Jörg Hesske

ist Country Manager bei VMware Deutschland. Nach längeren Aufenthalten in Frankreich und den USA beobachtet er auch internationale Zusammenhänge mit großem Interesse.

Ein Blick in die IT-Glaskugel: Wohin geht die Reise im Jahr 2013?

silicon.de-Blogger Jörg Hesske liebt den Blick in die IT-Zukunft und so versucht er sich zum Jahresausklang – nach 2011 bereits zum zweiten Mal in Folge – als Branchen-Wahrsager für das kommende Jahr. Manch anderes Orakel könnte sich an ihm ein Beispiel nehmen: Jörg Hesske stellt er auch seine eigenen Prognosen aus dem vergangenen Jahr auf den Prüfstand.

Mitte November trafen sich Politik und Wirtschaft zum IT-Gipfel in Essen – auch die Bundeskanzlerin war vor Ort. Angela Merkel sprach in ihrer Abschlussrede über die künftige IT-Strategie der Bundesregierung: Industrie 4.0, intelligente Netze, Breitband und die Unterstützung in MINT-Fächern durch e-Learning sollen eine wichtige Rolle spielen. Und auch Cloud Computing sei ein ganz wesentlicher Antrieb für das Wachstum mittelständischer Betriebe in Deutschland, so Merkel. Cloud Computing – mein Stichwort, um einen Blick in die Glaskugel zu werfen, über die Trends und Themen des IT-Jahres 2013 zu philosophieren und das Jahr 2012 Revue passieren zu lassen…

Im vergangenen Jahr habe ich an gleicher Stelle einen Ausblick auf das Jahr 2012 gewagt. Zentrale Trend-Themen waren dabei die Hybrid Cloud sowie End User Computing (EUC), insbesondere den Trend zu “Bring your own device” (BYOD). Was hat sich davon bewahrheitet?

Richtig – die Hybrid Cloud hat sich im Laufe dieses Jahres als ein wichtiges Trend-Thema herauskristallisiert und war Gegenstand vieler Diskussionen. Demnach hat 2012 ein neues Cloud-Zeitalter hat begonnen, es heißt: Hybrid Cloud – die Wolke mit Zukunft! Denn das Hybrid-Cloud-Modell ermöglicht uns nicht nur eine Reihe von Vorteilen für eine zukunftsorientierte IT-Verwaltung, sondern kombiniert zudem das Beste aus Public und Private Cloud: Datenmanagement mit größtmöglicher Kontrolle und Sicherheit sowie maximale Flexibilität bei Infrastruktur, Speicherplatz und -ort. Dass die Hybrid-Cloud mittlerweile nicht nur Vision sondern schon Realität ist, zeigt die Global Cloud Adoption Study 2012 von VMware.

Über 1.000 IT-Entscheider von Enterprise-Unternehmen wurden EMEA-weit befragt. Demnach befinden sich von den Prozessen, die in der Cloud durchgeführt werden, zwar noch die meisten (54 Prozent) in Private Clouds und 28 Prozent liegen in der Public Cloud. Doch in 18 Prozent der Fälle wird bereits die Hybrid Cloud genutzt. Aus persönlichen Erfahrungen mit unseren Kunden weiß ich: Trend steigend! Aber ein noch neuer Cloud-Trend hat nicht lange auf sich warten lassen. Im nächsten Jahr wird sich die sogenannte “Personal Cloud” in unserem Alltag etablieren und den PC nach und nach als den Ort ersetzen, an dem wir unsere persönlichen Dokumente speichern. In dieser stehen uns alle Anwendungen und Daten zu jeder Zeit und an jedem Ort zu Verfügung. Mit einem Dropbox-ähnlichem Service haben wir bereits ein Projekt im Beta-Test, das die Personal Cloud mit den Anforderungen von Unternehmen vereinbaren kann.

Ein weiterer Schwerpunkt lag in diesem Jahr auf “Bring your own device” (BYOD), ein Trend, der eng mit den Themen Cloud, Virtualisierung sowie mobiler Datennutzung verbunden ist. Mit BYOD hat ein neues Kapitel des End User Computings begonnen, denn private Kommunikationsgeräte werden immer mehr am Arbeitsplatz genutzt. Ein Umstand, der IT-Fachleute zwangsläufig vor große Herausforderungen stellt, vor allem hinsichtlich der Frage, wie sich die neuen Technologien und Geräte einbinden lassen, ohne dass sie ein Sicherheitsrisiko für das Unternehmen darstellen. Bekanntlich ist jedes private Gerät, das sich mit dem Firmennetz verbindet, eine potenzielle Bedrohung. Daher wird BYOD oft auch mit “Bring Your Own Disaster” gleichgesetzt…

Doch birgt BYOD nicht nur Gefahren, sondern auch Chancen und Vorteile: Effizienzsteigerung bei Prozessen, Unterhalt des laufenden Betriebs, Modernisierung der IT-Infrastruktur sowie Kostenreduzierung. Viele Unternehmen haben das bereits erkannt und die Sicherheitsrichtlinien angepasst.

Einhergehend mit BYOD und dem Vormarsch von privaten Smartphones am Arbeitsplatz wurde in diesem Jahr die “Post-PC-Ära” eingeläutet. Twittern von unterwegs, die ersten E-Mails des Tages bereits auf dem Weg zur Arbeit abrufen, chatten mit Freunden via Facebook in Bahn und Bus, von zu Hause oder am Arbeitsplatz – und das alles in Realtime… Smartphones nehmen in unserem Alltag einen immer höheren Stellenwert ein. Gartner prognostiziert, dass das Mobiltelefon 2013 den PC als wichtigstes Gerät für den Internetzugang ablösen wird. Zusammenfassend kommen die Marktanalysten von Gartner zu dem Schluss, dass Unternehmen in Zukunft verschiedenste Endgeräte unterstützen werden müssen und nicht mehr die Möglichkeit haben, PC und Tablet-Hardware als Standardform festzulegen.

Im Zuge zunehmender Social-Media-Aktivitäten hat sich 2012 auch das Thema Enterprise Social Networks schnell etabliert. Eine Studie, die kürzlich Forrester Research veröffentlicht hat, zeigt ein wachsendes Interesse an unternehmensinternen Social-Collaboration-Plattformen. Philips hat mit Socialcast bereits ein Tool zur internen sozialen Vernetzung mit großem Erfolg im Einsatz. Dennis Agusi, Global Internal Communications Officer bei Royal Philips Electronics, berichtete uns schon wenige Monate nach der Implementierung von einer feststellbar effizienteren Zusammenarbeit der Mitarbeiter, über verschiedene Unternehmensstandorte und Zeitzonen hinweg. Viele Unternehmen werden nachziehen – es zeichnet sich ab, dass Enterprise Social Networks auch 2013 ein Top-Thema sein werden.

Neben Enterprise Social Networks ist auch das Software-defined Datacenter ein Thema, das uns bereits 2012 begleitet hat, uns aber auch im nächsten Jahr nicht loslassen wird. Durch den softwaredefinierten Ansatz wird Virtualisierung auf den gesamten Rechenzentrumsbereich angewendet: Rechen-, Speicher-, Netzwerk- sowie die damit verbundenen Verfügbarkeits- und Security-Dienste. Neben einer größeren Flexibilität verspricht das Software-defined Datacenter auch, dass Service-Levels für geschäftskritische und ressourcenintensive Anwendungen eingehalten, der Betrieb vereinfacht und die Kosten reduziert werden. Es ermöglicht somit agilere, elastischere, effizientere und zuverlässigere IT-Services – eine spannende Entwicklung für alle Unternehmen, die ihre IT weiter vereinfachen und ihr Rechenzentrum für die Cloud-Ära optimieren möchten!

Man darf gespannt sein, was das Jahr 2013 und die Zukunft mit sich bringen! Was kommt nach der “Post PC-Ära”? Bedeuten Enterprise Social Networks wirklich den vielbesungenen “Tod” der E-Mail? Und wie entwickelt sich das Software-defined Datacenter weiter?

Das vergangene Jahr hat uns viele Überraschungen beschert. Und trotz einiger Auf und Abs blicke ich auf ein insgesamt sehr erfolgreiches Jahr 2012 zurück. Ich hoffe, Ihnen geht es genauso.

Alles Gute für 2013!