Bitte möglichst billig – die Tricks der Arbeitgeber

In Zeiten des Fachkräftemangels ist es kein Wunder, dass freiberufliche IT-Experten wieder höhere Stundensätze verlangen. Doch können sie diese beim Auftraggeber auch durchsetzen? Nicht unbedingt, wie unsere Recherchen gezeigt haben.

“Grundsätzlich ist der Preis maßgeblich bei den Verhandlungen. Wenn das Profil zu 100 Prozent passt aber der Preis zu hoch ist, wird nach einem günstigeren Angebot geschaut.” Alexander Ulrich von der Online-Personalagentur Gulp steht diesem Grundprinzip vieler Auftraggeber kritisch gegenüber. “Wenn sie für die guten Leute nicht die hohen Preise bezahlen, bekommen sie am Ende schlechter qualifiziertes Personal”, sagte er im Gespräch mit silicon.de.

Tatsächlich klaffen die Vorstellungen von Freelancern und Auftraggebern offenbar gewaltig auseinander. So bevorzugt nach einer aktuellen Gulp-Analyse zwar die große Mehrheit der Freiberufler und der Projektanbieter die Bezahlung nach Aufwand – doch spricht sich inzwischen jeder fünfte Auftraggeber für Festpreise aus. Neben einer rechtlich sicheren Grundlage für Compliance-Themen, gibt es ohne Zweifel noch einen anderen Grund für diesen Wunsch: Angesichts der steigenden Stundensätze erhoffen sich die Auftraggeber von Festpreisprojekten eine sichere Kalkulationsgrundlage.

Mit 41 Prozent sind nämlich aktuell so viele Projektanbieter wie noch nie der Meinung, dass Freiberufler zu viel verdienen. Der von Gulp errechnete Durchschnitt liegt bei 71 Euro – dreistellige Forderungen sind keine Seltenheit mehr. Dabei sind rund 80 Prozent der Freelancer überzeugt, dass sie mit ihren Stundensatzforderungen eher zu niedrig oder meist richtig liegen. Nur die Hälfte der Projektanbieter ist derselben Meinung.

“Die Einkäufer müssen wegkommen von dieser Preis-Geschichte und mehr auf Qualität gehen”, sagt dazu Ulrich. Als negatives Beispiel nennt er die Automotive-Branche – die bei den gezahlten Stundensätzen fast schon traditionell das Schlusslicht bildet. “Aus Gründen der Sparsamkeit werden hier häufig niedrig qualifizierte IT-Freelancer eingekauft, dadurch entstehen nicht selten Qualitätsprobleme, die dann wieder für teures Geld nachgebessert werden müssen.”