April, April!

An Tagen wie diesem wird ja ein alter Brauch gepflegt: Man erzählt jemandem eine abseitige Geschichte, wartet, bis er kuhäugig, gläubig, betroffen oder sonst irgendwie blöd schaut, schüttet sich dann aus vor Lachen und ruft: “April, April!” – Sowas ist fies, aber wie vieles Fiese halt auch recht schön.

Heuer nun geht das leider nicht. Da fällt niemand mehr drauf herein. Denn einige konnten es nicht verheben und haben schon im März laut “April, April!” gerufen.

RSA Security beispielsweise. Das ist ein ehrfurchterheischendes Unternehmen, gegründet von und benannt nach den renommierten Kryptologen Ronald Rivest, Adi Shamir und Leonard Adleman.

Sein Geld verdient RSA mit Schlüsselanhängern, die Einmal-Passwörter generieren. Hochkompliziert ist das. Der AES-Algorithmus (Advanced Encryption Standard) kommt zum Einsatz, die Zeit und Zufallszahlen. Sowas ist, nur schwer nachzuvollziehen. Viele haben wohl deshalb den weniger komplizierten Weg gewählt, RSA einfach geglaubt, dass die Dinger sicher sind, und sie gekauft.

Jetzt aber hat RSA “April, April!” gerufen: Hacker seien in die Unternehmensrechner eingedrungen und haben wohl die dort gespeicherten Schlüsselkopien entwendet.

Wenn das kein gelungener Scherz ist! Ein Unternehmen gibt vor, die Server anderer Leute sichern zu können, während sich Hacker gerade auf den eigenen umschauen.

Oder Intel! Was für eine Lust war es früher doch, Prozessor-Architekturen zu diskutieren, richtige, versteht sich, 64-Bitter, Mips versus PA-RISC versus Alpha. Dann hat Intel die Debatte beendet und den Itanium angekündigt, worauf die Konkurrenz im Glauben, dass der milliardenschwere Chip-Konzern es ernst meint, verschreckt die Roadmaps für ihre eigenen Highend-Prozessoren in Richtung Tonne umleitete.

2004 aber hat Intel für seine 32-Bitter etwas eingeführt, was der Konzern zuerst Yamhill, später CT (Clackamas Technology), dann IA 32e (Extensions), später EM64T (Extended Memory 64 Technology) und schließlich Intel 64 genannt hat. Auch das klang immer recht kompliziert.

Dankenswerter Weise hat Larry Ellison letzte Woche übersetzt, was das hinsichtlich des Itanium heißt: “April, April!” Auch der Itanium wird wohl bald den Weg allen Siliziums gehen.

Werner Schnappauf hat seit heute keinen Job mehr. Bis gestern war er Hauptgeschäftsführer des BDI. Laut eigener Aussage ist er wegen einer “Indiskretion” zurückgetreten.

Eine Indiskretion ist keine Lüge, sondern eine Wahrheit, die herausgekommen ist, obwohl sie das nicht hätte sollen, in dem Fall, dass der Bundeswirtschaftsminister Rainer Brüderle eventuell seinen Arbeitgeber, den hiesigen Souverän, in den April schicken wollte.

Man muss sich mal vorstellen: Man sitzt mit alten Spezln beisammen, lässt sich darüber aus, wie leicht man doch seinen Chef, den alten Trottel, veräppeln kann. Und dann kommt ausgerechnet ein Spitzenpolitiker der FDP vorbei und sagt, dass ein derart illoyales Verhalten kein Grund für eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses ist. Solche Phantasiegeschichten waren bislang doch dem heutigen Datum vorbehalten.

Ach ja. Und Luzifer soll auch an einem 1. April aus dem Himmel gestürzt und in die Hölle hinab gefahren sein. Das ist noch die glaubwürdigste Geschichte, die einem dieser Tage aufgetischt wird.

So, der Schreiber wird jetzt einen Cabernet Sauvignon aufmachen. Am 1. April muss er schließlich nicht so sehr aufpassen wie in früheren Jahren.

Und eine Stones-Platte möchte jetzt sein – zum Jahrestag: “Sympathy for the Devil”, das Lied in dem die schönen Zeilen vorkommen:

“Have some sympathy and some taste.
Use all your well-learned politesse.”

Wozu auf jeden Fall gehört, nach so einem März niemanden in den April schicken zu wollen. Ansonsten: “I’ll lay your soul to waste!”