Oracle verpasst IBM einen Seitenhieb

Am 20. August bewilligte das US-amerikanische Justizministerium die Akquisition von Sun Microsystems durch Oracle für die Summe von 7,4 Milliarden Dollar. Prompt verpasste Oracle IBM einen Seitenhieb und lancierte am 26. August eine strategisch platzierte Anzeige im Wall Street Journal.

Wer gedacht hatte, dass Oracle bei der Sun-Akquisition vor sich hin geschlafen hat, wurde nun eines Besseren belehrt. Die Oracle-Anzeige auf dem Titelblatt des Wall Street Journal besagte: “Gemeinsam sind Oracle und Sun kaum zu schlagen. Fragen Sie doch einfach IBM. Deren schnellster Server hat zwar eine Leistung von imposanten sechs Millionen TPC-C Transaktionen pro Minute, doch am 14. Oktober auf der Oracle OpenWorld machen wir Benchmark-Zahlen publik, die beweisen, dass selbst eine IBM DB2 auf IBMs schnellster Hardware nicht mit der Geschwindigkeit und Leistung der Oracle Datenbank auf Sun-Systemen mithalten kann. Am 14. Oktober zeigen wir, dass Oracle auf Sun Hardware und Sun SPARC setzt.”

Damit tat der Softwareriese nicht nur seine Absichten kund, sondern gab auch eine Antwort auf die Frage, was er in der Zeit der Ruhe vor dem Sturm wirklich ausgebrütet hat. Selbst auf der kürzlich stattgefundenen Partnerveranstaltung von Sun, die von Avnet Technology Solutions veranstaltet wurde, äußerte sich Oracle nicht zur Sun-Akquisition. In den Executive-Präsentationen von Sun, die anlässlich dieses für die Sun-Partner so wichtigen Events gehalten wurden, wurde nur nochmals wiedergegeben, was bereits durch die weit verbreitete und öffentlich verfügbare FAQ-Liste bekannt war – die Sun-Partner mussten sich nach wie vor fragen, welche Richtung Oracle einschlagen würde und wo sie dabei bleiben würden.

Gleichzeitig wurden viele Spekulationen darüber angestellt, was Oracle denn nun eigentlich mit Sun vorhabe. Sollte das Unternehmen zerschlagen und die einzelnen Teile des Hardware-Geschäfts verkauft werden? Würden die Sun Vertriebspartner dabei gut wegkommen? Derzeit brodelt die Gerüchteküche hinsichtlich dieser beiden wichtigen Fragen. Dabei zeigt die Anzeige, dass die Firma Oracle ganz genau weiß, was sie tut. Man sollte nicht einen Moment daran zweifeln, dass das Unternehmen alles sehr sorgfältig auf den Prüfstand stellt und versucht, sich so schnell wie möglich in das Hardwaregeschäft im Allgemeinen und das Sun-Geschäft im Besonderen einzuarbeiten, beides ist stark auf entsprechende Vertriebspartner angewiesen.

Die Anzeige wurde ganz bewusst in einer der strategisch wichtigsten und kompetentesten Wirtschaftszeitungen geschaltet und soll den Bestandskunden von Sun eine ganz klare Botschaft vermitteln: Wir sind für euch da, wir bieten euch Software- und Hardwarelösungen, die der Konkurrenz voraus sind und genau das wollen wir auf der Oracle OpenWorld beweisen. Dieses Vorgehen könnte sogar ein Hinweis auf den zukünftigen modus operandi von Oracle sein: sehr bewusst und überlegt vorgehen und erst dann den Mund aufmachen, wenn alles klar ist – dann aber mit lautem Gebrüll. In diesem Fall bleibt uns nur noch zu sagen: Na gut, dann ist das Spiel hiermit eröffnet!