Cloud und Reuse sparen am meisten

Wie wird IT nachhaltig und was kann sie zur Nachhaltigkeit beitragen? Mit diesen Fragen beschäftigten sich Fachleute aus der ganzen Welt anlässlich der ersten ICT4S (Information and Communication Technologies for Sustainability) in Zürich.

Green IT hat zwei Aspekte: eine grünere IT durch Energie- und Materialeinsparungen und die erhofften Einsparungseffekte, die der Gebrauch von IT auslösen soll. Weil leider letztere sich in der Realität vorläufig noch nicht durchschlagend bemerkbar machen, konzentriert sich dieser Bericht auf einige der in Zürich vorgestellten Möglichkeiten, IT sparsamer und sauberer zu machen.

Das passiert, so Jens Malmodin und Pernilla Bergmark, Ericssons R&D, und Dag Lundén vom Geschäftsbereich Broadband bei TeliaSonera zwar schon durch Moores Law, denn IT-Komponenten steigen ihre Leistung, nicht aber ihren Energieverbrauch exponentiell. Doch der Mehrverbrauch von IT frisst diese Einsparungen auf: Für IT verbraucht ein einzelner Anwender heute zwar rund 70 Prozent weniger Energie als im Jahr als 1990, dennoch verdreifacht sich nach der Studie wegen der wachsenden Nutzerzahl der Gesamt-Kohlendioxidausstoß der IT zwischen 1990 und 2020.

 

 

Was man dagegen auf RZ-Ebene tun kann, zeigte beispielsweise ein Beitrag von Peter Gysel und Matthias Krebs, Fachhochschule Nordwestschweiz, Rolf Morf vom Datacenter Management der Swisscom und Cyrill Grüter von R+B Engineering in Zürich. In einem Züricher Swisscom-RZ simulierte man energiearme Kühlungsmethoden und erhöhte Eingangstemparaturen ins Serverrack. Mehr als die Hälfte der verbrauchten Gesamtenergie lässt sich nach diesen Simulationen durch optionale Freikühlung, also den bedarfsweisen Einsatz von Kompressoren, einsparen. Direkte Freikühlung (ohne Kompressoren) bringt demgegenüber nur geringfügig mehr. Die Erhöhung der Eingangstemperatur senkt den Kühlbedarf um zusätzliche einstellige Prozentzahlen. Wer virtualisiert, kann zusätzlich sparen, denn was nicht da ist, muss nicht gekühlt werden – in den Züricher Simulationen brachte das 10 Prozent absolute Energieeinsparung.

Cloud kann Millionen Tonnen Kohlendioxid sparen

Eine Untersuchung, die Daniel R. Williams vom Technologies for Sustainable Built Environments (TSBE) Centre, University of Reading, Peter Thomond vom britischen Beratungsunternehmen Clever Together und Ian Mackenzie von der Harvard Business School durchführten, befasste sich mit den Auswirkungen von Enterprise Cloud Computing auf den IT-Energieverbrauch. In den Ergebnissen zeichnen sich große Kohlendioxid-Einsparungen durch verbreitete Cloud-Nutzung ab.

 

Würde weltweit zu 80 Prozent Cloud Computing genutzt, ließen sich zwischen 4 und 5 Millionen Tonnen Kohlendioxid einsparen – bei geringerer Durchdringung entsprechend weniger (Bild: Universität Reading, Clever Togehter, Harvard Business School)
Würde weltweit zu 80 Prozent Cloud Computing genutzt, ließen sich zwischen 4 und 5 Millionen Tonnen Kohlendioxid einsparen. (Bild: Universität Reading, Clever Togehter, Harvard Business School)

 

Für Deutschland werden beispielsweise bei einer 80prozentigen Cloud-Durchdringung 66000 Server weniger prognostiziert. In Summe ergaben sich über elf Länder geschätzte 1,3 Millionen eingesparte Server, was einer CO2-Einsparung von 4,5 Millionen Tonnen entspricht. Eine schlechte Nachricht ist dies allenfalls für IT-Vendoren, die ja mit schöner Regelmäßigkeit den Mittelstand als potentielle Klientel “entdecken”, sobald die gewohnten Stammkunden bei den Großunternehmen das Portemonnaie wegstecken.

Aber nicht nur bei der Hardware lässt sich wunderbar Energie sparen. Auch in komplexen Softwarelandschaften gibt es dazu einfach realisierbare Möglichkeiten. Das belegt der Ansatz von Kay Grosskop und Joost Visser von der Software Improvement Group, Amsterdam.

Die Praxisbeispiele der Forscher belegten, dass durch eine andere Konfiguration des Anwendungs-Workflows innerhalb der IT 30 bis 80 Prozent Energie eingespart werden konnten, ohne Geschwindigkeit oder Sicherheit der Applikationen zu beeinträchtigen.

Dabei arbeiten sie mit einem Systemmodell der Software, bei dem keine Sensoren installiert werden müssen.

Laptop zum Zerlegen

Energie ist nicht das einzige wichtige Umweltthema im Zusammenhang mit der Informationstechnik. Es geht auch um die Kurzlebigkeit der Geräte, den dadurch verursachten Rohstoffverschleiß und die auf der anderen Seite entstehenden Elektroschrott-Berge. Einen anderen Ansatz verfolgt hier das EU-finanzierte Projekt D4R (Design for Reuse), an dem unter anderem das Fraunhofer-Institut für Zuverlässigkeit und Mikrointegration (IZM) und der irische Computerhersteller Micropro teilnahmen.

 

Grundidee ist die Vernetzung der Hersteller auf den verschiedenen Stufen der Produktionskette und die Rückspeisung noch funktionsfähiger Komponenten und Bauteile aus dem Gebrauch gezogener Laptops zur Aufarbeitung und Wiederverwendung durch mittelständische europäische Unternehmen. Das Ziel ist ein industrielles Ökosystem, in dem alle Stufen voneinander profitieren und zudem Material, Kohlendioxid und Energie gespart werden. Entstanden ist bisher ein mehrfach verwendbares Laptopchassis, in das sich die verschiedenen Komponenten so einbauen lassen, dass sie nach Gebrauch und Rückgabe problemlos entfernt und wieder aufgearbeitet werden können. Der Einsatzzeitraum der einzelnen Komponenten erhöht sich dadurch erheblich über die übliche dreijährige Nutzungsdauer von Laptops hinaus. Das bedeutet, so die in Zürich präsentierte Studie, CO2-Einsparungen von bis zu über 60 Prozent. Einziger Nachteil: Federleicht ist ein nachhaltiger Laptop nicht. Der Prototyp wiegt 3,5 Kilo.

Dieses Laptop-Chassis aus Holz wurde im Rahmen des Projekts D4R so gestaltet, dass sich sein Innenleben einfach austauschen lässt (Bild: FH IZM, Micropro, Universität für Naturressourcen, Universität Limerick)
Dieses Laptop-Chassis aus Holz wurde im Rahmen des Projekts D4R so gestaltet, dass sich sein Innenleben einfach austauschen lässt (Bild: FH IZM, Micropro, Universität für Naturressourcen, Universität Limerick)