Haltet den Datendieb!

Ein Jubiläumsjahr geht zuende: Seit einem Vierteljahrhundert existiert das Recht auf “informationelle Selbstbestimmung”. Ein recht verquaster Ausdruck ist das, einer aus der Theorie halt.

Ihm sei an dieser Stelle alles Gute für seinen Ruhestand gewünscht: beschauliche Tage in der Toskana, viele Flaschen guten italienischen Rotweins, alles, was er will. Hauptsache man hört nichts mehr von ihm.

Mai: Es wird publik, dass die Telekom Telefonate von Journalisten ausgeforscht hat. Das Monitoring scheint also zu klappen. Wenn es jetzt noch die Sache mit den Telekommunikationsdienstleistungen auf die Reihe bekäme, dann könnte aus dem Unternehmen noch etwas werden. – Dies ist aber eher unwahrscheinlich.

Juni: Vor zwei Jahren hat der Mainzer Erotik-Unternehmer Tobias Huch nach eigenen Angaben 17 Millionen Datensätze über T-Mobile-Kunden von einem Händler gekauft. Heuer habe er die Bundesjustizministerin darüber informiert. Ein wegen des Datenklaus eingeleitetes Ermittlungsverfahren wird Mitte dieses Jahres eingestellt.

Auch der Sicherheitsbeauftragte der Telekom habe einmal bei Huch angerufen. Danach allerdings sei nichts mehr geschehen.

Einen Glossenschreiber stellen solche Meldungen immer wieder vor existenzielle Probleme: Wie um alles in der Welt soll man sowas satirisch überhöhen?

Juli: Zu Beginn der Tour de France zeigt Google erstmalig Nahaufnahmen aus Europa. Für das Projekt Streetview wurde der gesamte Streckenverlauf geknipst. Wie weit die Fotografierarbeiten in der rot beleuchteten Amsterdamer Altstadt, am Pariser Place Pigalle, in der Hamburger Herbertstraße und an anderen Orten gediehen sind, an denen mancher seinen Nachbarn gerne einmal hählinge beobachten würde, ist hingegen nicht bekannt.

August: Einer aus der Branche geht an die Öffentlichkeit, CCA72, der 1972 geborene Call-Center-Agent Detlef Tiegel. Sein Job war es, mit Lottowerbung geklaute Daten zu Geld zu machen.

Das schmutzige Geschäft bringt Millionen, allerdings nicht für Leute wie Tiegel. Der bekam fürs Telefonieren gerade mal 7,70 Euro die Stunde. Politiker machen sich derweil Gedanken, wie man den Niedriglohnsektor weiter ausbauen könnte.

September: Selbst Unterhosen zu kaufen, ist hierzulande ohne englische Vokabelkenntnisse schwierig. Stammen sie etwa aus dem Fabrikverkauf (richtig: Outlet) im schwäbischen Hechingen, so muss zwischen “brief”, lendenschurzartig, und “trunk”, sackähnlich, unterschieden werden. “Satisfaction guaranteed” steht auf der Packung, was sich einem allerdings auch nach ausgiebiger Konsultation des “Advanced Learner’s Dictionary of Current English” nicht erschließt.