Rettet die Daten, nicht die Insekten!

Datenrettung hat was von Kriminalgeschichten: Es gibt wenigstens ein Opfer und die Lösung des Falles erweist sich in den meisten Fällen als sehr kniffelig. Einer der Experten dafür ist in Deutschland das Unternehmen Kroll Ontrack.

Die Firma mit verschiedenen Niederlassungen in ganz Deutschland hat Anfang September die Position des Geschäftsführers an Edmund Hilt übertragen. Hilt, diplomierter Nachrichtentechniker mit Abschluss an der FH Esslingen, ist seit über zwölf Jahren beruflich im High-Tech-Umfeld aktiv und war bereits Ende der 90er-Jahre zeitweilig für Kroll Ontrack tätig. Er berichtet im Interview mit silicon.de über Trends in der Datenrettung, Hindernisse und schwierige Fälle.

silicon.de: Herr Hilt, Sie sind seit September Geschäftsführer von Kroll Ontrack. Ihr Vorgänger ist nun für Europa zuständig. Wollen Sie an der Strategie etwas ändern?

Edmund Hilt: Wir werden sicher versuchen, neue Geschäftsfelder zu implementieren. Zur Systems haben wir zudem ein neues Produkt mit Fokus auf die Datenlöschung vorgestellt.

silicon.de: Neue Geschäftsfelder über die Datenrettung und Datenlöschung hinaus?

Hilt: Das ist durchaus denkbar, ja.

silicon.de: Können Sie andeuten wohin es gehen soll?

Hilt: Wenn wir uns heute ansehen, was Datenarchivierung bedeutet, und wie Langzeitarchivierung aussieht, dann denken wir auch an Geschäftsfelder wie Datenkonvertierung. Denn viele Datenträger, die über 10 Jahre oder länger archiviert werden müssen, können nicht mehr zurückgelesen werden. Es gibt das System nicht mehr, es gibt die Backup-Software nicht mehr, um die Daten zurückzulesen. Die Formate sind mittlerweile unbekannt, und auch die Datenträger verlieren entsprechend Qualität. In diesem Bereich werden wir weitere Dienstleistungen anbieten.

silicon.de: Auf der Systems in München haben Sie diese noch nicht präsentiert – können Sie unseren Lesern Ihr Messekonzept nochmals schildern?

Hilt: Auf der Systems haben wir unsere klassischen Bereiche ausgestellt, also Instrumente für Datenrettung und Datenlöschung. Von der Software bis hin zur Hardware.

silicon.de: Was machen Sie denn mehr? Das Löschen oder das Retten von Daten?

Hilt: Daten retten. Was die Umsätze in Deutschland und in Europa betrifft kommt zunächst ganz klar die Datenrettung, dann erst folgt der Bereich der Datenlöschung. Wir bieten ja auch Softwareprodukte zur Datenlöschung, mit denen der Kunde die Löschung selbst vornehmen kann. Es gibt entsprechende Hardware-Verfahren, um sicherere Datenlöschung zu gewährleisten. Auch die Entsorgung von Festplatten ist ein Thema, aber an erster Stelle kommt ganz klar die Datenrettung.

silicon.de: Wie läuft das eigentlich ab bei einer Datenlöschung? Wird da ungesehen gelöscht? Werfen Sie nochmal einen Blick auf die zu zerstörenden Dateien?

Hilt: Wenn wir das als Dienstleistung anbieten, löschen wir die Daten bei diesen Aufträgen und respektieren dabei Datenschutz und Kundenwunsch. Wir haben die Möglichkeiten, die Daten per Software oder Hardware zu löschen.

silicon.de: Was ist denn neu an der erst im September erschienenen Recherche- und Analysesoftware?

Hilt: Die Software ist dazu geeignet, beim E-Mail-Verkehr Relationen festzustellen. Das heißt, man kann im Prinzip nachvollziehen, wer mit wem wie viele E-Mails ausgetauscht hat. Und die Software bietet auch die Möglichkeit, das Ganze grafisch darzustellen, um schnell Auswertungen fahren zu können. Die sind vor allem für den Bereich der Computer-Forensik wichtig. Die Software nutzen beispielsweise Wirtschaftsprüfer, um vorab Indizien zu bekommen.

silicon.de: Zum 1. Oktober hatten Sie zudem eine Sonderaktion gestartet, dabei ging es um kostenlose Diagnose für ungeöffnete Einzelplatten. Können Sie das näher erläutern?

Hilt: Wir sehen im Moment, dass viele Kunden versuchen, ihre Daten selber zu retten. Das heißt ganz konkret: die Festplatten werden aufgeschraubt. Daraufhin versuchen sich oft IT-Unternehmen, die eigentlich und in der Hauptsache für den Vertreib von IT-Equipment zuständig sind, ebenfalls an der Datenrettung. Leider wissen nur die wenigsten Kunden, dass bei einer Datenrettung oftmals nur ein einziger Versuch möglich ist. Das ist der Grund, warum wir in vielen Fällen nichts mehr machen können. Unsere Aktion zielt darauf ab, die Kunden dazu zu bewegen, ihre Festplatten ungeöffnet an uns zu geben. Sonst verringert das die Erfolgsquote.

silicon.de: Wie viele Kunden haben denn das Angebot schon wahrgenommen?

Hilt: Wir verzeichnen eine Auftragszunahme seit dem Start der Aktion und erhalten sehr viele Rückmeldungen, dass unsere Aktion am Markt auffällt.

silicon.de: Wer oder was ist denn eigentlich Ihr typischer Kunde? Handelt es sich oftmals um einfache PC-Anwender, die ihre Festplatte einschicken, oder sind das in der Regel Unternehmen?

Hilt: Es sind überwiegend Unternehmen. Das kann man weiter aufteilen: Ungefähr 50 Prozent unsere Datenumsätze generieren wir über Partnerunternehmen, die als Multiplikatoren auf dem Markt auftreten. Mit denen arbeiten wir regelmäßig zusammen. Der andere Teil teilt sich auf in Direktpartner, das heißt große Unternehmen oder auch Endkunden.