Matrix wird zur Wirklichkeit

Schon jetzt hinterlassen wir beinahe täglich digitale Spuren, bis 2057 jedoch könnte unser gesamtes Leben aufgezeichnet werden.

“Möglicherweise hören sie zum ersten Mal, dass sie schwanger sind, wenn ihnen auf ihrem Computer-Bildschirm Werbung für Baby-Kleidung präsentiert wird.” Das ist Martin Sadlers düstere Prognose für unser Leben im Jahre 2057.

Es wäre seiner Ansicht nach denkbar, dass ein Sensor im Abwasser-System eine Schwangerschaft festgestellt hat und diese Information an Werbetreibende weitergeleitet hat. So könnte laut dem Leiter der Trusted Labs von Hewlett-Packard in den kommenden 50 Jahren, die Zahl der Sensoren pro britischen Bürger auf eine Million anwachsen.

Niedrige Preise für Sensoren und die technischen Voraussetzung für eine entsprechende Vernetzung machten ja zum Teil heute schon die Überwachung der Bürger möglich. Technologien wie Überwachungskameras, GPS oder Mobiltelefone sorgen schon in dieser Minute für stetig wachsende Informationsmengen über Individuen.

Eine Untersuchung aus dem Jahr 2002 schätzte die Zahl der in Großbritannien installierten Kameras auf 4,2 Millionen. “Heute wird der durchschnittliche Londoner rund 300 Mal täglich gefilmt”, ergänzt Sadler gegenüber der BBC. Würde sich dieses Wachstum fortsetzen, könnten in 50 Jahren – bei vorsichtigen Schätzungen – bereits auf jeden Bürger eine Million Kameras und Sensoren gerichtet sein. Aggressivere Schätzungen reichen sogar auf 20 Millionen Sensoren pro Bürger.

Schon jetzt existieren Forschungen, die versuchen, jede Bewegung des Menschen aufzuzeichnen. “Autobahnen, Flüsse, der Küstenschutz, landwirtschaftliche Betriebe, Unternehmen, Häuser und Wohnungen, all das wird in den nächsten 50 Jahren hochgradig instrumentalisiert werden”, so Sadler weiter.

Die meisten dieser Anwendungen seien wohl eher harmlos und scheinbar unwichtig, dennoch könnten diese Daten missbraucht werden, warnt Sadler weiter. Dabei könnten Szenarien auftreten, in denen sich die Menschen nicht mehr wohl fühlen werden.

Nun müssten die Menschen selbst entscheiden, ob eine derartige Zukunft für sie in Frage komme und ob jede Instrumentalisierung tatsächlich in einem vernünftigen Nutzen/Risiko-Verhältnis steht. Sicher sei jedoch, dass jeder Technisierungsschritt, so langsam und inkrementell er auch ablaufen möge, zu einem sozialen Dilemma führen werde.

Schon heute ist eine Form der elektronischen Diskriminierung bereits Realität. So existieren Ratings von bestimmten Wohngegenden. Viele E-Commerce-Anbieter verknüpfen solche Ratings mit den Adressangaben ihrer Kunden. Unabhängig vom Einkommen entscheiden diese Daten darüber, ob ein Kunde online einen Fernseher kaufen, eine Bankkarte oder einen Kredit bekommen kann.