Open-Source-Datenbanken sind nichts ohne Business-Lizenzen

Der schwedische Datenbankhersteller MySQL sucht mit Funktionserweiterungen und professionellem Service den Anschluss an die kommerziellen Schwergewichte der Datenbankbranche.

Zu den größten Pluspunkten der Open-Source-Produkte zählen niedrige Infrastrukturkosten bei guter Systemperformance.

Im Preisvergleich mit den etablierten Closed-Source-Anbietern, wie Microsoft, IBM und Oracle schneidet Open-Source-Datenbankhersteller MySQL günstig ab. Allerdings kann das schwedische Unternehmen laut dem Marktforschungsunternehmen Gartner bei den Marktanteilen nicht mithalten. In Deutschland liegt nach Gartner-Angaben der Marktanteil von Open-Source-Datenbanken bei unter einem Prozent. Zum Vergleich: Oracle ist mit einem Anteil von 32,2 Prozent die Nummer Eins, gefolgt von IBM und Microsoft.

An diesem Ranking soll sich in den nächsten Jahren einiges zugunsten der Open-Source-Hersteller ändern. “Wir sind dabei, unseren Enterprise Server für die SAP-Plattform zu optimieren”, versicherte Kai Arnö, Vice President bei MySQL. Nach der einvernehmlichen Beendigung der Vertriebspartnerschaft für die quelloffene SAP-Datenbank ‘MaxDB’, konzentriert sich MySQL jetzt wieder stärker auf eigene Tugenden. Die Vereinbarung mit dem Walldorfer Hersteller von Unternehmenssoftware zielt darauf, die SAP-eigene ‘Netweaver’-Plattform über offene Schnittstellen mit der eigenen Datenbank zu koppeln.

Das Herbstrelease der MySQL-Datenbank 5.1 enthält in seiner kommerziell lizenzierten Version zahlreiche Features, die sich mit den Eigenschaften der großen proprietären Datenbanken von Oracle, IBM DB2 oder Microsofts SQL Server vergleichen lassen. Beispielsweise enthält das aktuelle Update des MySQL Network Monitor- und Advisordienstes Überwachungsfunktionen für mehr als 600 Datenbank-Einstellungen. Mit dieser Option sollen Betreiber von Web-Seiten mit dynamisch anwachsendem Bestand angesprochen werden, die sehr schnell auf Transaktions- und Speicherfehler im Datenbankbereich reagieren müssen.

Ändern mit einem Knopfdruck

Eine andere Erweiterung des Monitoring-Moduls betrifft die Topologien bei Replikationsnetzen. Diese lassen sich jetzt automatisch ermitteln. So sieht der Anwender auf einen Blick die gesamte Netztopologie und deren Konfigurationen. Dazu kommen inkrementelle Verbesserungen im Bereich des Advisors. Auch bei den Replikationsmechanismen gibt es neben dem herkömmlichen SQL-Statement (Structured Query Language) eine so genannte Row-based Replication. Das bedeutet, dass sich Datenbankeinträge in mehreren Datensätzen oder Tabellen gemeinsam mit einem Kommando ändern lassen.

Eine erstmals mitgelieferte Partitionierfunktion unterteilt den Datenbank-Tablespace in mehrere Bereiche, die überschaubar sind und sich schneller aufrufen lassen. Die Einteilung in logische Segmente erleichtert die Verwaltung der Speicherstrukturen, vor allem bei der Objektablage in verteilten Umgebungen. Administratoren behalten bei der Verarbeitung großer Datenmengen den Überblick und können über definierbare Regeln eine bessere Lastverteilung bei Zugriffen und Speichervorgängen erreichen.

Ob aber die mit jedem Release-Wechsel ohnehin anstehenden technischen Anpassungen ausreichen, um mehr Business-Anwender zum Lizenzkauf zu bewegen, ist fraglich. Die Nagelprobe im professionellen High-End-Bereich sind Performance, Hochverfügbarkeit und Zuverlässigkeit des Herstellers. “Wir haben auf allen drei Gebieten messbare Fortschritte erzielt”, betonte Arnö. Beispielsweise seien neuartige Replikationsmechanismen, die einen Event-bezogenen Datenzugriff durchführen, deutlich schneller, als die bisherigen SQL-Abfragen. Vereinfachte Backups und Schnittstellen zwischen verschiedenen MySQL-Clustern vereinfachen laut Arnö zudem den Datenaustausch.

Duales Geschäftsmodell

Änderungen am Lizenzmodell, das sowohl eine kostenfreie Version als auch eine kostenpflichtige Enterprise-Paketlösung mit kostenpflichtigem Support und jährlichen Abo-Zahlungen umfasst, plant der Hersteller nicht. Ferner pflegt der Anbieter seine Online-Community mit regelmäßigen Updates und Tools, um der rasanten Technikentwicklung standzuhalten. Neben zahlreichen Support-Tools gehört seit kurzem auch ein nativer Treiber für die in Web-Applikationen immer häufiger eingesetzte Programmiersprache PHP (Personal Homepage Tools).

“Vor allem als Online-Datenbank sehe ich gute Entwicklungsmöglichkeiten”, unterstrich Robin Schumacher, Director of Product Management bei MySQL. Laut Gartner tendieren die Firmen immer mehr in Richtung Web-Anwendungen. Das könnte den Anbietern von Open-Source-Software zusätzlichen Aufwind bringen. Sowohl bei den Suchfunktionen, die mit anderen Indexierungstechniken arbeiten und beispielsweise auch unstrukturierte Textdateien untersuchen, als auch im Bereich Speichermanagement hat MySQL laut Schumacher neue Joker im Ärmel. An erster Stelle sind es neue Google-Funktionen für die angekündigte Version 6 und die im Primärcode verankerte Speicher-Engine ‘Falcon’.

Die vom Datenbank-Pionier Jim Starkey stammende Storage-Engine Falcon ist für transaktionsbasierte Applikationen mit hohem Traffic ausgelegt. Falcon nutzt erweiterte B-Tree-Indizes und speichert Daten auf der Festplatte in komprimierter Form ab. Für Schnelligkeit sorgt ein erweiterter Arbeitsbereich, der Daten und Indizes in einem Cache bereit hält, so dass keine Index-Daten von der Platte geladen werden müssen. Das Speichermanagement ist auf Systeme ausgelegt, die mit viel Speicher, Threads und CPU-Kernen umgehen können – zielt also primär auf moderne 64-Bit-Systeme ab. Lauffähig ist Falcon aber auch auf 32-Bit-Systemen.

Einen weiteren Vorzug der Open-Source-Datenbank sieht Schumacher darin, dass die meisten SQL-, Oracle- oder DB2-Anwender etwa nur ein Drittel der Features auch wirklich nutzen. Anwender einer Open-Source-Database hingegen setzen laut Schumacher im Schnitt 75 Prozent der Funktionalität ein. “Wir liefern weniger Overhead, sprich der Kunde hat mehr von seinem Produkt”, versicherte Schuhmacher.