Ist AMDs Bulldozer für Intel gefährlich?

Die neuen FX-Desktop-Chips von AMD sind die ersten seit 2007, die auch eine neue Architektur mitbringen und die gesamte Branche hofft darauf, dass AMD mit einer CPU wieder gefährlich werden könnte. Das würde den Konkurrenzdruck wieder erhöhen.

Die Bulldozer-Architektur bringt einige interessante neue technische Aspekte mit sich, die AMD in Modelle mit vier, sechs und acht Kernen in die neue FX-Linie packt. Der CPU-Multiplier ist bereits ab Werk entsperrt, womit sich die neuen Bauteile leichter übertackten lassen.

AMD ist nicht nur bei der Namensgebung, sondern auch bei der Preisgestaltung recht aggressiv. Den FX-8150 empfiehlt AMD für 245 Dollar – er fällt damit zwischen die 315 Dollar, die der Core i7 2600K kostet, und den 220 Dollar teuren Core i5 2500K.

Prozessoren auf Basis von Bulldozer werden als Desktop-CPUs als FX-Plattform, Codename Zambezi, veröffentlicht. Für Server wird es mit der gleichen Architektur Server-CPUs für 2P-Systeme, Codename Valencia, und 4P-Systeme, Codename Interlagos, geben. Im ersten Schritt kommen jedoch nur Desktop-Systeme auf den Markt. Zunächst bringt AMD die Varianten FX-8150, FX-8120, FX-6100 und den vierkernigen FX-4100. Für weitere Varianten liegen derzeit noch keine Preise vor.

Betrachtet man dabei nun alleine die Frequenz, dann bleibt der Intel-Konkurrent schon mal im Schatten. Der FX-8150 läuft normal bei 3,6 GHz, dabei kann die CPU dank Turbo-Core-Technologie zumindest einen Core auf bis zu 4,2 GHz beschleunigen. Der Core i7 2600K von Intel läuft zwischen 3,4GHz und 3,8GHz.

Turbo Core ist auf funktionaler Ebene durchaus mit Intels Turbo Boost zu vergleichen. In beiden Fällen wird die Taktfrequenz an die Nutzlast und auch an die thermischen Gegebenheiten im Chip angepasst. Doch trotz der schnelleren Taktung scheint sich der AMD FX-8150 gegen den großen Intel Core i7 etwas schwer zu tun. Zahlreiche Tester sehen die Performance des neuen AMD-Boliden eher im Bereich der Leistung des Core i5 2500K. Den aber Übertrifft die AMD-CPU auch beim Preis.

Quelle: AMD
Quelle: AMD

AMD zieht nach wie vor nicht mit Intel beim Hyper-Threading mit, mit dem der Konkurrent seine CPUs um ein Fünftel beschleunigen kann. AMD setzt stattdessen auf Module, die jeweils zwei Cores besitzen – und in der neuen Familie können bis zu vier Module in einer CPU zum Einsatz kommen, jedoch nur in einem der Modul-Cores ist auch eine Floating-Point-Unit enthalten. Bulldozer bietet daher mehr Funktionalität als das Intel-Hyperthreading. Denn hier sind nur die Registersätze verdoppelt, und die CPU kann so schneller zwischen zwei Threads, also Aufgaben, hin und her schalten, wenn ein Thread auf das Ergebnis eines Rechenschrittes warten muss.

Bulldozer hingegen verarbeitet tatsächlich wie in einer Dual-Core-CPU zwei Threads simultan. Das gilt jedoch nicht, wenn viele Floating-Point-Operationen durchgeführt werden, weil die beiden Integer-Einheiten des Bulldozer-Moduls ja auf eine einzige Floating Point Unit (FPU) zugreifen.

Aufgeholt hat AMD auch mit dem AVX-Befehlssatz, der jetzt Vektor-Operationen mit 256 Bit ausführen kann und nicht mehr nur mit 128 Bit. Intel unterstützt AVX ebenfalls in der Sandy-Bridge-Architektur. Wichtig für AMD ist auch der Support von AES-NI-Befehlen, die besonders bei Verschlüsselungstechnologien wichtig sind.

Anders als Intel hat AMD in der FPU Support für Fused-Multiply-Add (FMA) hinzugefügt, was bei einigen Operationen zu dramatischen Performance-Steigerungen führen kann. Intel wird diese Feature erst mit “Haswell” Ende 2012 implementieren. Doch nutzt AMD hier nicht FMA-3, wie von Intel geplant, sondern FMA-4. Allerdings entwickelt die Software-Industrie für Intel – und nicht speziell für AMD. Damit dürften die Anwendungen, die dieses Feature bei AMD verwenden eher Seltenheitswert haben. Der praktische Nutzen von FMA in AMD ist somit eher zweifelhaft.

Quelle: AMD
Quelle: AMD

AMD muss, um mit Intels CPUs mithalten zu können, mit mehr Transistoren und größeren Speichern gegensteuern. Das bedeutet nicht nur größere Chips, sondern auch größeren Stromverbrauch als bei den Intel-CPUs.

Intel hat also nach wie vor die Nase vorne, wie erste Reaktionen zeigen, doch zeigt die neue FX-Familie, dass sich Intel nicht auf seinen Lorbeeren ausruhen sollte. Die Tests, die derzeit veröffentlicht werden, betreffen lediglich die Spitzenmodelle. Möglicherweise kann AMD mit Overclocking-Fähigkeiten, mehr Transistoren und mit 8 MByte einem größeren L3-Cache bei den Mittelfeld-CPUs punkten, die dann in günstigere Rechner verbaut werden. Auch der L2-Cache ist bei den neuen AMD-CPUs größer als bei den Intel-Modellen. Zudem lassen sich Intels günstige CPUs nicht höher takten. Möglicherweise kann auch die FX-Familie von Windows 8 besser profitieren, wie AMD mitteilt, weil das Betriebssystem besser mit der Architektur zurechtkommt als Windows 7.

AMD hat einen bemerkenswerten Schritt nach vorne getan und kann den Vorsprung Intels verkürzen. Dennoch fallen die ersten Reaktionen wenig schmeichelhaft für AMD aus. Etwa von Anand Lal Shimpi von AnandTech: “In Szenarien mit wenig Threads performt Bulldozer schlicht nicht. Was die Sache noch schlimmer macht, ist, dass bei Anwendungen mit vielen Threads die Verbesserungen gegenüber den Vorgänger-Generation des Phenom II X6 einfach nicht genug sind, um für Besitzer ein Upgrade für bestehende AM3+-Plattformen zu rechtfertigen.”