Streit um den Bundes-CIO

Die Bundesregierung will offenbar doch keinen Bundes-CIO (Chief Information Officer) einsetzen.

Das meldete die Financial Times Deutschland. Im September hatte das Blatt noch berichtet, die große Koalition habe sich darauf geeinigt, einen nationalen IT-Chef zu berufen.

Wer Bundes-CIO wird, solle zum nächsten nationalen IT-Gipfel publik gemacht werden, hieß es damals. Der IT-Gipfel findet am 10. Dezember in Hannover statt. Zudem solle eine neue Behörde entstehen. Dieses Amt werde alle Initiativen des Bundes in der elektronischen Verwaltung (E-Government) und in der IT koordinieren.

Hintergrund ist, das Deutschland in der Nutzung der ITK-Techniken und im E-Government international nur im Mittelfeld liegt. Bund und Länder setzen oftmals Lösungen ein, die nicht kompatibel sind. Ein Negativbeispiel ist die jahrelange Verzögerung des digitalen Polizeifunks.

Die Idee eines Bundes-CIO ist jetzt jedoch offenbar vom Tisch. Statt eines nationalen IT-Chefs solle sich ein Dreiergremium mit der IT-Koordination in der Bundesverwaltung beschäftigen, hieß es nun.

Als Vorsitzender und Sprecher des Gremiums sei der Innenstaatssekretär Hans Bernhard Beus vorgesehen. Als weitere Mitglieder seien Kanzleramtschef Thomas de Maizière (CDU) und der Finanzstaatssekretär Axel Nawrath im Gespräch.

In einem Brief an Bundeskanzlerin Angela Merkel bedauerte der Branchenverband Bitkom den Sinneswandel. Unterschrieben wurde der Brief von Henning Kagermann, SAP-Vorstandssprecher, René Obermann, Chef der Deutschen Telekom und August-Wilhelm Scheer, Bitkom-Präsident.

In dem Schreiben vom 20. November heißt es: “Die aktuell vorliegende Planung bleibt leider hinter dem zurück, was aus unserer Sicht für ein erfolgreiches IT-Management im öffentlichen Sektor notwendig ist. Die Rolle des Chief Information Officer ist ein Fulltime-Job.”
 
Nach dem Zeitungsbericht gibt es in der IT-Branche besonders gegen Hans Bernhard Beus Vorbehalte, da er als nicht IT-affin genug gilt. “Das sind alles integre Leute, aber leider alles IT-Novizen”, heißt es. Die Kanzlerin sei mit der Bundes-CIO-Idee “als Tiger gesprungen und als Bettvorleger gelandet”.

Dass sich Angela Merkel vom Bitkom doch noch überzeugen lässt, ist jedoch nicht ausgeschlossen. Kagermann, Obermann und Scheer hatten Merkel in dem Brief um ein Gespräch zum Thema Bundes-CIO gebeten. Am 26. November war zumindest Scheer als Teil einer Wirtschaftsdelegation im Kanzleramt zu Gast.