Löscher: “Die Führungskultur hat versagt”

Siemens-Chef Peter Löscher hat derzeit keine leichte Aufgabe. Dennoch kann er auf der Hauptversammlung auf ein erfolgreiches 2007 zurückblicken. Auch die Börse goutiert die guten Zahlen.

Diese entstammen nur zum Teil den Gewinnen aus dem Verkauf des Automobilzulieferers VDO. So habe, wie Löscher heute in München erklärte, Siemens auch das operative Geschäft weiter entwickeln können.

“Wir können und müssen uns hinsichtlich unserer wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit noch weiter verbessern”, so Löscher. Schließlich müsse sich das Unternehmen an die Veränderungen im wirtschaftlichen Umfeld anpassen. Er wolle daher das Unternehmen auch künftig weiterentwickeln. Dies werde aber nicht in einer Revolution, sondern eher in einer Evolution vor sich gehen.

Neben den guten Zahlen war vor allem die nach wie vor schwelende Schmiergeldaffäre Thema auf der Hauptversammlung. “Ich vertraue meinem Vorstand”, erklärte der Siemens-Chef im Vorfeld der Hauptversammlung. Dennoch empfahl der Aufsichtsrat, bis zur weiteren Aufklärung der Schmiergeldaffäre, die Entlastung der Vorstände, die im zurückliegenden Geschäftsjahr noch ihre Ämter versahen, zu verschieben.

So hatten Anteilseigner angekündigt, Vorständen wie Klaus Kleinfeld, der bis zum 30. Juni 2007 der Chef des Siemens-Vorstands war, die Entlastung zu verweigern. Auch Heinrich von Pierer wäre davon betroffen, der wie kaum ein anderer für Siemens steht, und der aber auch zu den Vorwürfen wie kaum ein anderer beharrlich schweigt.

Löscher, der seine Ämter erst nach Bekanntwerden der Affäre antrat, ist hingegen von dieser Ankündigung der Aktionäre ausgenommen. Derzeit steht aber eine Entscheidung in dieser Frage noch aus.

Dennoch fand Löscher, vor dem nun die Aufgabe liegt, das Image des Konzerns wieder herzustellen, heute harsche Worte für die Verantwortlichen der Schmiergeldaffäre. “Die Führungskultur des Unternehms hat versagt”, kritisierte er. Die Schmiergeldaffäre habe das Unternehmen in eine der schwersten Krisen der letzten Jahrzehnte gestürzt. Weltweit drohen dem Konzern Strafzahlungen wegen Korruption.

Die könnten gegebenenfalls nicht ganz so schlimm ausfallen wie teilweise befürchtet. So bewerten die Börsenaufsicht SEC und das US-Justizministerium die Aufräumarbeiten bei Siemens offenbar positiv. Aufsichtsratschef Gerhard Cromme erklärte auf der Hauptversammlung, dass die US-Behörden zu Gesprächen über einen “umfassenden und fairen Vergleich” bereit seien.

Zeitweise wurden Spekulationen laut, dass der Konzern nicht wie ‘schlimmstenfalls’ befürchtet 1 Milliarde Dollar, sondern bis zu 4 Milliarden Dollar Strafe an die USA überweisen könnte. Sogar ein Ausschluss von öffentlichen Ausschreibungen in den USA wurde kolportiert, was dem Konzern vielleicht sogar noch teurer gekommen wäre als die 4 Milliarden.

Rund 1,5 Milliarden Euro hat dem Konzern die Korruptionsaffäre laut eigenen Einschätzungen bislang gekostet. Diese Zahl wird sich jedoch aufgrund von Strafzahlungen und weiteren Kosten sicherlich noch erhöhen.

Zeitungsberichten, die neue schwarze Kassen in der Sparte für Medizintechnik ausmachten, widersprach Löscher hingegen. Die verdächtigen Zahlungen in Höhe von 140 Millionen Euro, seien bereits bekannt und überprüft worden.

Siemens bleibt also bei der Summe von etwa 1,3 Milliarden Euro, die als Beraterentgelte oder Barauszahlungen ausgewiesen wurden. Seit Oktober 1999 sollen diese Zahlungen aber in das System der schwarzer Kassen umgeleitet worden sein. “Es gibt keine zusätzlichen Erkenntnisse über weitere Zahlungen”, ergänzte der Finanzvorstand Joe Kaeser.