Vorbereitung auf den Tod von Windows XP

Nach 12 Jahren und fünf Monaten will Microsoft endgültig einen Schlussstrich unter Windows XP ziehen. Das bedeutet, dass es ab dem 8. April 2014 keine Sicherheitsupdates mehr für Windows XP geben wird. Nachdem das nach wie vor eines der weltweit am stärksten verbreitete Betriebssystem ist, sollten Unternehmen sich auf den unvermeidlichen Abschied vorbereiten.

Nach 12 Jahren gehen bei Windows XP die Lichter aus. Quelle: ZDNet.com
Nach 12 Jahren gehen bei Windows XP die Lichter aus. Quelle: ZDNet.com

 

Das Marktforschungsunternehmen Gartner rät, bereits jetzt mit den Vorbereitungen zu starten, bevor in rund einem Jahr der letzte Vorhang für XP und auch für Office 2003 fällt. Auch dann werden diese Systeme weiterlaufen, doch von Microsoft wird es dann keine Sicherheitsupdates mehr dafür geben.

Und spätestens dann gehen, so die Marktforscher von Gartner, ein erhebliches Sicherheitsrisiko ein. Netapplications.com meldet, einen Marktanteil von knapp 39 Prozent, Windows 7 hingegen kommt auf rund 45 Prozent. Mit der aktuellen Version, Windows 8 hingegen belegt Microsoft lediglich 3,17 Prozent aller Desktops, übrigens mit fatalen Folgen für den PC-Markt wenn man IDC glauben darf.

 

 

Gartner hat sich die Verteilung der Windows-Versionen im Businessumfeld angesehen. Noch immer setzen 15 Prozent aller kleinen und mittelständischen Unternehmen auf mehr als 10 Prozent der vorhandenen Rechner Windows XP ein.

Was bedeutet der Support-Stop aber für die Nutzer? Im Falle einer neu entdeckten Sicherheitslücke wird Microsoft keinen Patch für das Leck bieten. Das ist im Einzelfall vielleicht nicht so schlimm, doch gerade in einem Unternehmen eröffnet man auf diese Weise möglicherweise für Hacker ein Einfallstor für Cyber-Attaken, Datendiebstahl und Netzwerk-Einbrüche.

Tatsächlich aber ist für eine große Zahl der Anwender ein Windows-XP-Rechner nach wie vor völlig ausreichend. Denn gerade Technologie-affine Unternehmen setzen heute vermehrt auf Clouddienste und die laufen in der Regel mit Windows XP genauso gut wie mit einem aktuellen Rechner.

Doch der Sicherheitsaspekt schafft natürlich neue Tatsachen. “Neue Verwundbarkeiten werden immer gefunden, und Verwundbarkeiten, die in aktuelleren Produkten gefunden werden, können natürlich auch Windows XP und Office 2003 betreffen. Und ein ungepatchtes Gerät kann natürlich auch für Attacken verwundbar sein”, erklärt Gartner Analysts Michael Silver und Steve Kleynhans.

Es mag vielleicht paranoid klingen, aber auch eine XP-Maschine in einem privaten Netzwerk ohne eigenen Internet-Zugriff kann über ein anderes und aktuelles Gerät infiziert werden, das ebenfalls in diesem Netzwerk ist. Ähliches war der Fall bei Facebook und Apple. So gab es in den Unternehmensnetzwerk Nutzer mit nicht aktualisierten Java-Versionen. Rechner mit aktuellen Versionen wurden ‘infiziert’, ohne aber tätsächlich Fehlfunktionen zu zeigen. Als aber die Mitarbeiter mit den veralteten Java-Versionen wieder mit dem privaten Netz verbunden hatten, hatte sich die Malware auf die veralteten Versionen eingenistet. Die DNS-Logs zeigten daraufhin Auffälligkeiten.

Ein weiterer Aspekt, den Gartner nennt, sind Anwendungen von Dritten. So unterstützen viele ISVs Windows XP in den aktuellen Versionen nicht mehr. Kommt es hier zu Problemen, sind Anwenderunternehmen auf sich gestellt, was zu ungeplanten Ausfällen führen kann.

Garnter-Analyst Michael Silver erklärte gegenüber ZDNet.com, dass “es für viele Organsiationen vielleicht sogar schon zu spat ist, die Migration rechtzeitig abzuschließen.” Dennoch sei es geboten, sich der Aufgabe zu stellen. “Auch wenn es nur bedeutet, dass man die Risiken einschätzt und sich die Frage beantwortet, wo potentiell Probleme auftauchen könnten.”

Und dieses Problem sei im Prinzip in allen Branchen vorhanden, nachdem gerade in der IT an allen Ecken und Enden gespart wird. Ganz besonders jedoch sei der Bereich Gesundheit betroffen, weil hier die Anbieter von Anwendungen besonders lange brauchen, um die Versionen auf neue Betriebssystem-Version zu trimmen. Vor allem in Europa sehe Gartner hier Probleme.

Problematisch könne auch der öffentliche Sektor sein. Denn hier sind es nicht nur technische Probleme: “Zum jetzigen Zeitpunkt wird häufig der Mangel an Geldern zum Problem, das die Migration verhindere.” Denn schließlich müssten Regierungen oder Organisationen solche Gelder zunächst bewilligen.

Auch der Garnter-Analyst Steve Kleynhan sieht es daher als “dringlich geboten an, von Windows XP wegzukommen und das muss auch so zweckdienlich und risikofrei wie möglcih von Statten gehen.”

 

 

“Auf eine neue Cloud-basierte Lösung zu wechseln, könnte elegant sein und sich sogar langfristig als die richtige Entscheidung herausstellen.” Doch Kleynhans nennt eine weitere Möglichkeit: “Derzeit aber dürfte der Wechsel auf Windows 7 am einfachsten und am zweckmäßigsten sein.” Alle anderen Varianten würden “wahrscheinlich” das Migrationsprojekt “signifikant” verzögern.

Zu Experimenten mit der Cloud erklärt Gartner-Analyst Silver, dass zwar viele Provider brauchbare Angeobte lieferten, doch viele Unternehmen einfach sehr spezielle Anwendungen im Einsatz haben und daher sei entscheidend, dass diese Anwendungen, die häufig das Rückgrat eines Geschäftsmodells bilden, auch laufen.

“Unternehmen sind nach wie vor viel zu sehr darauf fokussiert, das Betriebssystem und die Hardware, den gesamten Stack zu supporten. Aber mit Trends wie Consumerization und BYOD wären Organisationen besser dran, ihre Zeit darauf zu verwenden, Anwendungen und Daten zu provisionieren, zu sichern und zu unterstützen”, erklärt Kleynhans. Damit spielt Kleynhans indirekt ebenfalls auf Cloud-Dienste an. Interessanterweise sprechen sich für Unternehmen beide Analysten nicht für die aktuelle Version von Windows, Windows 8 aus. Auch wenn Microsoft natürlich lieber eine Migration auf Windows 8 sehen würde und noch bis 30. Juni für Anwender, die von XP wechseln, einen Rabatt von 15 Prozent auf Windows XP und Office 2003 einräumt. Garnter und Microsoft sind sich jedoch darüber einig, dass es ein Jahr vor dem endgültigen Support-Aus an der Zeit ist, über eine Migration nachzudenken.

Tatsache aber ist, so berichten die Gartneranalysten aus den Gesprächen mit Anwendern, dass Organisationen, die den Start der Migration für Windows XP und Office 2003 noch vor sich haben, häufig vor Problemen stehen. Auch Web-Services, die den Internet Explorer 6 voraussetzen bereiten ernsthafte Sicherheitsrisiken, auch hier, so warnen die Gartner-Analysten, könnte die Zeit für eine Migration sehr knapp werden. Und darauf zu hoffen, dass Microsoft den Support für XP noch verlängert, sollte man ebenfalls niemandem ans Herz legen. Denn Microsoft hat einfach zu viele gute Gründe, sich von XP zu verabschieden. Möglicherweise gewinnt man auf diese Weise aber noch ein Quartal oder ein halbes Jahr.

//

Tipp: Wie gut kennen Sie Windows? Überprüfen Sie Ihr Wissen – mit 15 Fragen auf silicon.de.