Machtwechsel: “Ginni” übernimmt IBM

Scharfe Kritik seitens der Gewerkschaft am neuen Sparkurs von IBM an CEO Ginni Rometty.

Am 1. Januar hat bei IBM eine neue Ära begonnen. Erstmals haben die rund 430.000 IBM-Mitarbeiter eine Frau zum Chef: Virginia Rometty. Seit Mai 2010 wird bereits IBM Deutschland von Martina Koederitz geleitet. Zudem steht Meg Whitman an der Spitze von HP: Frauen-Power in der IT.

IBMs bisheriger CEO Sam Palmisano schied zum 1. Januar aus Altersgründen aus dem Amt – er ist 60 Jahre alt. Rometty wurde bereits im Oktober 2011 als Nachfolgerin benannt. Seit dem 1. Januar führt Rometty auch den Titel ‘President’ und rückt in den Verwaltungsrat auf. Palmisano bleibt IBM als Chairman erhalten – in einem Amt, das er auch bisher schon ausübte.

Die Berufung von Rometty, in der Kurzform ihres Vornamens “Ginni” genannt, war für IBM-Beobachter keine Überraschung. Insider tuschelten seit langem darüber, dass aus der Troika der möglichen Nachfolger nur sie Chef werden könne. Die beiden anderen Kandidaten, Service-Chef Michael E. Daniels und Software-Chef Steve Mills, waren schon zu alt, um nach den Altersregeln bei IBM das Amt länger ausüben zu können. Rometty ist 53 oder 54 Jahre alt.

Rometty gehört IBM seit 1981 an und hat sich von der Systemtechnikerin bis in den IBM-Vorstand hochgekämpft. Vor ihrer Berufung zum CEO war sie als Vertriebschefin für Umsatz, Gewinn und Kundenzufriedenheit weltweit verantwortlich und auch für die Themen Strategie, Marketing und Kommunikation zuständig. Davor leitete sie den Geschäftsbereich Global Business Services und begleitete in diesem Amt 2002 die Integration des Wirtschaftsprüfers PriceWaterhouseCoopers.

Rometty sei eine hervorragende operative Führungskraft, lobte Palmisano. “In jeder Führungsrolle hat sie die Fähigkeit verstärkt, die IBM-Angebote für unsere Kunden zu integrieren.” Sie habe angespornt, stärker auf die Bedürfnisse der Kunden einzugehen. “Ginnis langfristiges strategisches Denken und Kundenorientierung zeigte sich vor allem in unseren Wachstumsinitiativen, von Cloud Computing bis zur Kommerzialisierung von Watson.”

Das Haus, das Rometty übernimmt, ist gut bestellt. Palmisano hatte den CEO-Posten 2002 von Lou Gerstner übernommen. Unter Palmisanos Führung entledigte sich IBM der Drucker- und der PC-Sparte und konzentrierte sich auf Wachstumsmärkte wie Service, Software und Analytics. Einige Analysten sind der Ansicht, dass IBM so gut wie nie aufgestellt ist. Zudem verfügt das Unternehmen über einen Free Cash Flow von 100 Milliarden Dollar.

Im Jubiläumsjahr 2011 hat Palmisano den Wert der IBM-Aktie um 24,78 Prozent erhöht. Der Konzern spielt zwar bei den Modethemen Smartphones und Tablets kaum eine Rolle, kann aber bei den Enterprise-Themen dank kluger Übernahmen kompetent mitreden. Und es kommt besser: Laut Gartner hat IBM im Servermarkt HP im dritten Quartal 2011 die Krone entrissen. Analytics und Cloud-Technologie, die HP 2011 teuer eingekauft hat, sind bei IBM schon länger im Programm.

Von Rometty hieß es, dass es kein größeres Privileg geben könne, als IBM “speziell in diesem Moment” anzuführen. Großartige Veränderungen in der Roadmap von IBM seien nicht zu erwarten. Die aktuelle Roadmap, die bis 2015 reicht, werde weiterhin gelten. Software, Services, Analytics und das Hardware-Geschäft liefen für Unternehmen derzeit bestens.