Der vermeintliche Privacy-Skandal um Yahoos Nutzungsbedingungen

Die vermeintlich geänderten Nutzungsbedingungen von Yahoo haben in jüngster Zeit für einen Sturm der Entrüstung gesorgt. Tatsächlich aber gelten die aktuellen Nutzungsbedingungen bereits seit 2011: Um personalisierte Werbung zu zeigen und Spam zu vermeiden, werden E-Mail-Inhalte automatisch gescannt. Eine Praxis die auch bei Microsoft und Google üblich ist.

In zahlreichen Medien wurden Yahoos angeblich neue Nutzungsbedingungen zuletzt heiß diskutiert. “Jede E-Mail wird jetzt mitgelesen”, lautete der Tenor vieler Meldungen. Zurückhaltend blieb noch die Formulierung von einem Yahoo, das “schöner – und neugieriger” wird. Andere kritisieren einen “Big-Brother-Ansatz zugunsten personalisierter Werbung”. Business Week warnte die Nutzer von Yahoo Mail vor “unheimlicher Werbung im Gmail-Stil”.

Es schien sich ein neuer Privacy-Skandal anzubahnen, aber tatsächlich gelten die gleichen Nutzungsbedingungen seit 2011. Yahoo wies schon damals auf die Praxis hin, “alle eingehenden und ausgehenden Kommunikationsinhalte zu scannen, die von Ihrem Konto versandt und von ihm empfangen werden”. Das so ermittelte Profil solle genutzt werden, um “passende und gezielte Werbung zu zeigen”.

Diese Formulierungen sind wortgleich auch in den derzeit gültigen Nutzungsbedingungen enthalten. “Das ist keine neue Herangehensweise”, erklärte dazu Yahoo-Sprecherin DJ Anderson. “Wir glauben, dass personalisierte Erfahrungen dem Nutzer dienlich sind. Wenn Nutzer keine kontextbezogene oder interessenbezogene Werbung wünschen, können sie das in unserem Ad Interest Manager abwählen.”

Die jetzige Aufregung ist offenbar dadurch entstanden, weil die Internetfirma das alte Webmail-Interface zugunsten des neuen abschaltete und die Nutzer zugleich aufforderte aufforderte, vor dem Umstieg den aktuellen Nutzungsbedingungen zuzustimmen. “Diese schließen die Akzeptanz des automatischen Scannens und der Analyse Ihrer Kommunikationsinhalte ein, das Yahoo für Produktfeatures, relevante Werbung sowie dem Schutz vor Spam und Malware nutzt”, stellte das Unternehmen dabei deutlich heraus.

Längst vergessen war inzwischen, dass eben diese Bedingungen schon im Sommer 2011 für ähnliche Meldungen gesorgt hatten. “Yahoo in der Kritik wegen E-Mail-‘Schnüffeln’ für Werbung”, berichtete damals die BBC. Ein Interessenverband namens Big Brother Watch forderte das Unternehmen auf, die Änderung rückgängig zu machen. “Yahoo ist kein E-Mail-Provider, sondern ein Vermarkter mit irreführenden Praktiken”, empörte sich ein Kommentator bei Slashdot.

Einen möglichen Zusammenhang mit Google konstruierte Die Welt, um jetzt die vermeintlich eben erst geänderten Nutzungsbedingungen zu erklären. “Google könnte beim Umschwenken Yahoos eine Rolle gespielt haben, da Yahoo künftig Werbung von Google auf seinen Webseiten anzeigen will”, mutmaßte die Zeitung.

Googles vielgenutzter Gmail-Dienst scannt bereits seit 2004 E-Mails, wie Microsoft in diesem Jahr mit einer Datenschutz-Kampagne gegen Gmail in Erinnerung brachte. Microsoft warf dem Konkurrenten vor, “die persönlichen Inhalte von E-Mails zu durchforsten und damit sein Gewinnstreben vor die Interessen der Nutzer zu stellen.” Es erwähnte dabei allerdings nicht, dass auch Microsofts eigener Dienst Outlook.com automatische Scans von E-Mails durchführt, um gegen Spam und andere unerwünschte Aktivitäten vorzugehen. Es nutzt außerdem den jeweiligen Betreff, vom Nutzer preisgegebene persönliche Informationen sowie seine Websuche, um ähnlich wie Google maßgeschneiderte Inserate einzublenden.

[mit Material von Declan McCullagh, News.com]

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