Ubuntus neues ‘Kopf-Hoch’-Display

Canonical poliert derzeit offenbar mit Hochdruck die Oberfläche von Ubuntu. Jetzt stellt das Unternehmen mit dem ‘Head-Up Display’ ein neues Konzept vor.

Mit HUD, dem Head-Up Display, geht Canonical wieder einmal eigene Wege, was die Gestaltung einer Desktop-Oberfläche betrifft. Head-Up beschreibt ein Konzept, das man bereits aus dem Cockpit von Flugzeugen oder Fahrzeugen kennt. Dabei werden die Informationen im Sichtfeld des Piloten dargestellt, und dieser braucht somit den Blick nicht mehr von der Straße abwenden, um seine Instrumente abzulesen. Die offizielle deutsche Übersetzung dafür wäre die Blickfelddarstellung.

Die vergangenen dreißig Jahre war ein Desktop von Windows-, Icons-, Menüs- oder Pointer-Schnittstellen gekennzeichnet. Das Akronym WIMP fast dieses Konzept zusammen. Und genau damit will Mark Schuttleworth offenbar aufräumen

Die HUD, das Head-UP Display, soll die Nutzeroberfläche von Ubuntu revolutionieren. Quelle: Canonical
Die HUD, das Head-UP Display, soll die Nutzeroberfläche von Ubuntu revolutionieren. Quelle: Canonical

“Das Menü war, seit es Xerox PARC in den 70ern erfunden hatte, ein zentraler Bestandteil der grafischen Nutzerschnittstelle. Das M in WIMP hat sich seit 30 Jahren nicht nennenswert verändert”, beklagt Shuttleworth in einem Blog. Auch ist er der Ansicht: “Wir können das besser.”

Mit der Beta-Version 12.04 von Ubuntu, die für den April erwartet wird, führt Canonical auch das Head-Up Display ein. Dabei könne HUD das Menü in zweierlei Hinsicht verbessern. Ein Menü kann ein Kommando wegpacken, das man zu selten verwendet, als das man es auf dem Hauptbildschirm anbringen sollte, und es bietet gleichzeitig eine Übersicht über die Funktionen einer Anwendung. Shuttleworth aber glaubt, dass es vor allem das Absetzen eines Kommandos ist, das verbesserungswürdig ist. “Daher konzentrieren wir uns auch in unserer Design-Entwicklung darauf.”

Shuttleworth sieht einige Vorteile bei Menüs: Sie sind so organisiert, dass man sie auch über ein Telefon beschreiben kann, sind schnell zu lesen und übersichtlich. Aber er sieht auch Nachteile. “Wenn es zu Verschachtelungen kommt, kann es sehr schnell unübersichtlich werden und auch wenn man schon genau weiß, was man will, muss man dennoch stets durch den Pfad klicken und eine Menge lesen.” Außerdem lassen sie sich über ein Keyboard nicht sonderlich gut bedienen und Entwickler müssen sich häufig völlig willkürlich entscheiden, welche Funktion in welches Menü hineinkommt und der Anwender muss sich diese Entscheidung dann aber aneignen.

HUD hingegen wird eine so genannte “Vocabulary UI” mitbringen, eine VUI. Im Grunde ist die VUI eine vorausschauende Kommandozeile. Gibt man hier einen Befehl ein, dann analysiert HUD bereits getätigte Befehle und gleicht diese über eine Fuzzy-Logik ab. Somit bekommt man eine Liste mit vorpriorisierten Befehlen vorgeschlagen. Und HUD kann sowohl Apps steuern als auch Systemfunktionalitäten liefern. Anstatt dann stets im Menü einer Anwendung den Speicherbefehl zu suchen, muss man nur noch Speichern eingeben und, ungeachtet der Anwendung, wird das geöffnete Dokument gespeichert.

Shuttleworth vergleicht HUD mit dem Mauszeiger, dem Pointer, der schließlich auch über die allermeisten Programme hinweg anwendbar ist. Zusammen mit Stimmerkennung könnte HUD auch als universelle Sprachsteuerung für Ubuntu eingesetzt werden. Und auch ohne die Sprachfunktion, so Shuttleworth, lasse sich mit HUD schneller ein Befehl finden als über den Mauszeiger im Menü. Und es sei auch einfacher als Hotkeys, weil man sich auf diese Weise keine Tastenkombinationen merken muss. Und HUD könne sogar Hilfetexte ansteuern, beteuert Shuttleworth.

Aber dabei gehe es auch darum, Bildfläche einzusparen, den HUD erscheint nur, wenn es angestoßen wird. Daher würde sich der neue Menü-Ersatz auch wunderbar für Ubuntu TV oder mobile Versionen eignen.