Browser-War: EU eröffnet Kartellverfahren gegen Microsoft

Microsoft verweigere den Anwendern die Wahlmöglichkeit zwischen verschiedenen Browsern, so die Beschwerde von Microsoft-Konkurrenten. Die Wettbewerbskommission habe daher jetzt ein formelles Kartellverfahren gegen Microsoft eingeleitet, heißt es aus Brüssel.

Konkurrenten von Microsoft, so teilt Wettbewerbskommissar Joaquín Almunia am Dienstag in Brüssel mit, hätten die EU-Kommission darüber informiert, dass Microsoft die Auswahlmöglichkeit verschiedener Browser nicht mehr bereit stelle. Diesen Vorwurf prüfe die Kommission derzeit, so Almunina.

Microsoft hatte sich 2009 mit der Europäischen Union darauf geeinigt, dass Windows-Anwendern verschiedene Browser zu Wahl gestellt werden. Mit dieser Maßnahme sollte verhindert werden, dass Microsoft über die Vormachtstellung bei Betriebssystemen auch die Verbreitung anderer Browser unlauter verhindere.

 

 

Sollten sich die Vorwürfe der Konkurrenten bewahrheiten, so der Wettbewerbskommissar, müsse Microsoft mit einer Strafe rechnen.

2010 hatte Microsoft für Anwender innerhalb der EU ein Auswahlfenster integriert, über das die rund 28 Millionen europäischen Internet-Nutzer einen Browser ihrer Wahl herunterladen und installieren konnten. Zur Auswahl standen damals neben dem Internet Explorer auch Browser wie Firefox, Opera, Chrome oder K-Meleon. Zuvor hatte Microsoft standardmäßig den eigenen Browser auf jedem neuen Windows-Betriebssystem installiert. Darin sahen Konkurrenten von Microsoft einen Verstoß gegen den Fairen Wettbewerb.

Noch im Dezember soll Microsoft die Kommission darüber in Kenntnis gesetzt haben, dass der Auswahlschirm nach wie vor in Windows integriert sei. Doch Konkurrenten Microsofts hätten jetzt Beschwerde eingelegt, dass seit dem Update auf Windows 7 auch dieser Auswahlbildschirm verschwunden sei. Und das bis heute. Wie der Kommissar mitteilt, habe Microsoft diese Berichtet auch bestätigt.

“Sollte sich diese Missachtung von EU-Recht nachweisen lassen, wird es Sanktionen geben”, erklärte Almunia. Der Kommissar werde alle zur Verfügung stehenden Mittel und Instrumente einsetzen zu wollen. Als äußerste Strafe kann die Kommission ein Bußgeld von bis zu 10 Prozent des Jahresumsatzes erheben. Zudem werde die Kommission ernste Konsequenzen ziehen, sollte Microsoft die Vereinbarung aus dem Jahr 2009 nicht wieder voll umsetzen.

Kritik an Microsoft gibt es derzeit nicht nur in der EU. Auch der Rechtsausschuss des US-Senates hatte sich vor wenigen laut US-Medien mit der Browser-Frage in Windows auseinandergesetzt. Die Mozilla Foundation sowie Google hatten sich beschwert, dass Microsoft versuche, in der Version Windows 8, konkurrierende Browser auszuschließen. Mozilla hatte sich auf eine Ankündigung Microsofts berufen, dass auf Windows RT, der Version für die ARM-Architektur, aus Sicherheits- und Stabilitätsgründen keine Browser von Drittherstellern zugelassen werden. Auch hier könnte Microsoft eine Kartelluntersuchung drohen.

“Erstens hat Microsoft einen Browser, der im Klassik-Modus unter Windows für ARM läuft. Sie geben uns nicht denselben Zugang, um einen Browser im Klassik-Modus auszuführen. Zweitens hat Microsoft einen Browser, der im Metro-Modus unter Windows für ARM läuft und auf APIs zugreift, die sie Metro-Browsern von Drittanbietern unter Windows für ARM verweigern. Uns wird also die Möglichkeit genommen, irgendeinen Browser für Klassik ausliefern, und auch die Möglichkeit, einen konkurrenzfähigen Browser für Metro zu entwickeln”, so Mozilla-Sprecher Asa Dotzler damals. Mozilla fühle sich an den so genannten Browserwar der 90er-Jahre erinnert, obwohl Microsoft mit Windows bislang weit von einer Monopolstellung bei Tablets entfernt ist.

Update:
Microsoft hat auf die Ankündigung aus Brüssel sofort mit einer Aussendung reagiert. Ein technischer Fehler, so heißt es da, habe dazu geführt, dass der Auswahlbildschirm, der “Browser Choice Screen” (BCS) nicht mehr zu sehen war. Allerdings, so schränkt der Hersteller ein, trete der Fehler lediglich mit dem Service Pack 1 für Windows 7 auf. In der ursprünglichen Version, sei der BCS enthalten. Rund 28 Millionen Anwender von SP 1 hätten demnach mit dem Rollout kein BCS bekommen. Derzeit werde an einer Lösung des Problems gearbeitet und weiter heißt es: “Wir bedauern diesen Fehler sehr und wir entschuldigen uns dafür.”

Bis Ende der Woche wolle Microsoft den Fehler über die Update-Funktion von Windows 7 beheben. 90 Prozent der Nutzer hingegen hätten laut Microsoft jedoch den BCS bekommen, denn die Mehrzahl der Anwender verwende ältere Windows-Versionen wie XP, Vista oder Windows 7. Außerdem wolle Microsoft die Dauer der kartellrechtlichen Maßnahme freiwillig um 15 Monate verlängern.

Microsoft bemüht sich offensichtlich um Schadensbegrenzung. Erst vor wenigen Wochen hatte ein EU-Gericht das Bußgeld, das die EU 2008 in Höhe von 900 Millionen Euro wegen Kartellverstößen auferlegt hat, bestätigt. Auch wenn die Höhe leicht auf 860 Millionen Euro reduziert wurde. Bis dato hat Microsoft wegen verschiedener Kartellverfahren rund 1,6 Milliarden Euro nach Brüssel überwiesen.

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