ARMs langer Weg vom Handy auf den Server

Intel will auf Smartphones und Tablets. ARM hingegen geht den anderen Weg: Mobilchips sollen eines Tages auch Server antreiben. Aber hat der britische Chip-Designer auch nur den Hauch einer Chance?

Noch im vergangenen Frühjahr experimentierte ARM mit kleineren ARM-Clustern und betrieb auf einem dieser Cluster die Webseite des Projektes Linux on ARM. Eine Spielerei war es, mehr nicht. Man sei noch Jahre von einem marktfähigen Design entfernt. Innerhalb weniger Monate aber scheint das Unternehmen dem Projekt, ARM auch auf den Server zu heben, ein großes Stück näher gekommen zu sein, wie sich mit den frisch vorgestellten Cortex-A15 CPUs zeigt.

ARM hat gegenüber Intel und der x86-Welt einen entscheidenden Vorteil. Seit jeher steht bei der Entwicklung der Stromverbrauch vor der Leistungsfähigkeit. Auch wenn Intel inzwischen Chips mit niedrigem Verbrauch auf den Markt bringt, haben ARM-Designs beim Verbrauch nach wie vor die Nase vorn. Ein ARM-Tablet mit Cortex A9, dem derzeit aktuellsten ‘produktiven’ Modell, braucht heute den Vergleich mit einem Intel-Atom-Netbook nicht mehr scheuen, verspricht jedoch deutlich längere Akku-Laufzeiten.

ARMs brandneues Design. Erste Hersteller arbeiten bereits an CPUs, die sich deutlich besser als bisher für den Einsatz in Servern eignen. Quelle: ARM
ARMs brandneues Design. Erste Hersteller arbeiten bereits an CPUs, die sich deutlich besser als bisher für den Einsatz in Servern eignen. Quelle: ARM

Energieeffizienz ist aber auch im Serverraum ein wichtiges Thema. Und mit den neuen ARM-CPUs ließe sich der Stromverbrauch eines PCs von 100 Watt auf einen Wert zwischen 40 und 30 Watt reduzieren. Die neuesten ARM-Modelle scheinen in der Lage zu sein mit einem Stromverbrauch von etwa 2 Watt – sofern man mehrere zu einem Cluster zusammenfasst – theoretisch jeden Workload abarbeiten zu können.

Mit der Cortex A15 geht ARM den Weg in Richtung Server noch weiter. Aber “reicht eine Low-Power-CPU alleine schon aus?”, fragt Forrester Analyst Richard Fichera in einem Blog. In einem Rechner verbraucht die CPU rund ein Drittel der Energie. Also die CPU alleine macht noch keinen sparsamen Rechner. Dennoch erlaubt die ARM-Architektur auch Einsparungen bei Ventilatoren oder Kühlkörpern. So sind kleinere und leichtere Modelle möglich. Vorteile eben, die wir auch in der mobilen Welt schätzen.

Dennoch gehört noch mehr dazu und es ist ja schließlich nicht ARM alleine, das diese Architektur lediglich lizenziert. Andere Hersteller wie etwa Freescale können sich die Architektur zu Nutze machen und mit eigenen Entwicklungen erweitern. Apple liefert dafür mit der Eigenentwicklung für das iPhone ein gutes Beispiel. Spezielle Acceleratoren oder Grafik-Engines können die Leistung einer solchen CPU noch weiter steigern.

Da könnten natürlich auch Hersteller dem Beispiel von SeaMicro folgen, das eine Intel Atom-CPU für einen kleinen Server aufbereitet hat, die hier noch 4 Watt pro Core verbraucht. Mit der ARM-Architektur und dem dahinter stehenden Lizenz-Modell sind solche Anpassungen noch leichter umzusetzen, glaubt Fichera. Sollte es sich herausstellen, dass ein Dual-Core ARM-Chip einen Single-Core Atom in der Leistung übertrifft, sind einige interessante Anwendungsfelder vorstellbar.

Ein weiterer Vorteil für ARM ist das große Ökosystem, das hinter der Architektur steht. Laut Hersteller werden zum Beispiel täglich 300.000 Android-basierte Geräte frei geschalten. Zahlreiche Unternehmen bauen ihre Produkte darauf auf.

Und so hat ARM jetzt seine Kooperation mit IBM für die Entwicklung neuer mobiler Chip-Technologien ausgeweitet. Vor allem bei der Herstellung wollen die beiden Unternehmen zusammenarbeiten. Die langfristige Zielvorgabe sind ARM-Chips mit Strukturbreiten von 20 und 14 Nanometern. Seit 2008 arbeiten der Produzent und der Designer zusammen. So hat zum Beispiel ARM den Cortex A9 für den 32-Nanometer-Herstellungsprozess optimiert. Mit IBM hätte ARM auch einen in Server-Technologien beschlagenen Partner, der gleichzeitig noch über eine eigene Herstellung verfügt, ein idealer Partner also. IBM kooperiert darüber hinaus mit Samsung in der Halbleiterentwicklung.

“Anfangs richtete sich alle Aufmerksamkeit auf Linux”, so Fichera. Ein schönes Betriebssystem, meint der Analyst, aber nach wie vor hat die quelloffene Plattform nur einen Marktanteil von 20 Prozent bei Servern. Es wird also auf Microsoft ankommen. Auf der CES haben Microsoft und Nvidia gemeinsam auf einem Dual-Core ARM mit 1,3 Hz Windows 7 demonstriert. Auch Marvell hat angekündigt, ARM-Server-Chips entwickeln zu wollen. Microsoft ist noch vorsichtig mit Aussagen zu einem Server-Betriebssystem auf ARM, die technische Umsetzbarkeit ist jedoch bereits unter Beweis gestellt.

Cortex A9 mit mehreren Kernen. Quelle: ARM
Cortex A9 mit mehreren Kernen. Quelle: ARM

“Wenn Microsoft ein Windows 7 – oder wie auch immer das Produkt heißen mag – für einen ARM-Desktop bereit stellt, wird das für immense Volumina neuer Tablets und anderer Client-Geräte sorgen”, so Fichera weiter. Mit einer Server-Version könne Microsoft sogar den Markt für CPUs auf den Kopf stellen. Sollte sich Microsoft gegen den ARM-Support entscheiden, würde es in diesem Moment Marktanteile an Apple sowie Hersteller von Android-basierten Geräten verschenken. Die Auswirkungen auf die Hersteller dieser Server hält Fichera eher für mäßig.

In Expertenkreisen ist man sich jedoch einig, dass ARMs Durchbruch auf dem Server sich nicht 2011 vollziehen wird. Auch wenn heute schon einige NAS-Geräte für kleinere Anwender auf ARM basieren, wird es noch einige Jahre dauern. Im High-End-Segment wird man vermutlich noch länger auf ARM-Architekturen waren müssen. In der Holzklasse hingegen könnten ARM-Server Intel Marktanteile abringen. Aber vielleicht lizenziert ja eines Tages auch Intel oder AMD diese Architektur.