Die IT holt der Teufel. Und uns auch.

Zum Augenblick dürft ich sagen: Verweile doch, du bist so schön! Weihnachts- und Skiurlaub sind vorbei und es schneit. Nicht nur Schneeflocken, sondern auch Pressemitteilungen. Was war wichtig?

Die Zustimmung der EU-Kartellbehörde zur Sun-Übernahme durch Oracle – längst abgehakt, nicht wahr? Auch die Meldungen zum europäischen Datenschutztag dürfen weiter im Postfach modern, bis der Hautgout des Denunziationskriegs zwischen anonymen Internet-Mob, datengierigen Wolkenkonzernen und sicherheitsbesessenen Behörden verflogen ist.

Ansonsten reden alle vom Weltwirtschaftsforum in Davos, wo gierige Banker und ihre reiche Klientel übermütige Politiker an die Kandare nehmen. Dass – anders als früher – die Informationstechnik nicht einmal erwähnt wird, belegt nur, dass man sich in diesen Kreisen von der ITK nichts mehr für die Rettung von Welt und Wirtschaft erwartet. Eigentlich warteten alle auf etwas anderes: Besetzt Apple mit dem iPad einen bislang nicht existenten Markt für digitale Schiefertafeln (engl. Slate)?

Davon später, denn diese Woche durfte der Autor einer frei vorgetragenen Laudatio des ehemaligen CSU-Kultusministers Thomas Goppel für einen Bildhauer (Ingo Glass) lauschen. Erwähnenswert ist diese Ansprache nicht, weil sie zeigt, dass ein Ex-Minister auch ohne Referent zu denken und sprechen vermag; auch nicht, weil in ihr Kunstverstand aufleuchtet. Vor allem deckte er auf, dass die publizistische Konkurrenz im Kunstbereich unter ähnlichen Arbeitsweisen leidet, wie viele IT-Magazine. Thomas Goppel: “Sehen Sie sich den Artikel in dieser Kunstzeitschrift an, in der schon steht, was jetzt hier geschieht – wie die Zeitschriften heute so sind. Sie schreiben 14 Tage vorher, wie es sein wird und interessieren sich acht Tage danach nicht mehr, wie es wirklich war. Alle sind sie weit weg vom Punkt des Erlebens. Künstler, die einst die Veränderung vorantrieben, haben heute die Aufgabe übernommen, den Augenblick zu wahren.”

Diese Weisheit mag dem geneigten Leser zur Kontemplation dienen sowie die Erkenntnis nähren, dass bei einem CSUler jeder Gedanke im Konservatismus mündet. Aber ich will keine Wahlwerbung betreiben – zumal Goppel in NRW gar nicht antritt. Vielmehr tröstet das Erlebnis darüber hinweg, dass mich diese Woche schon wieder die Zukunft eingefangen hat (vergleiche: Wolkige Feiertags-Exkurse in der Geisterbahn). In München, Hamburg und wer weiß wo noch wurde in so genannten Preview-Events die Hannoveraner CeBIT vorweggenommen – damit ich jetzt darüber schreibe, dann erst gar nicht hinfahren muss und die weltgrößte ITK-Veranstaltung letztlich rasch wieder vergessen darf.

So wird es auch in diesem Jahr wieder Gaming-Weltmeisterschaften auf dem CeBIT-Gelände geben, die Bankenhalle wird der Tradition gemäß weitgehend ignoriert, die Gesundheitstechniker verkündigen auf ihrem Kongress zum dritten Mal den Durchbruch am hiesigen Markt und die ERP-Hersteller finden sich wieder fast vollständig zum Klassentreffen ein. Dort diskutieren sie dann, warum die Blizzard-Ski dank SoftMs Seminaris besonders schnell gleiten. Oder sie besuchen die in Hannover integrierte Hausmesse ihres angeberischen Klassenprimus SAP. Dort können sie sich grinsend an den Luxusleiden des Walldorfer Managements ergötzen, wenn sie erklären, wie die guten Absichten ihrer Preisgestaltung missverstanden wurden, eine Erhöhung zu ungunsten der Kunden nie geplant war und das jetzige System selbstverständlich kein Einknicken bedeute, sondern die konsequente Fortführung der immer schon geübten Firmenpolitik, auch ungewöhnliche Kundenwünsche zu erfüllen.