Unternehmensstrategie: Der unterschätzte Einfluss von Social Media

Sascha Schwarz ist Head of Business Transformation bei Infosys Deutschland und begleitet Firmen unter anderem auf ihrem Weg ins Social Business. Im Interview mit silicon.de verrät er die größten Stolperfallen und plädiert für mehr Mut zum Social-Media-Manager.

Sascha Schwarz, Head of Business Transformation bei Infosys Deutschland. Quelle: Infosys.

silicon.de: Kaum eine der größeren Firmen ist heutzutage noch ohne Facebook-Auftritt. Ob und was es bringt, bleibt aber meist offen. Lässt sich der Social-Media-Nutzen überhaupt messen?

Schwarz: In der Tat ist heutzutage die Verwendung von Social Media und damit auch die Verwendung von Facebook-Auftritten oder anderen Online-Gemeinschaften kaum noch wegzudenken. Allerdings ist die Nutzung von Social Media vielschichtig und daher ergibt sich auch die Schwierigkeit den Social Media Nutzen zu ermitteln. Häufig herangezogene Kennzahlen wie Followerzahlen, Likes und Blog Posts lassen sich erheben, diese geben aber keine direkte Aussage über die laufende Marketing Initiative oder gar dem Return on Marketing Investment (ROMI) wieder.

Grund hierfür ist, dass Social Media nur ein Teil des Online-Marketing-Mix ist und Marketing Initiativen häufig mehrere Kanäle nutzen. Ein weiterer wichtiger Aspekt ist, dass sich die Ziele von Social-Media-Initiativen von denen des klassischen Marketings unterscheiden. Social Media dient als Interaktions- und Kommunikationsplattform mit deren Hilfe Unternehmen direkt mit den Nutzern in Kontakt treten können und die Situation aktiv gestalten können. So können aktiv die Nutzer, sei es Kunden, Lieferanten, Partner oder Besucher vernetzt werden. Dies kann zu einer erhöhten Interaktion innerhalb der Gruppen führen und damit das Kundenerlebnis und die Kundenbeziehung positiv beeinflussen. Als Maßeinheit wird häufig die Anzahl der Berührungspunkte genutzt, diese greift jedoch zu kurz. Denn das Interesse liegt nicht an einer hohen Anzahl an Follower oder Freunden, sondern vielmehr wieviele Nutzer durch die Marketing Initiative erreicht wurden (Reichweitenanalyse).

Eine direkte Verbindung von Social Media zu Nutzen beziehungsweise. Verkaufszahlen lassen sich demnach nur schwer ermitteln. Ähnliches gilt für die Quantifizierung der Kosten von Social Media.

silicon.de: Infosys berät Firmen auch bei Social-Media-Projekten. Wie oft wird Ihnen die Frage nach dem ROI gestellt?

Schwarz: Die Frage nach dem ROI wird bei jedem Projekt gestellt und dies ist gut so. So werden die Ziele und deren Messbarkeit realistisch eingeschätzt und festgelegt. Auch wenn man zum Ergebnis kommt, dass ein unmittelbarer Nutzen nur schwierig messbar ist, führt dies zu aktiven Diskussionen, die vor dem Projekt zu klären und zu kommunizieren sind.

silicon.de: Was sind die häufigsten Fehler bei der Umsetzung solcher Projekte?

Schwarz: Aus meiner Sicht werden drei Fehler besonders häufig gemacht: Keine Integration der Social-Media-Strategie in die Online-Marketing- Strategie. Zu hohe Erwartung in den direkten Nutzen von Social Media. Unterschätzte transformatorische Aspekte (kundenorientierte Ausrichtung der Organisation erfordert ein Umdenken der Mitarbeiter, erhöhte Beratungs- und IT-Kosten, Schulung der Mitarbeiter bzw. Einstellung von Social-Media oder Online -Marketing-Experten)

silicon.de: Umgekehrt gefragt: Was muss ich als Firma tun, um im Umgang mit Facebook & Co “alles richtig” zu machen?

Schwarz: Diese Frage ist schwierig zu beantworten, da ja viele Firmen bereits im Bereich Social Media engagiert sind, und sich daher unterschiedliche Gestaltungsmöglichkeiten ergeben. Prinzipiell kann man aber festhalten, dass Unternehmen, die Social Media als Ergänzung Ihres Marketing- Mixes und Teil ihrer Online-Marketing-Strategie verstehen, die notwendige Basis gelegt haben.

Wenn Social Media zudem als Interaktionsplattform genutzt wird, das heißt die Unternehmen zuhören, was Interessenten, Kunden, Lieferanten und Partner über das Unternehmen, deren Produkte und Dienstleistungen denken, aktiv an Diskussionen teilnehmen, Meinungsbildnern gezielt begegnen, positive Stimmungen verstärken und auf negative eingehen und letztlich die Situation mit gestalten, dann haben Firmen einige wesentliche Aspekte richtig gemacht.

Das hierzu gegebenenfalls eine ‘Digital Transformation’ innerhalb des Unternehmens notwendig ist, würde zu weit führen. Es sei jedoch angemerkt, dass Firmen den Einfluss auf zum Beispiel die Unternehmensstrategie, Kommunikations- und IT-Strategie, Organisation, Rollen und Stellenprofile (zum Beispiel der Socia Media Manager) unterschätzen und zögerlich Änderungen umsetzen.

silicon.de: Welches Unternehmen aus Deutschland können Sie spontan als Vorbild nehmen und warum?

Schwarz: Wenn man sich die großen Dax-Konzerne ansieht, so könnte Adidas als Vorbild gelten. Adidas betreibt einen aktiven Dialog mit Ihrer Zielgruppe und hat darüber hinaus mit der Überarbeitung der Social-Media-Guidelines die Basis einer wertschätzenden Kommunikation geschaffen.

silicon.de: Was ist das A & O im Social Business?

Schwarz: Wichtig ist, dass die Erwartungen realistisch abgeschätzt werden. Die Anfangsinvestitionen sind hoch und häufig lassen sich der Nutzen und die Kosten nicht direkt dem Social Business oder einzelnen Social-Media-Initiativen zuordnen. Die Messung des Nutzens, ausgedrückt in Verkaufszahlen wird hier mittelbar sein. Um es kurz zu fassen, das A & O im Social Business ist es, die Interaktion mit den Nutzern aktiv zu betreiben und dies nicht als einseitige und einmalige Kommunikation zu verstehen.

silicon.de: Werden die entsprechenden Tools bislang vor allem für die interne oder die externe Kommunikation eingesetzt?

Schwarz: Der Anteil von Social Media ist bei der externen Verwendung höher als bei der internen. Dies liegt unter anderem am Marktdruck und dem erwarteten Nutzen. Ferner verwenden Unternehmen bereits interne Kommunikationstools wie Messenger oder Wissensdatenbanken und zögern vor den Investitionskosten neuer Plattformen.

silicon.de: Vielen Dank für das Gespräch.