UMTS auf heimlichem Erfolgskurs

Drei Millionen UMTS-Anwender sprechen für sich – auch wenn bis heute wirklich aufregende Anwendungen fehlen.

Wer nutzt eigentlich UMTS? Und wofür? Zwei Jahre nach dem Start der dritten Mobilfunkgeneration (3G) in Deutschland sind derzeit rund drei Millionen UMTS-SIM-Karten im Einsatz – in Handys und Notebooks. Der Branchenverband Bitkom geht davon aus, dass sich diese Zahl bis Jahresende auf etwa neun Millionen erhöht.

Wie viele Besitzer mit ihrem 3G-Handy nur telefonieren oder SMS verschicken, steht jedoch auf einem anderen Blatt. “Die meisten wissen gar nicht, dass sie ein UMTS-Handy haben”, spottet Ulrich T. Keuling, Geschäftsführer der Tecon Terenci GmbH in Ratingen, die auf Telekommunikationslösungen für Unternehmen spezialisiert ist. Er ist mit dieser Meinung nicht allein.

Ungeachtet dieser Tatsache mag Professor Torsten J. Gerpott das Gejammer nicht mehr hören, UMTS sei keine Erfolgsstory. Der Inhaber des Lehrstuhls für Unternehmens- und Technologieplanung an der Universität Duisburg-Essen stellt klar: “Eine neue Netztechnik braucht einfach Zeit, bis genügend Endgeräte auf dem Markt sind und die Benutzer merken, was sie damit machen können.” Bei GSM habe es immerhin zwei Jahre gedauert, bis sich eine Million Kunden dafür entschieden hatte.

Der Telekommunikationsexperte hält die Erwartung für verfehlt, dass jeder sein GSM-Handy wegwerfe und sich ein UMTS-Gerät zulege. “2,3 Millionen Kunden innerhalb von eineinhalb Jahren nach dem kommerziellen Start ist gar nicht so schlecht”, meint er.

Geheimnis um Geschäftskunden

Wie sich die aktuellen Zahlen nach Geschäfts- und Privatkunden aufschlüsseln, möchten die Mobilfunk-Carrier lieber für sich behalten. Am meisten verrät Vodafone mit der Aussage, derzeit über zwei Millionen UMTS-Kunden zu haben – Geschäfts- und Privatkunden zusammengenommen. “Davon nutzen 1,8 Millionen Kunden ein UMTS-Handy, und über 200.000 Kunden ein Notebook mit UMTS-Karte”, konstatiert Heiko Witzke, Pressesprecher des Unternehmens.

T-Mobile nimmt für sich in Anspruch, mehrere Hunderttausend UMTS-Datenkarten im Markt zu haben. “Wir verkaufen unseren Kunden keine Technik, sondern den am jeweiligen Standort schnellsten Netzzugang”, beschreibt Pressesprecherin Caroline Bergmann die Strategie. Daher unterscheide man auch in den Tarifen nicht nach GPRS, UMTS oder HSDPA-Nutzung. E-Plus und O2 wollten keine Zahlen über UMTS-Kunden herausgeben.

Fragt man Experten, Carrier und Marktforscher, für welche Anwendung mobile Arbeiter UMTS am häufigsten verwenden, heißt es unisono: mobiles E-Mail inklusive Down- und Upload von Dateien. Auch für den sicheren Zugang zum Firmennetz und schnelles Surfen im Web wird es gern genutzt. “Es ist leider ziemlich langweilig, wenn es um Querschnitts-Applikationen geht, die in allen Branchen gleichermaßen relevant sind”, bringt es Gerpott auf den Punkt.

Vom Hype blieben Nischenanwendungen

Dass der mobile E-Mail-Verkehr die häufigste Anwendung für UMTS ist, bestätigt auch Ulrich Keuling von Tecon Terenci. Keuling sieht das Ganze noch aus einer anderen Perspektive: “Interessant sind die Business-Applikationen, die in der Organisationskette eines Unternehmens Prozesse verändern.” Dabei gehe es nicht nur darum, einen klassischen Prozess auf einem mobilen Endgerät verfügbar zu machen, sondern den Prozess selbst zu verändern. “Das funktioniert heute ansatzweise im Bereich Logistik und in der Vertriebs- und Außendienststeuerung”, so Keuling.

Als Beispiel nennt er eine Anwendung für einen Pflegedienstleister, bei dem das Personal mit einem PDA und Barcodeleser ausgestattet ist: Die Pflegekraft gibt direkt nach dem Besuch des Klienten die geleisteten Dienste in das mobile Gerät ein und übermittelt die Daten an die Zentrale. Andere Anbieter von Pflegeleistungen erledigen dies heute noch mit Zetteln.

Und was ist mit all den anderen Applikationen oder Diensten, die einmal für UMTS gehypt wurden? Fernsehen, Börsenhandel, Location Based Services, Tickets kaufen, Musik runterladen? Viele davon sieht Gerpott in der Nische – auch in fernerer Zukunft. Handy-Fernsehen wird zwar anlässlich der WM von den vier Carriern in einem Pilotprojekt erprobt, allerdings mittels der Funktechnik DVB-H. Denn eines ist klar, so Gerpott: “UMTS ist kein Rundfunknetz, sondern für die 1:1-Kommunikation ausgelegt.” Keuling ergänzt: Mit einem UMTS-Handy könne man nur fernsehen, wenn man sich in der Nähe einer Basisstation befinde und alleine oder mit maximal zwei weiteren Mobilfunkteilnehmern in einer Netzzelle eingebucht sei. Was in der Realität selten vorkommt. “Was mit Sicherheit kommen wird, ist TV auf dem Handy mit DVB-T, als Broadcasting-Dienst”, ist er überzeugt.