Datenschutz: Bericht von der Sommerakademie des ULD

Vor kurzem hatte die Datenschutz-Aufsichtsbehörde in Schleswig Holstein (ULD) zur Sommerakademie in Kiel eingeladen. Die mit nahezu 500 Teilnehmern sehr gut besuchte Veranstaltung gab einen guten Überblick über die im Datenschutz derzeit diskutierten Fragestellungen. Der folgende Beitrag schildert meine persönlichen Eindrücke der Veranstaltung.

Thilo Weichert, Bild: ULD, Markus Hansen
Thilo Weichert, Bild: ULD, Markus Hansen

Der Leiter des ULD Dr. Thilo Weichert schilderte das generelle Spannungsfeld datenschutzrechtlicher Regelungen zwischen Entfaltungsfreiheit und dem Schutz der Persönlichkeitsrechte. Besonderes Augenmerk richtete er auf die Datenübermittlung in die USA sowie die Verarbeitung personenbezogener Daten durch US-Unternehmen und kritisierte hierbei die “Unzuständigkeitsausflüchte” der Unternehmen. Zudem kritisierte er die Intransparenz der Verarbeitung personenbezogener Daten bei Webdiensten (vgl. hierzu die Diskussion um den Facebook Like Button) und forderte eine Art “Herstellerhaftung” für IT-Unternehmen hinsichtlich datenschutzkonformer Datenverarbeitungsstandards.

Verantwortung des mündigen Bürgers

Professor Dr. Utz Schliesky (Direktor des Schleswig-Holsteinischen Landtages) unterstrich die Verantwortung des mündigen Bürgers im Umgang mit seinen Daten und ging im Folgenden vertieft auf das Thema eGovernment, verwendete Begrifflichkeiten und staatsrechtliche Aspekte (Stichwort “Systemverantwortlichkeit”) insbesondere beim Einsatz von Drittdienstleistern durch die öffentliche Hand ein.

Offen: Rechtsdurchsetzung im Internet

Dr. Christian Grugel vom Bundesministerium für Verbraucherschutz thematisierte die offene Frage der Rechtsdurchsetzung im Datenschutz und widmete sich im Schwerpunkt dem Thema der sozialen Netzwerke.

“Greenpeace für Datenschutz”

Buchautor Lars Reppesgaard kritisierte vor allem die Konzerne im Umgang mit personenbezogenen Daten forderte und die Schaffung einer Organisation, die nach seiner Vorstellung eine Art “Greenpeace für Datenschutz” (genannt “Datapeace”) sein soll. Zudem sei davon auszugehen, dass die eigentlichen Datenkatastrophen noch kommen würden.

von links: Prof. Dr. Utz Schliesky, Lars Reppesgaard, Dr. Christian Grugel, Dr. Johann Bizer, Peter Fleischer,  Dr. Thilo Weichert. Quelle: ULD.
von links: Prof. Dr. Utz Schliesky, Lars Reppesgaard, Dr. Christian Grugel, Dr. Johann Bizer, Peter Fleischer, Dr. Thilo Weichert. Quelle: ULD.

Themensetzung und Selbstverständnis von deutschen Datenschutzregelungen

In einer anschließenden Podiumsdiskussion, an der auch der Datenschutzbeauftragte von Google, Peter Fleischer, teilnahm, wurden grundlegende Fragen über Bedeutung, Themensetzung und Selbstverständnis von deutschen Datenschutzregelungen diskutiert.Zum Beispiel auch die zugespitzte Frage eines Teilnehmers, ob “am deutschen Wesen das Internet genesen solle” oder ob nicht vielmehr “eine Genesung des deutschen Wesens am Internet” wünschenswert sei.

Fleischer unterstrich dabei das Bemühen von Google, den gesetzlichen Bestimmungen von nahezu 200 Ländern zu entsprechen. Zudem führte er aus, dass der Blick im Ausland auf den deutschen Datenschutz (in Anlehnung an die Schlagworte “privacy by design” und “privacy by default”) häufig mit “privacy by prohbition” umschrieben werde. Der Datenschutzbeauftragte betonte, dass die Diskussion um Google Analytics in den nächsten Wochen mit einer anerkannt rechtskonformen Lösung beendet werden solle.

Datenschutzregelungen an die Realität des Internets anpassen

Weichert unterstrich seine Forderung, dass die Datenschutzregelungen an die Realität vor allem des Internets angepasst werden müssten, betonte aber auch seinen Standpunkt, dass außerhalb der EU beim Datenschutz mit wenigen Ausnahmen “Anarchie” herrsche und betonte die Wichtigkeit eines “regulierten Verantwortungsmanagements” durch die EU.

“Datenschutz neu denken”

Auch in den anschließenden Workshops wurden die verschiedenen Aspekte des Datenschutzes heiß diskutiert. Der ehemalige Leiter der ULD Helmut Bäumler forderte im Workshop “Datenschutz neu denken” eine Rückbesinnung auf die Fragstellung, was die Bürger eigentlich wollten. Jan Kottmann, Leiter Medienpolitik bei Google Deutschland, machte sich für eine stärkere Differenzierung in Datenarten stark und kritisierte das Prinzip des “Verbots mit Erlaubnisvorbehalt”. Zudem forderte er eine Stärkung der Selbstregulierung, um mit der Geschwindigkeit technischer Entwicklungen angemessen Schritt halten zu können.

Fazit

Die mit großem Engagement des ULD organisierte Sommerakademie hat aus meiner Sicht einen Überblick über die aktuellen Datenschutzthemen gegeben. Gerade in den Podiumsdiskussionen wurde dabei das breite Meinungsspektrum zu datenschutzrechtlicher Regelungsansätze deutlich. Daneben entwickelt sich die Sommerakademie immer mehr zum inoffiziellen Branchentreffen für Datenschutzbeauftragte und norddeutsche Aufsichtsbehörden, die sich über aktuelle Datenschutzthemen austauschen können.