Netzwerküberwachung: Nervensystem als Vorbild

Wissenschaftler mehrerer Fraunhofer-Institute forschen an elektronischen Überwachungsnetzwerken, die einem Nervensystem ähneln. Die Idee wird ‘Structural Health Monitoring’ (SHM) genannt und hat das Ziel, kleine strukturelle Defekte früh zu erkennen, um großen Schäden vorbeugen zu können.

SHM ist speziell für den Einsatz bei kritischen und schwer zugänglichen Strukturen gedacht, wie etwa im Luftfahrtbereich, bei Pipelines oder an Windkraftanlagen. Dabei gibt es mehrere technologische Ansätze, die einander langfristig ergänzen sollen.

Vorbild für SHM ist das Nervensystem der menschlichen Haut, wo Rezeptoren laufend wichtige Informationen über den Zustand dieser Außenhülle sammeln. Analog dazu lautet das Ziel, mit einem technischen System den Zustand technischer Strukturen zu überwachen. “Bei Hagelschlag ist ein Schaden oberflächlich nicht immer unbedingt zu sehen”, sagte Martin Lehmann vom Fraunhofer-Institut für Betriebsfestigkeit und Systemzuverlässigkeit (LBF). Derartige innere Schäden können mit SHM-Systemen gefunden werden.

Ein Ansatz nutzt Elemente aus Piezo-Fasern, um Strukturen mithilfe von Ultraschall zu analysieren. Schon vier Elemente genügen dazu. Eines dient als Sender, während die anderen drei Daten empfangen. Damit können etwaige Schäden lokalisiert werden. Die Anwendung dieses Systems wird unter Mitarbeit des Fraunhofer-Instituts für Silicatforschung (ISC) vorangetrieben – etwa für Windkraftanlagen. Ebenfalls möglich sind faseroptische Dehnungssensoren, wie sie am Fraunhofer LBF für Flugzeuge verwendet werden. “Wir wollen verschiedene Sensortypen kombinieren”, so Lehman. Damit könnten SHM-Systeme praktisch mehrere Sinne haben.

“Die Sensoren können in Faserverbundwerkstoffe integriert werden”, erklärte Lehmann. Allerdings seien entsprechende Fertigungsprozesse im industriellen Maßstab noch eine Herausforderung. Sowohl die Integration als auch die Tatsache, dass ein Sensor selbst eine Art Fehlstelle darstelle, begründeten weiteren Forschungsbedarf. Auch andere Fragen, wie etwa die optimale Positionierung von Sensoren, seien von großer Bedeutung. Hier würden unter anderem Simulationen des Fraunhofer-Instituts für zerstörungsfreie Prüfverfahren in Dresden wertvolle Informationen liefern. Erfolge gebe es im Bereich der Miniaturisierung. “Die Elektronik ist sehr kompakt geworden”, meinte Lehmann. Das Auswertungsmodul für das Piezo-System etwa habe weniger als drei Zentimeter Seitenlänge.

“Wir wollen mit unserem System die bisherigen Checks ergänzen”, sagte Bernhard Brunner vom Fraunhofer ISC. Langfristig halten es die Forscher aber für möglich, dass SHM-Systeme einer kontinuierlichen Überwachung dienen und auch eine zustandsabhängige Wartung ermöglichen können. Das verspreche mehr Sicherheit etwa im Bereich von Off-Shore-Windanlagen und auch mehr Kosteneffizienz in der Instandhaltung, hieß es.

Bei der Hannover Messe vom 21. bis 25. April wird ein Demonstrator für die Überwachung an Windkraftanlagen mit Piezo-Elementen gezeigt. Bei der Aerospace Testing, Design & Manufacturing vom 15. bis 17. April in München wird der aktuelle Forschungsstand präsentiert.