Joachim Haydecker

ist Senior Analyst bei Crisp Research, Blogger und selbständiger IT-Consultant mit Schwerpunkt Social Business.

DNUG: Social Networks und E-Mail finden wieder näher zusammen

E-Mail ist stark wie nie, das ist die Botschaft, die silicon.de-Blogger Joachim Haydecker von der 38. DNUG-Konferenz “Social Collaboration 2013”, die am 6. und 7. Juni in Berlin statt fand, mitgebracht hat. Trotz Tagging und Streaming und anderen sozialen Wunderwaffen, spielen Mail oder Groupware nach wie vor eine große Rolle.

Mein persönliches Fazit der Konferenz ist von einer positiven Stimmung geprägt. Warum positiv? Hat IBM das Rad neu erfunden? Nein, das nicht. Trotzdem, es waren wieder mehr Teilnehmer und auch Aussteller anwesend. Von den Ausstellern, mit denen ich gesprochen, habe ich die Rückmeldung erhalten, dass sie sehr  gute Gespräche hatten. Zwischen den Vorträgen, Workshops und den moderierten Runden gab es viel Austausch zwischen den Teilnehmern. Der Konferenzort war hervorragend. Außerdem unterstützte das Wetter aktiv den Small-Talk im Freien.

Da war noch die IBM. Hat “sie” etwas gänzlich Neues zur Konferenz mitgebracht? Kurz überlegen…. Nein. Eigentlich ist eher das Gegenteil der Fall. Man könnte auch von einer eleganten Rolle rückwärts sprechen. Jahrelang verkaufte Big Blue Notes/Domino vor allem als E-Mail Server und positionierte sich direkt gegen Microsoft. Dabei wurde oftmals nur in einem Nebensatz erwähnt, dass man mit dem System auch sehr gute Anwendungen (früher Groupware genannt) entwickeln kann. Anwendungen, die heute und auch in Zukunft in Unternehmen weiterhin gebraucht werden. Dann der Schwung in die andere Richtung: Wir werden alle “social”, verzichten auf die E-Mail und “sharen” und “taggen” alles was uns in den Stream kommt.

Dann kam Scout Souder und präsentierte in seiner Keynote “IBM Notes/Domino 9 – Social Edition”. Die Oberfläche ist neu gestaltet, viele Standards sind nun besser integriert, die ein oder andere neue Funktion und die Anbindung an Social Networks (vor allem natürlich an die eigene Plattform Connections) ist nun noch besser und einfacher zu realisieren – daher auch der Namenszusatz “Social Edition”.

Die Hauptaussage im Vortrag war jedoch: “E-Mail ist stärker denn je! Seht euch die vielen neuen Dinge im Notes-Client an, die dazugehörige erweiterte Browserversion iNotes und die neue(!), nahtlose Integration in Microsofts Outlook 2013 ebenso.”

Moment mal? Wurde der Social Business Community nicht in den letzten Jahren immer wieder erzählt, dass die E-Mail Tod ist. Nun ist die E-Mail also wieder da. Für die meisten im Auditorium ist das nicht neues. Alle arbeiten in ihrem Arbeitsalltag weiterhin mit E-Mail. Gerade im Kontakt mit Kunden und Partnern bleibt die E-Mail das universelle Kommunikation- und Informationstransportmittel. Einfach die Adresse eingeben, Betreff und Inhalt samt Attachment dazu und los geht es. Keine kryptische Server-Adresse vor oder hinter einer Firewall, kein neuer Benutzername, kein weiteres Kennwort und verfügbar auf alle mobilen Geräten, Rechnern und Betriebssystemen dieser Welt.

Was heißt das nun? Das Pendel schwingt wieder zurück – nicht mehr und nicht weniger. Die Mail wird es auch in Zukunft geben. Gleichzeitig wird die Nutzung von Social Network Plattformen in Unternehmen weiter zunehmen. Beide Welten haben ihre Vorteile und ihre Stärken. Außerdem werden sich Unternehmen weiterhin damit beschäftigen müssen, wie sie viele ihre zukünftigen Aufgaben und Herausforderungen besser erledigen. Dies mag mit der E-Mail erfolgen können, durch den Einsatz eines Social Networks oder aber(!) durch die Entwicklung neuer, spezialisierter Plattformen, die basierend auf den beiden Technologien (und einigen weiteren) neue Anwendungen ermöglichen: “Social CRM”, “Social Projekt”, “Social Produktion”, “Social Personal” usw. Einiges davon gibt es bereits, aber vieles muss noch entwickelt werden und vor allem im Unternehmen in die Arbeitsprozesse eingeführt werden.

Für diese kommenden Herausforderungen hat sich die IBM nun mit seinem aktuellen Produktportfolio rund um Notes/Domino und Connections gewappnet (auch wenn vom IBM Marketing hierzu nur wenig darüber zu hören ist): Keine abgeschotteten Systeme sondern Mail-Services, Awarness- und Chat-Services, Social Network-Services, Datenbank-Services, Datei-Services usw. mit offenen und standardisierten Schnittstellen., dazu Toolkits, die die Entwickler unterstützen. Nun liegt es an den Unternehmen und den Entwicklern diese Services zu nutzen, um für ihre Anwender und Kunden neue Anwendungen zu realisieren. Anwendungen, die die Stärken von E-Mail und Social Networks gepaart mit moderner Webentwicklung und mobiler Verfügbarkeit vereinbaren.

Die Grundlagen hierfür sind gelegt. IBM rudert nicht zurück, sondern hat das Ruder wieder soweit korrigiert, dass Unternehmen und Business Partner wieder vermehrt im Boot mitfahren können. Außerdem sind viele der anwesenden Teilnehmer in der Diskussion über die notwendigen Veränderungen im Unternehmen heute viele weiter. Man muss nicht mehr die Grundlagen und Vorteile von Social Networks zum x-sten Male wiederholen. Es gibt vielfältige Erfahrungen, auf deren Basis intensiv über neue Lösungen diskutiert werden kann.

Aus diesen genannten Gründen, aber auch noch einigen mehr, ist mein persönliches Fazit von der Konferenz sehr positiv.



  1. Ganz so neu ist die Erkenntnis gar nicht, ein Kollege kam aus einem Bildungsurlaub in den USA zurück. Er nahm dort an einer einwöchigen Veranstaltung zum Thema Web-Marketing teil. Erste Erkenntnis, Social Media == Bullshit, wie die Amis halt sind. Zweite Erkenntnis, “Es lebe die E-Mail”.
    Und wie bringen wir das jetzt einem Gesetzgeber bei, der in seinem ahnungslosen Übereifer E-Mail getötet hat. Unbenutzbar gemacht durch übertriebene Vorschriften. Kannst es ja mal Deinem Nachbarn schreiben, wenn Du sicher bist, dass er Dich nicht hinhängt, wegen fehlendem Double-Opt-In …
    Herzliche Grüße, der PMa