Doppik: Stille Revolution bei Städten und Gemeinden

In einem Gastbeitrag erläutert Frank Zipfel, Analyst bei Deutsche Bank Research, die Grundzüge und vor allem die Vorzüge der neuen Buchführung. Aber auch welche Herausforderungen für die IT-Verantwortlichen sich durch die neue Buchführung ergeben.

Auf Gemeinde- und Städteebene vollzieht sich eine stille Revolution. Was im 19. Jahrhundert mit der Kameralistik als langjähriger Standard etabliert wurde, wird in absehbarer Zeit durch die Einführung der so genannten Doppik – das heißt der Doppelten Buchführung – völlig neu aufgestellt werden: Die Darstellung und Erfassung der öffentlichen Finanzen, also der Einnahmen und Ausgaben einer Kommune.

Wo liegen die Unterschiede zwischen den beiden Systemen? Während sich die Kameralistik vor allem auf die Ausgaben und Einnahmen eines Jahres konzentriert (so wie es zunächst im Prinzip auch durch das Budgetrecht des Parlamentes vorgeben ist), kommt es im Rahmen der Doppik auf die Änderung des Vermögensbestandes einer Periode an. Dadurch wird einerseits der Werteverzehr – zum Beispiel eine vernachlässigte Infrastruktur – und andererseits zukünftige Ausgabeverpflichtungen – zum Beispiel Pensionslasten – besser berücksichtigt. Für einen Überschuss in einem Jahr reicht es dann nicht mehr aus, lediglich den Zahlungsstrom, das heißt den Abfluss von Geld, zu betrachten. Vielmehr sollte auch der Ressourcenverbrauch und damit nicht unmittelbar liquiditätswirksame Komponenten berücksichtigt werden.

Die Doppik schafft mehr Raum für wirtschaftlicheres Denken bei der Bereitstellung von öffentlichen Dienstleistungen – selbst wenn bereits seit Mitte der 70er Jahre Elemente wie kalkulatorische Abschreibungen Eingang in die Haushaltsrechnung gefunden haben. Zu wissen, was eine einzelne Leistung wirklich kostet, macht auch den Vergleich zwischen Gemeinden leichter. Das hilft zu beurteilen, wer besser wirtschaftet – das heißt, wer mit begrenzten Ressourcen effizient und verantwortungsvoll umgeht und dabei ein möglichst optimales Leistungsangebot zur Verfügung stellt. Dass hierfür ein Bedarf besteht, zeigen regelmäßig Berichte der Landesrechnungshöfe auf. Ziele und Kennzahlen sind in der Praxis übrigens bereits durchaus vorhanden (zum Beispiel in der Gemeindeordnung Nordrhein-Westfalens).

Ein Schuh wird jedoch daraus, wenn die Doppik mit einem funktionierenden Kosten- und Leistungsrechnungssystem, das heißt einem Steuerungsmodell, verbunden wird. Erst dann wird es besser möglich sein, Kosten und Nutzen von Maßnahmen bereits im Vorfeld auch aktiv zu steuern. Dieser Schritt ist jedoch schwieriger als das reine Umstellen von Kameralistik auf Doppik und erfordert noch größeres Umdenken. Große Kommunen haben längst begonnen, moderne ERP-Software (Enterprise Resource Planning) zu implementieren, um eine aktive Steuerung in der Praxis umsetzen zu können. Letztlich können alle profitieren – Verwaltung, Bürger und Unternehmen. Innerhalb der Verwaltung kann die eigene Leistung besser bewertet werden und Bürger und Unternehmen werden mehr Möglichkeiten zur externen Kontrolle des Finanzgebarens eröffnet.