografische Entwicklung, rückläufige Studienanfängerzahlen in der Informatik und den Ingenieurwissenschaften sowie unser Wachstum. Die Probleme sind identifiziert. Das macht mich zuversichtlich, dass ein Mangel nicht wirklich eintreten wird.

silicon.de: Wie sieht denn das Idealbild eines Bewerbers bei Ihnen aus?

Laick: SAP ist Weltmarktführer bei betriebswirtschaftlicher Standardsoftware. Bei uns geht es immer um betriebswirtschaftliche Lösungen, die kaufmännisches als auch technisches Wissen voraussetzen. Erfolgreiche Leute brauchen eine Affinität zu beiden Bereichen. Wirtschaftsingenieure und Wirtschaftsinformatiker stehen bei uns hoch im Kurs.

silicon.de: In der Vergangenheit waren es doch eher Kaufleute mit technischem Grundverständnis, die Sie bevorzugt haben. Oder täusche ich mich da?

Laick: Nein, aber im vergangenen Jahr hat sich bei uns ein Wandel vollzogen, hin zu den so genannten Bindestrich-Informatikern und -Ingenieuren.

silicon.de: Warum?

Laick: Wir haben gemerkt, dass Technik ebenso wichtig ist wie die Betriebswirtschaft. Ohne das eine, funktioniert das andere nicht. Wer Geschäftsprozesse in Software gießen will, muss in beiden Themen firm sein.

silicon.de: Außerhalb von SAP sieht die Welt noch anders aus: Insbesondere Diplom-Betriebswirte und -Kaufleute werden nach wir vor gerne als Berater eingestellt.

Laick: Da haben Sie wohl recht. Aber wir sind der Hersteller. Neue Anwendungen werden in Walldorf entwickelt. Deshalb wissen wir am ehesten, welches Know-how benötigt wird.

silicon.de: Wollen Sie verraten, welches SAP-spezifische Know-how derzeit am stärksten nachgefragt wird?

Laick: Zweifelsfrei alles, was sich um serviceorientierte Architektur rankt. Bei Netweaver zum Beispiel ist technisches Verständnis zwingend erforderlich. Dieses Modul ist ein gutes Beispiel für künftige Entwicklungen und das damit notwendige Wissen.