Der ITler des Jahres 2011

Was nervt dieser Tage, ist, dass es jetzt überall so penetrant menschelt. Unzählige Ansprachen stellen wieder mal den Menschen in den Mittelpunkt. Und wenn mit jenem so verfahren wird, dann ist er eine arme Sau, der Mensch. Denn dann muss er zu all dem Ärger, den er hat, sich auch noch veräppeln lassen.

Aber nicht nur der gewöhnliche oder der Mensch als Gattungswesen rückt – für ein paar Sätze lang – ins Zentrum. Sondern auch jene exquisiten Exemplare dieser Spezies, die als etwas ganz Besonderes gelten, die zieht es ebenfalls dahin.

Leuten, die ansonsten nur wollen, dass man malocht und kauft, wird’s, wenn’s auf den Jahreswechsel zugeht, ganz schmusig zumute. Sie sehnen sich nach sozialer Anerkennung und lassen sich ehren – als Manager des Jahres etwa. Jede Wirtschaftsredaktion, die etwas auf sich hält, sucht einen aus.

Deswegen sollte man schleunigst auch den IT-Menschen des Jahres ausgucken. Nicht, weil einem das ein besonderes Herzensanliegen sein müsste. Sondern einfach, um Schlimmeres zu verhindern.

Mark Zuckerberg beispielsweise wäre doch ein geeigneter Kandidat wegen seiner Verdienste um den Datenschutz. Seit letzter Woche steht ein Bild von ihm in Netz, das ihn mit einem Huhn zeigt, welches er offenkundig eigenhändig zu Tode gebracht hat. Von seinem privaten Facebook-Account soll es stammen.

Tote Tiere kommen PR-mäßig ganz schlecht. Kein Manager würde sich so für die Öffentlichkeit ablichten lassen. Besser lässt es sich folglich wirklich nicht illustrieren, wie’s um die Privatsphäre bei Facebook bestellt ist.

Das arme Vieh ist also nicht umsonst gestorben. Auszeichnen kann man’s dafür nicht mehr, aber in dessen Vertretung vielleicht Mark Zuckerberg.

Dietmar Hopp wäre auch ein würdiger Aspirant, weil er bewiesen hat, dass IT glücklich macht. Tausenden kleiner Jungs, die Fußballstars werden wollen, aber einfach kein Talent haben, hat er wieder Hoffnung gegeben: Sie brauchen nur noch einen Software-Konzern gründen und Milliardär werden, dann können sie sich als Rentner einen ganzen Bundesliga-Verein kaufen und es denen, die früher besser gekickt haben, mal so richtig zeigen. Und dem Rest der Welt sowieso.

Lawrence Joseph Ellison könnte man auch auszeichnen für seine Verdienste um die sprachliche Klarheit. Eine Cloud sei Wasserdampf, befindet er sehr treffend auf Youtube. In der IT hingegen gehe es um Storage, Betriebssysteme und Prozessoren. Das alles hat er sich denn auch mit Sun Microsystems gekauft in Form von Storagetek-Systemen, Solaris und Sparc-Chips.

Und daraus wurde dann heuer die Oracle-Cloud. Das wäre doch den Larry of the Year wert.

Léo Apotheker hat sich auch für die engere Auswahl qualifiziert. Der Mann ist schließlich ein echter Mutmacher.

Viele Menschen haben ja Angst zu scheitern. Leo Apotheker aber hat gezeigt, dass das nur eine Frage der Position ist, an der man scheitert. Heuer hat ihm das wieder 7 Millionen Dollar an Abfindung eingebracht.

Virginia Rometty müsste man natürlich auch in Betracht ziehen. Die wird in den nächsten Tagen ja die erste Frau an der Spitze von IBM. “Quotilde” nennt Nicola Leibinger-Kammüller, die Chefin des deutschen Maschinenbauers Trumpf, solche Frauen wohl.

Allerdings redet die sich leicht, denn ob jemand Erbe oder Erbin ist, ist schließlich egal. Andererseits ist auch nicht bekannt, dass es beim IBM-Konkurrenten Hewlett-Packard während der Amtszeit von Cara Carleton Sneed Fiorina menschlicher zugegangen wäre, oder seit Margaret Cushing Whitman.

Karl Theodor Maria Nikolaus… von und zu Guttenberg könnte man noch nehmen. Das wäre eine Art Kompensation. Dem Freiherrn sind schließlich heuer einige Titel und Amtsbezeichnungen abhanden gekommen. “Bestangezogener deutscher Politiker”, gekürt von der Fachzeitschrift Textilwirtschaft, darf er sich noch nennen, ohne juristische Probleme zu bekommen.

Seit dieser Woche berät er die EU-Kommission in Sachen Internet-Freiheit. Und in dieser Position ist er trotz seines Eintretens für die Vorratsdatenspeicherung und Web-Sperren ein Gewinn: Kein europäisches Gericht wird bei diesem Freiheitsberater noch einen Youngster verurteilen mögen, der sich ein paar MP3s aus dem Netz kopiert hat.

Also KT? – Nein, lieber doch den Andy. Den vom PC-Schrauber im Computer-Basar am Münchner Hauptbahnhof.

“Wenn du den Flash-Speicher mit dem PC und mit dem Tablet verwenden willst”, hat er beim letzten Mal gesagt, “dann musst du ihn mit dem Fat32Formatter formatieren, weil Windows kann das nicht.” Sowas erfährt man doch von keinem CEO und von keinem Freiheitsberater.

Deswegen ist der Andy der IT-Mensch des Jahres. Und Sorgen machen, dass ihn jemand in den Mittelpunkt stellen könnte, braucht man sich auch nicht: Denn der Andy kann da gar nicht hin. Er ist hinterm Verkaufstresen vom PC-Schrauber einfach unersetzbar.