Zeitbombe: Nörgelnde Nutzer gefährden sich selbst

Löscht ein Mitarbeiter Daten wie etwa Termine, kann das eine fristlose Kündigung rechtfertigen.

In den USA sorgen Klagen gegen Privatanwender, die sich auf Facebook und Co negativ über ein Unternehmen geäußert haben, für Schlagzeilen. Das ist nur auf den ersten Blick weit weg, denn in Deutschland ist die Gefahr, wegen eines Kommentars im Netz verklagt zu werden, sogar noch größer!

“Hierzulande wird das Problem auch dadurch verschärft, dass es keine ‘Freedom of Speech’ gibt, wie die USA sie kennen”, sagt Rechtsanwalt Dr. Martin Bahr im Gespräch mit silicon.de. “Hier wird stärker zwischen ‘Tatsache’ und ‘Meinung’ unterschieden. Im Zweifel wird einen Äußerung als unerlaubte Tatsache eingestuft, anstatt als Meinungsäußerung.”

Ebenfalls eine speziell deutsche Erfindung ist der ‘fliegende Gerichtsstand’. Das heißt, bei Internetdelikten kann sich der Kläger aussuchen, bei welchem Landgericht er Klage einreicht. Wer die entsprechenden Fälle verfolgt, wird feststellen, dass sie meistens vor den Landgerichten in Berlin und Hamburg verhandelt werden. Das ist kein Zufall – beide sind als meinungskritisch bekannt, sagt Rechtsanwalt Bahr. Das wissen auch diejenigen, die sich im Internet ungerecht kommentiert fühlen und dagegen Klage einreichen.

Wirklich brisant wird die Situation aber durch die so genannte Mitstörerhaftung. ” Es haftet also nicht nur derjenige, der den Kommentar geschrieben hat, sondern auch der Betreiber der Plattform. Sehr problematisch ist das vor allem für Blog- und Foren-Betreiber”, so Rechtsanwalt Bahr.

Wohin das führen kann zeigt besonders deutlich der Fall des Grimme-Preisträgers Stefan Niggemeier. Das Urteil des Landgerichts Hamburg gegen ihn stammt zwar aus dem Jahr 2007 ist aber bis heute aktuell. Ein Unbekannter hatte damals einen unzulässigen Kommentar über die Firma Callactive als Kommentar an einen Artikel in Niggemeiers Medienblog angehängt. Sobald der Blogger dies entdeckte – einige Stunden später – hatte er den Kommentar entfernt. Dem Landgericht Hamburg war das nicht genug. Niggemeier hätte den Kommentar vorab kontrollieren müssen.