Bedroht der IBM-Sun-Deal die Open Source-Welt?

IBM und Sun haben sich um Open Source verdient gemacht – jeder auf seine Weise und nicht immer reibungsfrei. Nun werden sie wohl eins. Welche Auswirkungen hat das auf die Community? Wird die Politik nun gradliniger? Ludger Schmitz hat deutsche Szenegrößen befragt.

Ein weiteres Fragezeichen hängt über der Open-Source-Datenbank MySQL. Fürchtet IBM, sie könne das DB2-Geschäft kannibalisieren? Dann droht ihr Vernachlässigung – und wir werden bald erleben, dass frustrierte Entwickler einen Fork herausbringen. Oder wird Big Blue MySQL als quelloffenes Einstiegsangebot unter DB2 positionieren? Mit dieser Ausrichtung tun sich große Konzerne mit einem profitträchtigen proprietären Parallelprodukt – sowie entsprechend einflussreichen Abteilungen und Managern – üblicherweise schwer. “Die werden das schon auf die Reihe bringen”, meint Open-Xchange-Chef Laguna, und der Grund könnte in einem Branchentrend liegen: Cloud Computing.

MySQL spielt in der erst kürzlich angekündigten “Sun Cloud” neben Apache, Java und Linux eine entscheidende Rolle. Open-Source-Produkte allesamt, und es ist zu Insidern durchgesickert, dass für dieses Angebot Sun-intern auch der Begriff “Open Cloud” im Gespräch war. Dazu hätte aber noch einiges mehr an Open-Source-Produkten gehört, und das Ganze hätte wiederum selbst Open Source sein sowie mit offenen Datenformaten arbeiten müssen. Für die Virtualisierung hätte es einer engen Kooperation mit Citrix-Xensource bedurft. Vor allem aber musste Sun in Sachen Cloud-Management, -Storage-Hypervisor und -Security passen.

Unter dem Dach von IBM wird die Cloud-Strategie sich vorerst auch wohl kaum in Richtung Open Source bewegen. Zwar käme die Entwicklungsumgebung Eclipse diesem Konzept zugute. Aber in Sachen Management und Storage wäre die neue WG Tivoli-Veritas zunächst wohl vor allem mit sich selbst beschäftigt. In puncto Cloud-Security, für die umworbenen Anwender der Knackpunkt, stehen ohnehin alle Anbieter nackt da. Es bleibt zunächst nur die Perspektive eines proprietären Cloud-Angebots mit vielen Open-Source-Elementen. Hinsichtlich einer Open Cloud ist das Fazit von Laguna aber pessimistisch: “Hier erwarte ich von IBM wenig, und ich finde den IBM-Sun-Deal eher hinderlich. Denn Sun ist kulturell besser geeignet, das Thema anzugehen.”

Trotz einiger fraglicher Aspekte stimmen alle Befragten darin überein, dass die Folgen der IBM-Sun-Ehe für Open Source insgesamt deutlich positiv seien. Der OSBF-Vorsitzende Seibt fasst es so zusammen: “Aus Open-Source-Sicht betrachte ich den Deal als außerordentlich positiv. Denn die Elemente, die eine Sun einbringt, die immer von Hardware-Interessen belastet war, werden mit einer schon lange stark auf Software und Services orientierten IBM überhaupt erst zur Wirkung kommen.”

Ludger Schmitz ist freier Journalist in München.