Informatiker können getrost auf Linux bauen

Der Arbeitsmarkt für Linux-Spezialisten wächst, darüber sind sich Fachleute einig. Auch gestandene Windows-Experten müssen sich mit den Grundlagen von Linux beschäftigen, um sich Höherem zuwenden zu können.

Seit gut zwei Jahren arbeitet der Freiberufler Peter Eckhardt an einem Großprojekt in Süddeutschland mit. “Wir installieren auf 1000 Servern Linux”, berichtet er. Mit ihm waren in Spitzenzeiten bis zu 50 weitere IT-Freiberufler am Aufbau einer neuen Internet-Plattform beschäftigt.

Eckardt kam über Gulp zum Auftrag. In dem Portal für IT-Projekte haben rund 60.000 IT-Experten ihr Profil hinterlegt, rund 300.000 Projektanfragen hat das Unternehmen bislang abgewickelt. Anfragen nach Linux-Fachleuten gehören heute zum Tagesgeschäft: in 7,5 Prozent aller Projektanfragen der vergangenen zwölf Monaten waren explizit Linux-Kenntnisse erwünscht.

Das Anfrageniveau scheint sich auf diesem Wert eingependelt zu haben. Eine Zu- oder Abnahme ist derzeit nicht zu verzeichnen. Linux-Stagnation also bei den Freiberuflern. Eckardt, studierter Informatiker und Betriebwirt, meint aber: “Noch hält sich die Konkurrenz am Arbeitsmarkt in Grenzen. Deshalb lässt es sich als Linux-Spezialist ganz gut leben.”

Nachfrage stabil oder stagnierend?

Er erwartet allerdings einen wachsenden Markt – an Linux-Installationen und damit zwangsläufig verbunden mit Linux-Experten. “Der Arbeitsmarkt im Open-Source-Umfeld wird an Bedeutung gewinnen, weil die Universitäten nicht genügend Absolventen liefern und die meisten Absolventen dann eher Windows-lastig sind”, prognostiziert er. Der 46-Jährige kommt aus dem Unix-Bereich, hat einen kurzen Ausflug in die Windows-Welt gewagt und sich ab Mitte der 90er Jahre mit Open-Source-Software beschäftigt. Als selbständiger IT-Consultant hat er sich heute auf Linux im Data-Center-Bereich spezialisiert, also Serverfarmen und Großinstallationen – und damit der Herkunft und Heimat von Linux.

“Der Desktop gehört Windows. Aber im professionellen Bereich von Servern, Datenbanken und Internet-Anwendungen ist Linux ganz stark vertreten”, weiß Jochen Günther vom Fraunhofer-Institut für Arbeitswirtschaft und Organisation (IAO). Er ist Projektleiter und Autor der Open-Source-Studie, die das Institut im November 2006 herausgegeben hat. Dazu hat das IAO 209 öffentliche Verwaltungen und Firmen nach ihren Einschätzungen zu quelloffener Software befragt.

Das in aller Kürze zusammengefasste Ergebnis: “Der Einsatz von Open Source Software führt zu teilweise erheblichen Einsparungen in der öffentlichen Verwaltung und in Unternehmen.” Womit gespart werden kann, dem gehört wohl die Zukunft. Günther zum Status Quo: “Zahlen, wonach der Nutzungsgrad von Open Source Software in Unternehmen bei 70 Prozent liegen soll, halte ich für zu hoch gegriffen, 40 Prozent für realistisch.”

Der Nachwuchs kann es schon

Der IAO-Mann ist sich nicht sicher, wieviel spezielles Know-how für Linux überhaupt notwendig ist. Bei der Implementierung sind seiner Ansicht nach die Soft-Skills entscheidend. Das hat eine offizielle Studie im Nachbarland Österreich gezeigt. Günther nennt deren wesentliche Erkenntnisse: “Im Open-Source-Umfeld arbeiten die Akteure in Communities zusammen, die Entwickler treffen sich an einem virtuellen Ort.” Deshalb müssten die Akteure auf eine besondere Art und Weise kommunikativ sein, die Spielregeln der Zusammenarbeit im Internet beherrschen, Gedanken über das Netz austauschen, und eine hohe Eigenmotivation aufweisen.

Um zu zeigen, wie sehr Linux-Spezialisten gefragt sein werden, nimmt er wiederum eine Studie als Basis für seine Aussage. Diese Untersuchung wurde von der Europäischen Union unter dem Titel ‘Wirtschaftliche Auswirkungen von Open Source’  herausgegeben. “Bis 2010 sollen ein Drittel aller IT-Dienstleistungen mit Open Source zu tun haben.” Glaubt man dieser Prognose, dann werden künftig deutlich mehr Linux-Spezialisten als heute gebraucht.