“Deutsche Programmierer sind wie russische Autos”

Eugene Kaspersky, CEO des russischen Anti-Viren-Herstellers Kaspersky Lab, spricht über die Unterschiede zwischen deutschen und russischen Programmierern, das Image Russlands und die Pläne des Unternehmens.

silicon.de: Einige Beobachter sehen in Russland keine Demokratie nach westlichen Standards, sondern einen eher “autoritär demokratischen Staat”. Hat das Image Russlands einen Einfluss auf Ihr internationales Geschäft?

Eugene Kaspersky: Wenn Sie die heutigen westlichen Demokratien betrachten, sehen Sie, dass es sich oft um ehemalige Teile des Römischen Reiches handelt. Das heißt, in diesen Ländern gibt es seit mehr als Tausend Jahren Erfahrungen mit demokratischen Institutionen. Im Vergleich dazu hat Russland eine viel kürzere Staatsgeschichte – das Land ist gerade erst auf dem Weg zur Demokratie.

Beeinflusst die Situation nun unser Geschäft? Vor 10 bis 15 Jahren haben wir noch Misstrauen gespürt, weil wir ein russisches Software-Unternehmen sind. Das hat sich aber geändert. Wir sind bekannt und anerkannt. Zudem wird Russland immer mehr als Land wahrgenommen, das sich öffnet. Und die russischen Programmierer haben einen sehr guten Ruf.

silicon.de: Können die russischen Programmierer denn etwas besser als die deutschen Programmierer? Ist die Ausbildung unterschiedlich?

Eugene Kaspersky: Die Ausbildungen kann ich nicht vergleichen – dazu weiß ich zu wenig über die deutsche Ausbildung. Wenn Sie aber in Google nach ‘Russian software developers’ und ‘German software developers’ suchen, werden Sie sehen, dass die erste Suche viel mehr Resultate bringt. Um ehrlich zu sein: für mich ist ‘German software developer’ mehr oder weniger das Gleiche wie ‘a Russian car’ (lacht). Jedes Land ist nun einmal in verschiedenen Bereichen gut.

Russische Programmierer sind meiner Meinung nach im Coding nicht so stark – dafür aber in der Systemanalyse und in der Suche nach optimalen Lösungen. Das heißt, für einfache, gut dokumentierte Aufgaben sind chinesische oder indische Programmierer am besten geeignet. Wenn es aber um die Forschung und Optimierung geht, sind russische Programmierer die erste Wahl.

Das sehen Sie auch daran, dass viele russische Offshore-Programming-Firmen teurer sind als die chinesische und die indische Konkurrenz. Das liegt daran, dass die Russen die High-End-Aufgaben übernehmen, die für die Chinesen oder die Inder zu komplex sind.

silicon.de: Wie wichtig ist der deutsche Markt für Kaspersky Lab?

Eugene Kaspersky: Wir verkaufen in den deutschsprachigen Ländern derzeit am meisten – deshalb ist dieser Markt für uns am wichtigsten. Seit dem vergangenen Jahr sind wir Marktführer im deutschen Markt für Anti-Viren-Software für Privatanwender und tun alles, um diese Position auszubauen.

Auch im Bereich B2B können wir mehr und mehr Kunden gewinnen, darunter große Firmen wie die Deutsche Bahn. Für kleine und mittelständische Unternehmen bieten wir jetzt spezielle Produkte an – zum Beispiel eine Software, die Netzwerke ab einem Server und fünf Workstations sichert.

silicon.de: Kaspersky Lab behauptet, der weltweit am schnellsten wachsende Hersteller von Sicherheitssoftware zu sein. Der Umsatz lag 2006 bei 85,3 Millionen Euro. Wie waren die Zahlen 2007?

Eugene Kaspersky: Die absoluten Zahlen werden wir Ende Mai veröffentlichen. Bislang zeichnet sich ab, dass wir im Vergleich zum Vorjahr mehr als 100 Prozent gewachsen sind. Weltweit haben wir mittlerweile über 900 Mitarbeiter.

silicon.de: Was ist das langfristige Unternehmensziel?

Eugene Kaspersky: Da kann ich mich ganz kurz fassen. Langfristig wollen wir die Nummer eins in der Anti-Viren-Industrie werden.

silicon.de: Wann gehen Sie an die Börse?

Eugene Kaspersky: Im Moment beobachten wir den Markt und bereiten das Unternehmen für einen Börsengang vor. Genaue Pläne gibt es aber noch nicht. Wir verfügen auch ohne Börsengang über genug Mittel, so dass wir es nicht eilig haben. Mittelfristig könnten wir an die Börse gehen – das wird uns helfen, mehr große Firmen als Kunden zu gewinnen.